von Parabellum am Mi 06 Aug, 2008 10:07
Die ganze unselige Geschichte geht ja eigentlich noch weiter zurück. Wie alles in der schweizer Historie hat es seinen Ursprung bei Napoleon .... mindestens teilweise:
Nach dem Wiener Kongress wurden ja einige der vorrevolutionären Verhältnisse wieder hergestellt. Aber gewisse Verhältnisse waren halt in einem Ausmass nicht mehr zeitgemäss, dass man sich doch an neue Gebebenheit anpassen musste. In der Nordwestschweiz war es das Fricktal und das Fürstbistum Basel, die einer neuen politischen Ordnung zugeführt werden mussten. Basel war schon 1789 aufgefordert worden das Fricktal an sich zu nehmen. Aber man weigerte sich erfolgreich, da man in dem homogenen reformierten Basler Volkskörper die alt-habsburgischen Katholiken nicht als Fremdkörper aufnehmen wollte. So kam das Fricktal als Fremdkörper zum Aargau und ist dort auch heute noch ein Exotenbezirk nördlich des Jura. Schwieriger wurde es mit dem Bistum Basel. Der Grossteil wurde dem Kanton Bern zugeschlagen. Dies als Kompensation für die Waadt, welche selbständig geworden war. Die Aufnahme der katholischen Bezirke des Jura durch Bern war ein Fehler, so hatte man sich Aerger eingehandelt, der dann in den 60er und 70er Jahren im Jurakonflikt gipfelte.
Nun zu Basel: Ihm wurde nun angetragen, die Teile des Bistums, die nördlich von Angenstein lagen aufzunehmen. Man wand sich und sträubte sich, um schliesslich wiederwilligst doch einzulenken. Das war ein übles Verhängnis. Denn diese Gebiete waren rein katholisch und die Konsequenz war, dass schon bald eine Agitation einsetzte, die sich der städtischen Verwaltung entgegensetzte wo es nur ging. So waren denn auch bei den Unruhen, die der Kantonstrennung vorangingen ein Grossteil der Rädelsführer aus dem unteren Kantonsteil stammende Katholiken, wie die Gutzwiller und Blarer. Im damals sich anbahnenden Kulturkampf war nämlich deren Hoffnung, dass die konservativen Landschäftler die fortschrittlichen Städter dominieren sollten und damit ganz Basel vom freisinnigen Lager ins Lager derer schwenken sollten, die dann später den Sonderbund bildeten.
Diese Rechnung ging aber überhaupt nicht auf.
1. Konnte die Landschaft nicht wie von dieser erhofft die Stadt dominieren. Es war nämlich der Stadtteil, der den Antrag zur Trennung an die Tagsatzung stellte (und nicht wie heute meist fälschlich angenommen die Landschaft). Damit entzog sich die damals einwohnermässig kleinere Stadt der Unterjochung durch die zahlreichere Landbevölkerung.
(Die Trennung wurde übrigens von der Tagsatzung ausdrücklich nur unter dem Vorbehalt der Wiedervereinigung ausgesprochen - inzwischen kann man davon ausgehen, dass sich Nord- und Südkorea sowie China und Taiwan noch lange vor der basler Stadt und Landschaft wiedervereinen werden....)
2. Die Landschaft wurde dann innerhalb der schweizerischen Polit-Landschaft aber nicht ein katholisch-konservativ dominierter Kanton, sondern ein freisinnig-fortschrittlicher, was die Birsecker Katholiken fürchterlich mopste.
3. Die Stadt, die vor 1833 innerhalb der Schweiz am fortschrittlich liberalen Spektrum politisiert hatte, hoffte beim Konflikt mit der Landbevölkerung auf die Unterstützung der freisinnigen Kräfte. Zu ihrer Enttschäuschung unterstüzten diese aber die Landschäftler. Als Konsequenz davon und aus Verbitterung kapselte sich Basel ab und schwenkte auf die konservative Seite. Dies zeigte sich im Sonderbundskonflikt, bei dem die Basler erhebliche Sympathien für die Sonderbündler hatten und sich an dem Feldzug nur so schleppend beteiligten, dass ihre Artillerie-Halb-Batterie als einzige Unterstützung im Heerlager eintraf, als der Krieg schon vorbei war.
Das wirklich erstaunliche in der Rückschau ist, dass im Baselbiet heute der obere Kantonsteil völlig ablehnend gegenüber der Stadt eingestellt ist, während in den Trennungswirren diese Gemeinden in den Abstimmungen mehrheitlich für Stadt gestimmt hatten. Diese Stimmung ist aber erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts aufgekommen und rührte vor allem daher, dass der Kanton Basel-Landschaft bis in die Mitte des 20. Jahrunderts ein ausgesprochen ärmlicher Kanton war, aus dem man mit Neid auf die Stadt schaute, die sich wirtschaftlich trotz der Trennung sehr erfolgreich entwickelte. Erst als im Verlauf der demographischen Wanderungen viele frühere Stadtbewohner ins untere Baselbiet zogen änderte sich das grundlegend. Der Bezirk Arlesheim wurde zum Vorortgürtel der Stadt und zwischen oberem und unterem Kantonsteil geht eine mentale Trennungslinie, die sich bei Wahlen und Abstimmungen deutlich manifestiert. Das ehedem freisinnige Hinterland ist eine Hochburg der SVP geworden und der untere Kantonsteil ist politisch zwischen grün-rot und farblos-bürgerlich fragmentiert.
Aber eben um nochmals auf meine ursprüngliche These zurückzukommen, wenn sich Basel erfolgreich geweigert hätte, das Birseck aus der Konkursmasse des Fürstbistums anzunehmen und dieses z.B. bei Solothurn gelandet wäre, dann wäre es wohl kaum zur Kantonstrennung gekommen.
Si vis pacem, para bellum!