Polnische Kavallerie gegen deutsche Panzer 1939

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Polnische Kavallerie gegen deutsche Panzer 1939

Beitragvon Tech am So 09 Aug, 2009 20:25

Hinweis der Administration. Aufgrund von technischen Problemen im alten Forum ist der Startbeitrag verloren gegangen. Er wurde nun aber erneut eingestellt, weiter unten in diesem Thread.

Sehr interessanter Beitrag, welcher sicherlich mit einigen Voruteilen aufräumt. Vom Mut und der Entschlossenheit der Polen wird leider zu wenig berichtet.
Wenn man unter diesen Umständen die Taktik und Ausrüstung der polnischen Verbände anschaut, waren die schweizerischen Verhältnisse nicht viel anders. Zumal wir die beiden Operationsplanungen der Wehrmacht zu einem Zeitpunkt zu erwarten hatten, zu welchem die deutsche Ausrüstung durch bisherige Feldzüge schon recht erprobt und die Taktik entsprechend eingeschliffen war.

Dies lässt nur im Ansatz vermuten, dass der Gedanke "Reduit" einfach auf der Hand lag. Hätten wir die selben Umsände und das Wissen von damals, so bin ich überzeugt, würde sich die Armee wiederum zum selben Schritt durchringen.

"Ein fundamentaler Grundsatz für die kleinen Armeen besteht darin, immer in Massen zu handeln; durch seine Anwendung allein können sie einige bedeutende Unternehmen vollbringen, indem sie darauf verzichten, alles zu decken und nur das Hauptziel anpeilen." (Jomini, 1779-1869)
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Beitragvon SzadiPolen am Mo 10 Aug, 2009 19:26

Bravo :smt041 beschreibt ein sehr interessantes $ e;] Sie wissen, dass Sie sehen können, einen Freund zu den Themen;]


schön zu lesen, über die polnischen Armee;]
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Beitragvon Straussenfeder am Do 20 Aug, 2009 23:33

Wow, interessanter Beitrag. Danke

Sie brauchten die Pferde also in erster Linie noch als schnelles Transport- und Fortbewegungsmittel. Macht in stark bewaldeten oder unwegsamen Gebieten natürlich Sinn. Hätten sie diesen Umstand nicht zu ihrem Vorteil nutzn können?
Okay, der Krieg hatte erst begonnen und Hitlers Arsenale waren noch prallvoll. Man kann es wohl drehen und wenden wie man will, letztlich hätten die Polen immer den kürzeren Atem gehabt.
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Beitragvon Hagelhans am Fr 21 Aug, 2009 06:36

Straussenfeder hat geschrieben: Man kann es wohl drehen und wenden wie man will, letztlich hätten die Polen immer den kürzeren Atem gehabt.


Dies würde ich heute nicht mehr unterschreiben. Obwohl meine Meinung wohl politisch ziemlich unkorrekt ist, bin ich überzeugt dass Deutschland 1939 in keiner Weise für einen wirklich grossen Krieg bereit war. Hitler hat Poker gespielt und mit Glück gewonnen. Für Polen allein hatte es gereicht. Zumal die UdSSR noch eine zweite Front gegen Polen eröffnet hat was ja immer gerne unter den Tisch geschoben wird.
Hätte Frankreich und England sich nicht nur mit scheuem an der Grenze sitzen begnügt und wäre offensiv gegen Deutschland vorgegangen, ich glaube nicht dass auch annähernd genügend Truppen und Material auf Deutscher Seite frei gewesen wären um im Osten anzugreifen und sich gleichzeitig im Westen zu verteidigen.
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Beitragvon Desmond am Mo 31 Aug, 2009 15:50

Im "Blick am Abend" war heute die Mitteilung das Morgen mal wieder Jahrestag für den Einmarsch in Polen ist. Die Zeitung (wenn der Blick am Abend diesen Titel überhaupt verdient hat) posaunte gross vom "Verzweiflungsakt" der polnischen Kavallerie gegen deutsche Panzer.
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Beitragvon elias am Mo 31 Aug, 2009 17:32

Nun ja, die müssen es ja wissen... "Blick war dabei" ;-)
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Beitragvon troupier suisse am Mo 31 Aug, 2009 20:59

Das Propagandamärchen der Nazis ist erstaunlich langlebig und wird ganz gewiss auch zum 70. Jahrestag wieder rausgeholt und aufgekocht. Wir alle hier im Forum, die wir uns mit Geschichte befassen, wissen von anderen Beispielen aus anderen Epochen, wie unsterblich theatralische Irrtümer sind. Was wetten wir, dass auch im Fernsehen wieder die Vorkriegsfotos der polnischen Ulanen mit ihren Lanzen eingeblendet werden?

Die polnischen Streitkräfte mussten sich gegen die Wehrmacht im Westen, gegen die Rote Armee im Osten und drei Slowakische Divisionen im Süden (deren Mitwirken wird gerne übersehen) kämpfen.
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Beitragvon troupier suisse am Mi 09 Sep, 2009 13:29

Da dieser Beitrag in unserem alten Forum wegen der technischen Probleme dort vor einer Woche abhanden gekommen ist, selle ich ihn hier nochmals ein. Ursprünglich stand er am Anfang des Threads

Da das Thema Polnische Armee erstens kürzlich in der Fernsehsendung "Alpenfestung - leben im Reduit" wegen des polnischen Internierten aufgegriffen wurde, und zweitens durch unser neues Forenmitglied Martin aus Polen ins Gespräch kam, habe ich zwei Beträge zu den Streitkräften Polens 1939-1945 zusammengestellt. Den einen zum Feldzug 1939 in Polen bringe ich hier als ersten online:

Kavallerie gegen Panzer in Polen 1939

Eine Episode aus den ersten Kampftagen im Pommerschen Korridor während der Feldzugs der Wehrmacht in Polen hat eine hartnäckige Legende hervorgebracht. Bis heute lebt die Legende von der polnischen Kavallerie, die mit Lanzen und Säbeln deutsche Panzer angreift. Die Lanzen hatten die polnischen Ulanen bereits vor dem Krieg als Waffe aufgegeben. Die polnische Kavallerie war mit Maschinengewehren und leichten Panzerabwehrkanonen ausgestattet. Sie bewegte sich zu Pferd und vor Ort angekommen kämpfte sie im Allgemeinen zu Fuss. Die polnische Kavallerie konnte effektiv gegen die Deutschen eingesetzt werden.

Eine Kavallerie-Brigade verfügte zum Beispiel über vierzehn 37mm Panzerabwehrkanonen wz36, die den damaligen leichten Panzern der Wehrmacht durchaus gewachsen waren. Am 1. September 1939 gelang es bespielsweise der Kavallerie-Brigade Wolynska bei Morka mehreren Angriffen der 4. Panzer-Division standzuhalten und den Deutschen empfindliche Verluste beizubringen. Der rasche Sieg der Wehrmacht über die polnischen Streitkräfte liess in der Nachwelt den Kampfeswillen der Polen vergessen, obgleich 1940 im Westen die mächtige französische Armee und die englische Armee ebenso schmachvolle Niederlagen gegen die Deutschen erlitten.


Der letzte Ritt von Oberst Mastelarz

Ein einziger Fall eines Angriffes mit gezogenem Säbel wurde aber bekannt und sorgte für die Legende von den Polen die zu Pferd auf Panzer losgegangen seien. Der Vorfall ereignete sich im Pommerschen Korridor. Der sogenannte Pommersche Korridor war jene polnische Landstreifen zwischen der Ostgrenze des deutschen Reiches und Danzig. Er trennte Ostpreussen vom übrigen Reich. Dieser Korridor wurde am 1. September 1939 von der polnischen Armii Pomorze verteidigt. Diese Armee bestand aus drei Infanterie Divisionen.

Es waren dies die 9. Division (9 Dywizja Piechoty) unter Oberst Jozef Werobej, die 15. Division (15 Dywizja Piechoty) unter Brigadegeneral Zdzislaw Wincenty Przyjalkowski und die 27. Division (27 Dywizja Piechoty) unter Brigadegeneral Juliusz Drapella. Verstärkt wurden diese Infanterieverbände durch die Kavalleriebrigade "Pomorska" (Pomorska Brygada Kawalerii) von Brigadegeneral Stanislaw Grzmot-Skotnicki. Diese Verbände hatten den aussichtslosen Auftrag den Pommerschen Korridor zu verteidigen.

Es war klar war dass die bescheidene Stärke dieser polnischen Verbände nur ausreichte um den Vormarsch der Wehrmacht zu bremsen, aber nicht um ihn zu stoppen. Am 1. September 1939 stand die Armee Pomorze der zahlenmässig dreifach überlegenen Vierten deutschen Armee gegenüber. Von den polnischen Einheiten im Korridor wurde aus politischen Gründen erwartet, dass sie sich opfern damit der Boden nicht kampflos aufgegeben wurde, und die Wehrmacht widerstandslos nach Ostpreussen durchmarschieren konnte.

Die praktisch kampflose deutsche Besetzung des Sudentenlandes durfte sich in Polen nicht wiederholen. Am Abend des 1. September beobachteten zwei Schwadronen des 18. Ulanen-Regiments (18 Pulk Ulanów) der Kavallerie Brigade Pomorska aus einem Wald heraus ein deutsches Infanterie Bataillon auf einer nahen Strasse. Oberst Kazimierz Mastelarz beschloss die Gelegenheit zu nutzen. Nur wenige Momente blieben zum handeln. Mastelarz liess die Säbel ziehen um eine klassische Kavallerieattacke zu reiten. Die deutschen Infanteristen wurden völlig überrascht und flohen entsetzt.

Der Angriff der Ulanen war ein anachronistischer Erfolg. Aber wie zu Napoleons Tagen unterlag unvorbereitete Infanterie dem Kavallerieangriff mit blankem Säbel. Doch mitten im Galopp wurden die Reiter von herannahmenden deutschen Aufklärungspanzern auf der Strasse überrascht. Die gepanzerten Fahrzeuge waren mit 20mm Maschinenkanonen bewaffnet. Hätten die Ulanen ihre Pferde gewendet um in den Wald zurückzureiten, wären sie mitten im Schussfeld niedergemäht worden.

Mastelarz erkannte die Lage und liess im Galopp weiterreiten, zwischen den Panzerfahrzeugen hindurch und aus deren Schussfeld hinaus. Es war ein waghalsiger Fluchtversuch und die einzige Chance der Kavalleristen. Die deutschen Aufklärungspanzer eröffneten das Feuer erst nach einer Schrecksekunde, als die Flucht schon fast gelungen war. Lediglich 20 Reiter, darunter Oberst Mastelarz, bleiben gefallen auf dem Feld zurück.

Als am nächsten Tag italienische Kriegsberichterstatter auf das Kampffeld geführt wurden und die toten Kavalleristen besichtigten, begann die Legende. Es verbreitete sich die Mär von den tumben Polen die blöd genug seien um mit Pferden und Säbeln auf Panzer loszugehen. Und die die bereits vor Kriegsbeginn aufgegebene Lanze wurde auch in die Legende eingeflochten, denn damit hätten sie angeblich versucht auf die Panzer einzustechen.

Eine Impression des Vorfalls mögen einige Fotos auf der Website des polnischen Fotographen Bartosz Siedlarski bieten. Eine Fotoserie zeigt ein Re-encatment um den Feldzug 1939. Dabei sieht man auch interessante Darstellungen der polnischen Streitkräfte. Wenn man die Bilder 57 und 61 anklickt und vergrössert, dann kriegt man einen kleinen Eindruck von polnischer Kavallerie bei der Attacke mit gezogenem Säbel:


http://siedlarski.pl/?id=2006-09-17_bzura
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Re: Polnische Kavallerie gegen deutsche Panzer 1939

Beitragvon troupier suisse am Fr 10 Sep, 2010 14:22

Die Mär lebt fort. Noch immer wird in Zeitungen von den Polen geredet, die den deutschen Panzern Reiter mit Lanzen entgegen geschickt. Der lange Atem der Kriegspropaganda:

Abschnitt "Wenige Tanks, veraltete Luftwaffe"

http://www.sueddeutsche.de/politik/pole ... d-1.998092

Noch immer wird den Polen eine Irrsinnsaktion unterstellt die sie nie begangen haben.
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Re: Polnische Kavallerie gegen deutsche Panzer 1939

Beitragvon Phil am Fr 10 Sep, 2010 16:02

Ja, es ist schon lachhaft, dass man solche Märchen immer wieder an ernsthafter Stelle findet.
Gruss, Phil
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