...535 jahren:
Die Schlacht bei Murten 22. Juni 1476
Politische Lage Im 15. Jahrhundert verwickelten sich die Eidgenossen erstmals in grösserem Stil in die europäische Politik. Sie wurden umworbene Bündnispartner und Söldner und mischten sich – vor allem der Rat von Bern – aus territorialen Interessen ein. Als schmales, doch nicht geschlossenes Band lag das Herrschaftsgebiet von Karl dem Kühnen von Burgund zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich. Karls Ziel war es, Burgund zu einem zusammenhängenden Gebiet von der Nordsee bis zu den Alpen auszubauen. Er übte deshalb Druck auf Lothringen und Savoyen aus. Ludwig XI. von Frankreich und Kaiser Friedrich III. fühlten sich bedroht. Der Streit zwischen dem gefürchteten und militärisch bestens gerüsteten Fürsten Europas und den Eidgenossen waren ihnen deshalb recht. Auf eidgenössischer Seite war Bern, das sein Territorium gegen die savoyische Waadt und den Jurafuss auszuweiten versuchte, treibende Kraft.
In Murten schlugen die Schweizer und ihre Verbündeten aus dem Oberrhein und Lothringen am 22. Juni 1476 Karl von Burgund ein zweites Mal. Zuvor hatten sie ihn in Grandson (am 2. März) vertrieben und grosse Beute gemacht. Dort war das burgundische Heer von 20’000 Mann während eines Umgruppierungsmanövers in Panik geraten und hatte die Flucht ergriffen. Im Winter darauf besiegte ein lothringisch- österreichisch - eidgenössisches Heer den Burgunder ein weiteres Mal bei Nancy (5. Januar 1477). Hierbei ist Karl gefallen.
Die Belagerung Murtens Karl der Kühne sammelte nach Grandson seine zerstreuten Truppen in Lausanne, warb sofort neue an und zog Ende Mai mit seinem Heer über das Broyetal Richtung Bern. In Murten traf er am 9, Juni auf eine bern-freiburgische Besatzung unter Adrian von Bubenberg. Karl schloss die Stadt auf dem Lande vollständig ein, konnte jedoch den Nachschub und den Informationsaustausch auf dem Seeweg nicht ganz unterbrechen. Die Beschiessung und Bestürmung Murtens wurde von Karl mit aller Kraft vorangetrieben, doch gelang es ihm nicht, die Stadt zu erobern. In der Zwischenzeit hatten die Berner die übrigen Eidgenossen alarmiert, welche sich in Ulmiz, jenseits des Galmwaldes versammelten, in dessen Schutz sie Richtung Murten vormarschierten.
Schlachtverlauf in Murten Die Bewaffnung und Kampfstrategie der beiden Heere unterschieden sich stark und boten den Eidgenossen für einen Sieg kaum Chancen. Karls Heer bestand aus 22’000 Mann, davon 5’700 Bogenschützen, 5’100 Infanteristen und 2’100 schweren Reitern. Die Söldner kamen vor allem aus Italien und Savoyen, 900 Bogenschützen aus England. An Artillerie wurde in Murten, da Karl in Grandson die neuesten Feldgeschütze mit gegossenen Messingrohren an die Eidgenossen verloren hatte, ältere Modelle eingesetzt. Die Eidgenossen und ihre Verbündeten sollen an 24’000 Mann gewesen sein. Sie waren mehrheitlich mit Langspiessen, Halbarten und Streitäxten, in kleinen Gruppen auch mit Bogen oder Armbrust bewaffnet. Dabei waren auch 1’800 Reiter, vor allem Österreicher und Lothringer. Karl plante die Schlacht oben auf den Feldern nördlich und westlich von Salvenach. Er wollte die Eidgenossen, die aus dem Galmizwald vorstiessen, am Grünhag auflaufen lassen und nachher von links mit Artillerie und rechts mit Reiterei vernichten. Die Eidgenossen bildeten drei Blöcke für einen Frontalangriff in mehreren Wellen. Die Vorhut bestand aus Schützen (Bogen und Büchsen) und Langspiessträgern, der Hauptharst aus von Langspiessträgern umgebenen Halbartieren und die Nachhut aus Halbartieren. Das erlaubte einen Frontalangriff in mehreren Wellen. Da die Eidgenossen unerwartet, nach einem regenreichen Vormittag angriffen, standen von Karls Truppen nur etwa 2’000 Mann in Stellung. Der Frontalangriff auf den Grünhag und die Artillerie scheiterte zunächst, doch gelang es einem Trupp Schwyzer, den Burggraben zu durchqueren und die burgundische Artillerie und die Bogenschützen seitlich zu überrennen. Schliesslich gelang es auch der Vorhut, den Grünhag zu durchbrechen und in die verschiedenen Lager einzubrechen. Erst jetzt wurde das burgundische Heer alarmiert. Wer sich nicht, wie Karl der Kühne, durch Flucht zu retten vermochte, wurde im Zweikampf, im Lager oder auf der Flucht getötet. Vom burgundischen Heer fielen 10’000 bis 12’000 Mann (von ca. 22’500), die Eidgenossen verloren rund 400, bei einem Heer von vermutlich 24’000, die meisten oben beim Frontalangriff am Grünhag.
Bedeutung Mit Murten entschied sich die Wahrung der Unabhängigkeit der Eidgenossen. Sie wurden für kurze Zeit eine Grossmacht und begehrte Söldner. Die Terraingewinne dagegen waren bescheiden: Bern gewann Erlach und Aigle sowie, gemeinsam mit Freiburg, Murten, Grandson, Orbe und Echallens. Freiburg und Solothurn wurden in den Bund aufgenommen. Gleichzeitig wurden für die Geschichte Europas entscheidende Weichen gestellt.