Aus den Kreuzzügen aus arabischer Feder

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Beitragvon Hagelhans am Fr 05 Sep, 2008 23:20

Bezaubernde Romantik die da den Gebrauch findet, um über die Grausamkeit des blutigen Handwerks des Todes hinweg zu sehen um das darnieder strecken der Leiber zu schildern wie eine Blumenblühende Sommerwiese die der Sense geweiht ist.
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Beitragvon troupier suisse am Sa 06 Sep, 2008 06:20

Du verstehst es ja fast so gut schreckliche Dinge zu verzuckern, wie unser islamischer Chronist des 12.Jahrhunderts. Wie Du schon festgestellt hast, macht der Knabe aus dem blutigen Inferno einer Schlacht einen poetischen Totentanz.

An anderer Stelle berichtet Imad ad-Din aus dem unzüchtigen Treiben im Lager der Kreuzfahrer. Das ist schon fast nicht mehr jugendfrei, und zugleich wird stets wortreich umschrieben was die Damen im Lager der Christen so taten. Und soviel wie er schrieb, könnte man beinahe denken dass der Mann mehr Lust als Abscheu an ein und demselben empfand, das er mit seinen zahlreichen Metaphhern endlos auswalzte:

"[...] Sie waren Ziel der Pfeile, erlaubten alles, was verboten ist, boten sich den Stössen der Lanzen dar, erniedrigten sich ihren Freunden. Sie öffneten das Zelt, lösten die Gürtel nach geschlossenem Einverständnis; sie waren der Ort, an dem man die Zeltpflöcke einschlägt, sie luden die Schwerter in ihre Scheiden ein, ebneten ihr Land zu Pflanzen, liessen die Speere sich gegen die Schilde erheben, ermunterten die Pflüger zu pflügen, gaben den Schnäbeln zu suchen, gewährten den Hochgemuten Einlass in die Vorhallen, liefen unter den Sporen derer die sie ritten. Den Seilen gaben sie den Weg frei hinab in den Brunnen, setzten die Pfeile auf den Bogen, zerrissen Gürtelbänder, Prägten die Münzen [...]

Liessen die Ruchlosen ihr Innerstes kennenlernen, wiesen den Schreibohren den Weg ins Tintenfass, den Bergwassern in den Talgrund, den Bächen zum Teich, den Schwertern in die Scheide, den Barren in den Schmelztiegel, den Gürteln der Ungläubigen den Weg in die weibliche Zone, dem Holz den Weg in den Ofen, den Angeklagten in den tiefen Kerker, den Geldwechslern zum Dinar, den Hälsen zu den Bäuchen, den Dornen den Weg ins Auge. Sie stritten um den Baustamm, und wetteiferten darin die Frucht zu sammeln."
Zuletzt geändert von troupier suisse am Sa 06 Sep, 2008 08:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Parabellum am Sa 06 Sep, 2008 07:18

..... und im Lager der Muselmanen ging es züchtig und fromm zu???


Der amerikanische Senator Hiram Johnson bemerkte 1917: „Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“. Ich gehe fest davon aus, das war schon tausend Jahre früher so und auch noch früher .... Cäsars von mir in der Schule unter unsäglicher Mühsal in Latein gelesene Werke sind ja nichts weiter als blanke Propaganda!

So würd ich mal sagen: Leset und erfreut euch an diesen Texten aber "cum grano salis"!!!
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Beitragvon troupier suisse am Sa 06 Sep, 2008 08:18

Natürlich hast Du da recht Parabellum. Aber ich würde des Zitat ausweiten und hinzufügen dass Krieg und Politik gleichermassen schlecht sind für die Wahrheit, insbesondere da ein anderer Autor einst meinte, dass das erstere nur die Fortsetzung des letzteren unter Einbeziehung anderer Mittel sei. Und ein anderer Mann ähnlichen Schlages hielt ebenso fest, dass es nie so viel gelogen würde wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.

Und in diesen Tagen kriegt global man von Falken und Tauben und von Politikern die gewählt werden möchten oder solchen an ihren Ämtern hängen so viel Unwahres in kläglichen Worten serviert, dass mir nach der Eleganz der Feder Imad ad-Din dürstet, auch wenn er, wie alle Chronisten seiner Tage übrigens, es mit vielen nicht so genau nimmt. Aber man muss ihm zugute halten, dass die ausufernde Beschreibung von Mißständen beim Feind (und zweifellos gab es dort dergleichen sündiges Tun) noch nicht als Lüge durchgeht. Gelogen wäre es erst, wenn er behaupten würde dass es auf der eigenen Seite sowas nie gäbe.

Aber die Wissenschaft lehrt uns, dass wir bei Geschriebenem immer darauf achten sollte wer der Schreiber war, um es deuten zu können. Imad ad-Din al-Isfahani (1125-1201) war Sekretär von Saladin ( eigentlich Salah ad-Din Yusuf bin Ayyub), der legendär wurde als würdiger Gegner von Richard Löwenherz. Imad ad-Din verfasste mehrere historische Werke und eine Anthologie der arabischen Dichter des 12. Jahrhunderts. Des Problem bei seinen Texten ist ihr Stil der gleichermassen schöngeistig wie ermündend ist. Imad ad-Din hat massgeblichen Anteil an der Verherrlichung Saladins.

Ich möchte aber noch eine Partie zitieren, in der explizit vom Gegner, den Christen die Rede ist. Natürlich übertreibt er ihre Zahl gnadenlos. Doch er schilderte sie auf interessante und eine für westliches Verständnis exotische Art und Weise:

"Es waren schzigtausend Franken in der Stadt (Jerusalem), bewaffnet mit Schwert und Bogen. Helden des Irrtums mit Lanzen deren biegsame Spitzen zitterten, und alle hatten sich aufgestellt, die Stadt zu verteidigen. Sie forderten zum Kampf heraus und sperrten den Durchgang, feindselig stiegen sie in die Schranken herab, schossen Pfeile und liessen Blut fliessen, griffen heftig an und verteidigten sich, loderten und brannten vor Zorn, regten sich auf und entzündeten sich, verjagten und verteidigten sich, fingen Feuer und verletzten, schrien und spornten an, baten mit hängender Zunge um Hilfe, verschanzten sich und liefen durstig umher, drehten und wendeten sich und litten, heulten und schrien um die Wette, brannten in der Schmach und schleuderten Tod.

Hart kämpften sie und stritten mit letzter Kraft, alles setzten sie ein, wenn sie aufs Kampffeld zogen. Die Trinkschalen der Klingen liessen sie kreisen, um die nach dem Wasser der Seelen dürstenden Klingen zu tränken, liefen umher mit dem Entsetzen, liessen die Becher des Todes kreisen; stürzten sich darauf, die Glieder zu verstümmeln, brannten und glühten, rotteten sich zusammen und hielten hartnäckig aus, schossen Pfeile und baten den Tod, er solle bei ihnen verweilen. Sie sagten: "Jeder von uns kann es mit zwanzig aufnehmen, alle zehn mit hundert. Vor die Auferstehung tritt die Auferstehungskirche; aus Liebe zu ihrer Unversehrtheit werfen wir unsere Unversehrheit hin". Der Kampf dauerte, und Lanzenstich und Schwerthieb kreuzten sich weiter."
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Beitragvon Hagelhans am Sa 06 Sep, 2008 13:10

Auch wen die Franken Meister waren im brechen von Knochen, im spalten von Schädeln und im zerhacken von Gliedern, so nahmen sie sich doch das Vergügen bei ihre Weibern und schoben den Kuchen in den Ofen, liessen den Frosch in den Tümpel springen und den Vogel im Nest landen.

Das Buch muss ich haben.
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