Ich habe beim Kommandanten ein merkwürdiges Gefühl. Gegenüber seinen Offizieren hat er schon wiederholt harte Worte fallen lassen, wobei ich nicht nachvollziehen kann wieso er gegen Fluri vor der Kamera so vom Leder ziehen musste. Fluri ist ein harter Hund und als solcher mag ihn naturgemäss keiner. Aber er hat die Rolle eines subalternen Offiziers mit allen Kanten ausfüllen können und hätte jene Disziplin einbringen können die dem Experiment den authentischen Touch gegeben hätte. Aber aus unbekannten Gründen tritt Fluri kaum noch auf, scheint regelrecht vom Bildschirm verbannt zu sein.
Hingegen hat es den Anschein, als sei der Kommandant sehr um das Wohlwollen der Truppe bemüht wie ein gewählter Colonel eines amerikanischen Freiwilligenregiments 1861. Das beginnt schon beim Bierausschank am ersten Tag. Fasst er seine Offiziere hart an, ist diese harte Hand bei der Truppe weniger spürbar. Es fordert niemand, dass er seine Leute schleift bis die am Rande eines Nervenzusammenbruchs stehen. Und ich bin überzeugt, dass die Truppe nach bestem Gewissen tut was man ihr aufträgt. Aber wenn die Truppe am falschen Ort geschont wird, dann leidet darunter das Gesamtbild.
Man sieht und spürt die niederen Offiziere viel zu wenig, und dafür unrealistischerweise ständig den Kommandanten, der sich um Dinge kümmert die ins Fachgebiet seiner Untergebenen gehören würden.
Der Hauptmann ist in den letzten Folgen quasi omnipräsent und vermittelt auch den Eindruck dass er überall das Sagen hat. Wenn dem so sein sollte, dann hätte er auf dem anstrengenden Marsch einfach häufigere Pausen einlegen lassen können, anstatt zuzulassen oder gar anzuordnen dass die Leute ihre Feldblusen ausziehen und über den Tornister hängen. Und dann die "Wache" gestern. Klar waren die zwei Mann auf Wache bemitleidenswert, wenn alle anderen Baden gehen. Aber ihnen zu erlauben im lockeren Tenü in einem Bretterschlag zu sitzen hat nichts mit Wache zu tun.
Der Kommentar sagte aus, dass die beiden auf Wache seien, und wenn man auf Wache war wurde der Stahlhelm getragen und die Waffe war angehängt, unter dem Arm oder bei einer Schildwache auch mal geschultert. Wenn zwei Mann flaxend mit der Policemütze anstatt Helm auf dem Kopf in einem Bretterschlag sitzen, die Karabiner neben sich an die Wand gelehnt, sieht das eher nach Ruhepause aber nicht nach Wache aus. Die Wache ist für die Sicherheit zuständig. Nachlässigkeit auf Wache wurde im Aktivdienst streng bestraft. Der Kommandant hätte die beiden lieber auch Baden schicken sollen, und so diese Szene vermieden die ohne Zweifel jeden Aktivdienstveteranen ärgerte.
Generell wäre es besser gewesen, viele Dinge lieber weg zu lassen als sie halbherzig durchzuziehen. Wie gesagt, drängt sich mir der Eindruck auf, dass der Kommandant, der offenkundig bemüht ist überall zugegen zu sein, seine Rolle und die Finessen des Aktivdienstes nicht wirklich verinnerlicht hat. Stattdessen scheint er darum bemüht dass ihm die Truppe gewogen bleibt und erspart ihr alles was als zu belastend erscheint, und verwässert das gesamte Experiment.
Vielleicht ist es für ein Fazit schon zu früh, aber ich fand das Projekt durchaus interessant. Auch wenn es viele Mängel hatte, konnte den Leuten vor dem Fernseher vieles vermittelt werden was nicht in Geschichtsbüchern steht. Man hat in Farbe und mit lebendigen Menschen etwas gesehen, das man bisher nur als Erzählungen der Grosselterngeneration kannte. Auch wenn der Eindruck unvollständig und zuweilen irreführend war, war es für die breite Bevölkerung eine gute Inspiration um über diese Zeit nachzudenken.
Mir drängte sich der Eindruck auf, als habe man nicht alle Dinge bedacht und sei in einigen Punkten schlicht von der Realität des Geschehens überrascht worden. In Folge dessen ist man vermutlich die Geister die man gerufen hat nicht mehr los geworden. Die ganze Sache hätte besser nur 10 Tage gedauert, und wäre dafür konsequent geführt worden. Aber schon nur die Tatsache, dass eine öffentliche Diskussion zum Thema aufgekommen ist, hat dazu beigetragen zusätzliche Aspekte ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, die bislang kaum gewürdigt wurden. Man muss bei der Festungsbesatzung würdigen, dass die Männer sich für mehrere Wochen darauf eingelassen haben.
Man darf der Truppe nicht Nachlässigkeiten in Details anlasten, die in die Verantwortung des Kader fallen. Und wenn ich schon vom Kader spreche, so ist dieses auf dem Bauernhof mit der Bäuerin kompetenter und führungsstärker aufgetreten als in der Festung. Die Bäuerin hatte nicht den Drang, ständig prominent aufzutreten wie der Kommandant, ist aber dennoch überall zu spüren. Diese Frau hat natürliche Autorität und spielt keine Rolle sondern lebt sie. Mir hat je länger je mehr der Bauernhof gefallen, wo ich den Eindruck hatte dass man insgesamt besser mit der Situation zurecht kam als in der Festung.