Erste Septembertage 1939 - Infanterie Regiment 9 in Polen

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Erste Septembertage 1939 - Infanterie Regiment 9 in Polen

Beitragvon troupier suisse am Mi 09 Sep, 2009 13:26

Die ersten Kämpfe in Polen bei der 1. Kompanie des Infanterie Regiments 9

Zum Hintergrund des Regiments

Das Infanterie Regiment 9 war ein Kind der Nachkriegszeit. Es entstand im Herbst 1920 als letztes Relikt preussischer Gardetradition. Die Pflege der militärischen Vergangenheit wurde im Regiment stark betont. Im August 1921 wurden in der neu entstandenen Reichswehr Traditionen untergegangener Einheiten verteilt. Einheiten des neuen Heeres adoptierten dabei gewisse ehemalige Truppenteile.

Die 1.Kompanie des I.Bataillons des Infanterie Regiments 9 übernahm die Tradition des im 17.Jh gegründeten 1. preussischen Garderegiments zu Fuss. Die Heimat des Regiments war die Garnison Potsdam wo das I. und das II. Bataillon stationiert waren, während das III. Bataillon in Spandau lag. 1934 wurde während der geheimen Aufrüstung aus dem I.R.9 das Infanterie Regiment Potsdam.

Das III. Bataillon mutierte zum Infanterie Regiment Spandau. Im Oktober 1935 erhielt das Regiment Potsdam seine alte Bezeichnung zurück, während aus dem Regiment Spandau das I.R.67 wurde. Gemeinsam mit dem I.R.68 in Brandenburg bildeten sie den Kern der 23.Infanterie Division, die 1939 in den Krieg zog. Aus der Reichswehr wurde 1935 die Wehrmacht.


Der Angriff auf Polen

In den letzten Augusttagen wurde an der Grenze zu Polen wurde das preussische Infanterie Regiment 9 mit der 23. Infanterie Division als Reserve der Vierten Armee bereitgestellt. Es sollte seine Speerspitze im Überfall auf Polen werden, mit dem Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg entfesselte um die Welt in namenloses Unglück zu stürzen.

Am 1. September marschiert das Infanterie Regiment 9 um 10.00 Uhr los um gegen Polen in den Krieg zu ziehen. Der Weg führt die Potsdamer Truppe über Battrow und Hüttenbusch zum Grenzübertritt nach Lutowko. Die 23. Infanterie Division wird am 2. September dem 19. Armeekorps unterstellt und erhält vorerst den Auftrag der 3. Panzer Division beim Vormarsch zu folgen. Im Bedarfsfall soll die Division die Panzertruppen vor ihnen im Gefecht unterstützen.

Das 1. Bataillon mit der 1. Kompanie zieht unter dem Kommando von Major Jonas Graf zu Eulenburg in den Kampf, der schneller als erwartet kommt. Die 3. Panzer Division stösst rasch über Pruszcz vor und die ihr nachmarschierende 23. Division folgt so rasch es ihr möglich ist. Östlich von Pruszcz gerät die Panzerdivision in schwere Kämpfe mit polnischen Einheiten. Die polnische 9. Division und der westliche Flügel des 27. Division stellen sich dem vorrückenden Gegner.

Die polnische 9. Division trägt den Hauptteil des Kampfes gegen die deutsche 23. Division. Die weiter vorgestossene deutsche 3. Panzer Division wird indes von Teilen der 27. polnischen Division, namentlich vom 50. Infanterie Regiment (50 Pulk Piechoty Strzelców Kresowych) angegriffen. Die polnischen Einheiten finden sich in der Schlacht an der Tucheler Heide in einem Chaos wieder. Sie stehen oft isoliert und müssen auf eigene Faust dem Kampf aufzunehmen.

Die 23. Infanterie Division wird jetzt nach vorn geworfen um die weiter östlich kämpfende 3. Panzer Division zu unterstützen. Die Aufgabe ist schwierig, denn die wenigen Strassen sind mit Kolonnen der Division nahezu verstopft. Östlich von Pruszcz erstreckt sich ein grösseres Waldgebiet in dem sich noch immer polnische Truppen befinden, an denen die Panzer vorbeigestossen sind. Jenseits des Waldes steht die 3. Panzer Division. Die 23. Division soll sich zu ihr durchkämpfen und den Weg freimachen.



Bild
Zerstörung und Leid säumen den Weg des deutschen Vormarsches

Die 9. Polnische Division stellt sich der Wehrmacht

Dem Infanterie Regiment 9 fällt jetzt die Aufgabe zu, den Wald nördlich der Bahnlinie von Pruszcz nach Klonowo zu säubern. Die Fahrzeuge des Regiments müssen dafür zurückgelassen werden, denn durch den Wald kann man sich zum Kampf nur zu Fuss bewegen. Um 14.45 Uhr sieht man bei Klonowo herannahende Truppen. Auf Distanz ist nicht erkennbar ob es sich um Kolonnen der Wehrmacht handelte, weshalb das Feuer noch nicht eröffnet wird. Dann erkennt man die Truppen als polnisch.

Es handelt sich um Infanterie der 9. polnischen Division (9 Dywizja Piechoty) unter Oberst Jozef Werbobej. Sie rückt in dünnen Schützenlinien gegen die Deutschen vor und bietet so kein gutes Ziel für gegnerisches Feuer. Die deutschen Soldaten warten ab und lassen die Polen herankommen. Plötzlich bemerkt man, dass der rechte polnische Flügel erheblich weiter westliche vorrückt als man angenommen hatte. Stärker als vermutet greifen die Polen an, und stossen in die deutschen Linien.

Das II. Bataillon des Infanterie Regiments 9 sieht sich unversehens in hartem Kampf mit polnischer Infanterie. Die Polen greifen zunächst ohne jede Artillerieunterstützung an. Ihre angreifenden Verbände werden zielsicher durch Maschinengewehre und Infanteriefeuer unterstützt. Auf deutscher Seite erkennt man dass es sich beim Angreifer um eine geübte Einheit unter professioneller Führung handeln muss. Dann trifft das I. Bataillon des Infanterie Regiments 9 ein.


Nahkampf am Bahndamm

Oberst von Gilsa wirft das Bataillon nach vorne an den Feind. Es soll im Angriff Verbindung mit dem linken Flügel des im Gefecht stehenden II. Bataillons herstellen. Gegen 16.00 Uhr erkämpft das I. Bataillon den Übergang über den Bahndamm und dringt in den Wald nördlich davon ein. Die Dämmerung beginnt sich anzukündigen als ein Regiment der 9. polnischen Division erneut den Bahndamm angreift.

Von Scharfschützen und starkem Maschinengewehrfeuer unterstützt stürmen die Polen wiederholt unter Hurrarufen gegen die deutschen Linien vor. Knapp einen Kilometer westlich der Eisenbahnstation Klonowo stösst der polnische Angriff auf die 1. Kompanie. Immer wieder kommt es zum Nahkampf mit den Polen, die nicht müde werden anzugreifen. Die Kompanie erleidet ernste Verluste. Drei Zugführer werden im Kampf Mann gegen Mann getötet.

Leutnant Heinrich Freiherr von Weizsäcker vom 2. Zug der Kompanie zieht eine Handgranate ab um sie gegen die Angreifer zu werden, als eine Kugel seinen Hals durchschlägt. Sein jüngerer Bruder, Leutnant Richard von Weizsäcker (1984-94 Bundespräsident der BRD) ist in diesem Moment nur wenige hundert Meter entfernt, kann aber erst zu Heinrich gelangen als dieser bereits tot ist. An der selben Stelle wie Weizsäcker fällt wenig später Feldwebel Werner Illgenstein der den 1. Zug führt.

Auch Hans Strauss, der den 3. Zug kommandiert, findet ebenfalls an diesem heftig umkämpften Platz den Tod. Die 1. Kompanie vergiesst viel Blut um das Feld zu behaupten. Wie die polnischen Angreifer so haben auch die Männer der 1. Kompanie nur Infanteriewaffen zum Kampf verfügbar. Polen und Deutsche kämpfen mit Gewehren, Handgranaten und Bajonetten Auge in Auge am Bahndamm. Erst nach 21.00 Uhr Abends kann die Artillerie der 23. Division aktiv eingreifen.


Nach dem ersten Blutvergiessen

Im Schutze der Nacht versucht die 9. polnische Division in einem letzten verzweifelten Angriff den Bahndamm zu nehmen und wird erneut blutig zurückgeschlagen. Als der Morgen des 3. September 1939 dämmert, stellen Aufklärungspatrouillen des potsdamer Regiments fest, dass der Gegner sich noch in der Nacht abgesetzt hat. Nur die Leichen der gefallenen Polen zeugen von den Angriffen auf den Bahndamm. Dieser erste heftige Kampf lässt das Regiment erschöpft zurück.

Die Männer des Infanterie Regiments 9 sind durch tagelange Gewaltmärsche auf staubigen Strassen in grosser Hitze sehr mitgenommen worden. Weil Feldküchen und Nachschub auf den verstopften Strassen steckengeblieben sind, hat das I. Bataillon des Regiments seit fast 48 Stunden keine Verpflegung mehr gefasst. Das Potsdamer Regiment hatte seine Feuertaufe in der Schlacht an der Tucheler Heide durchgestanden. Zum ersten mal waren die Männer im Kampf gestanden.



Querverweis

>> Polnische Kavallerie gegen deutsche Panzer 1939
Die Welt ist eine Bühne, aber das Stück ist schlecht besetzt. (Oscar Wilde)
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