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Für die einen ist es Sinnbild einer sich tapfer verteidigenden Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Für die anderen steht das Réduit für die Bunker-Mentalität der Schweiz. Nächsten Sommer wagt sich «Schweiz aktuell» an die wohl heikelste Zeitreise: Es schickt Menschen in ein feuchtes, enges Loch. Unter kargen Bedingungen spielen sie in den Alpen «Kriegerlis». Die Bedrohung durch die Nazis soll nachgespielt werden. Uniformen, die Suppe aus der Gamelle, die Munition, die Radiosendungen – alles soll echt sein.
«Ja, wir suchen Leute, die unter möglichst echten Bedingungen einige Wochen in einem Bunker leben», bestätigt SF-Pressesprecher David Affentranger gegenüber BLICK.
Historische Doku-Soaps bescherten «Schweiz aktuell» in den vergangenen Jahren Traumquoten: Über 63 Prozent Marktanteil holte vor vier Jahren die erste Staffel der Sommerreihe «Leben wie zu Gotthelfs Zeiten». Auch der Blick in ein Internat der Fünfzigerjahre (2005) und das «Living Science»-Projekt über die Pfahlbauer von Pfyn (2007) waren TV-Knüller.
Doch der geplante Rückzug von SF ins Réduit ist brisanter. Denn die Verteidigungsanlagen aus dem Zweiten Weltkrieg stehen für den selbst unter Historikern heftig diskutierten und umstrittenen Widerstandswillen der Schweiz. SP-Nationalrat Hans Widmer, Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission SIK, findet: «Dieses TV-Projekt hat nichts mehr mit der idyllischen Familienromantik der Gotthelfs zu tun. Es ist heikler.» Widmer befürchtet, dass ein alter Mythos, wie ihn die alten «Stahlhelme» verbreiten, wieder Feuer fangen könnte. «Man weckt schnell die Illusion, die Schweiz hätte im Gotthard überleben können. Dabei hätte nur die Elite und vielleicht noch die Bergbevölkerung profitiert.»
Auch Hans Fehr, Geschäftsführer der «Aktion für eine unabhängige Schweiz» (Auns), ist skeptisch: «Ich habe weniger Angst, dass es zu historischen Verfälschungen kommt. Aber es fehlt der ernsthafte Rahmen, die echte Bedrohung von damals.» Der SVP-Nationalrat befürchtet, dass so ein falsches Bild vermittelt wird: «Diese Sendung wird schnell mal zum Pfadilager-Sozialexperiment.»
«Wir suchen jetzt noch einen passenden Bunker in der Alpenregion», sagt SF-Pressesprecher Affentranger. «Ob es einer ist, der noch von der Armee genutzt wird, oder einer, der heute als Museum dient, ist noch unklar.»
Als Nächstes suchen die TV-Macher den Kontakt zu Samuel Schmids VBS. Dort weiss man nämlich noch nichts vom Réduit-Plan des Fernsehens.