Das Lehen Sark - Ende eines Reliks

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Das Lehen Sark - Ende eines Reliks

Beitragvon troupier suisse am Do 10 Apr, 2008 19:02

Die Insel Sark, oder Sercq auf Französisch, ist nur etwa fünf Quadratkilometer gross und somit die kleinste der vier Kanalinseln zwischen Frankreich und Grossbitannien. Der Mönch Mönch Magloire begann im 6.Jh mit 62 Mönchen die Insel tiefgehender zu besiedeln.Im Jahr 933 erhielt der normannische Jarl Wilhelm I. die Insel als Lehen. Vermutlich raffte die Pest im Spätmittelalter die Einwohnerschaft dahin.

Im Jahr 1549 errichtete die französische Marine Festungsbauten auf Sark, aber noch im selben Jahrhundert legte England seine Hand auf die Insel. Bis in unsere Tage herrschte seither als ein Seigneur über das Lehen Sark, welches lediglich der britischen Krone unterstellt, jedoch kein Teil des vereinigten Königreichs war. Bisher ruhte die Macht auf der Insel erblich in den Händen bestimmter Grundherren.

Damit war Sark eines der letzten, wenn nicht gar das letzte, Feudalsystem in Europa. Nun hat aber das Inselvolk in einer Volksabstimmung beschlossen, die Geschicke des Eilands künftig durch ein gewähltes Parlament mit 28 Abgeordneten leiten zu lassen. Der Kronrat entschied nun folglich, dass hinkünftig jeder volljährige Einwohner, ob Grundherr oder nicht, ins Parlament gewählt werden könne.

Aktuell herrscht noch John Michael Beaumont als 22. Seigneur of Sark über die 600 Einwohner. Er hatte das Lehen 1974 von seiner Grossmutter Sibyl Hathaway geerbt. Ihm steht das im November 1579 erstmals zusammengetretene Parlament der "Chief Pleas" zur Seite, wo 40 erbliche Tenants (seit 1922 zusammen mit zwölf demokratisch gewählten Abgeordneten) die Entscheidungen berieten. Auf Sark gibt es noch blumige Ämter.

Der Präsident des Chief Pleas und Richter trägt den Titel Seneschall, während sein Sekretär der Greffier ist. Die polizeigewalt ruht beim Constable dem ein Vingtenier als Helfer zur Seite steht. De jure ist es bis heute so, dass im Prinzip nur der Seigneur das Privileg hat Tauben aus Sark zu züchten und eine gebärfähige Hündin zu besitzen (wird aber nicht so streng gehandhabt). Auch existiert noch das Clameur de Haro.

Dieses Überbleibsel aus uralten Zeiten besagt, dass wer ein Vaterunser auf französisch aufsagt und den Fürsten um Hilfe anruft einen Aufschub gewährt bekommen, wenn er im Glauben ist dass eine Forderung seine Rechte verletze. Dabei musste der Betroffene in Gegenwart desjenigen der ihm Unrecht tut auf ein Knie sinken und die Hand erheben um zu rufen:

"Haro! Haro! Haro! À l'aide, mon Prince, on me fait tort."

Hört mich! Hört mich! Hört mich! Zu Hilfe, mein Prinz, denn man tut mir Unrecht.

Danach folgte das Gebet. Das heute wenig praktizierte Recht gilt übrigens aus allen Kanalinseln. Die Seigneurs von Sark residierten bis heute in der Seigneurie, die 1730 an der Stelle der einstigen Klosters von St.Magloire steht.

Aber mit der ganzen Feudalherrlichkeit ist es vorbei, sobald die Inselbewohner ein demokratisches Parlament gewählt haben. Solange ist indes noch der 80jährige Seigneur of Sark im Amt. Das Lehen Sakr hat übrigens eine eigene Website: http://www.sark.info/
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Beitragvon Hagelhans am Do 10 Apr, 2008 19:13

Seltsam. Wie kann man demokratisch beschliessen eine Demokratie zu werden?
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Beitragvon troupier suisse am Do 10 Apr, 2008 19:32

Die Feudalherrschaft ist eben auch nicht mehr was sie einmal war.
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Beitragvon Dietrich am Do 10 Apr, 2008 20:39

"Feudalism rulez! It´s your Count that votes!"

Sorry, couldn´t resist.... :smt002
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Beitragvon Parabellum am Do 10 Apr, 2008 21:11

@ Hagelhans: Der Herrscher kann eine Konstitution gewähren - freiwillig oder unter Druck. Er kann eine demokrtatische Abstimmung akzeptieren. Was er nicht kann, wenn er einmal akzeptiert hat gibt es kein zurück. Das Feudalsystem wurde in Sark aber vor allem durch äusseren Druck abgeschafft bzw. auf Initiative von Zuzügern: den Barclay Zwillingen. Zwei Milliardäre, die Land aufgekauft hatten und mit einer Klage in Strassburg wegen Verstoss gegen EMRK drohten. - Schlussendlich war es die Labour Regierung bzw. das von ihr dominierte Privy Council, welche die neue Verfassung bewilligen muss, die den Feudalismus nicht mehr dulden wollte.
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Beitragvon Hagelhans am Fr 11 Apr, 2008 14:02

Gegen Demokraten helfen nur Soldaten!
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Beitragvon troupier suisse am Fr 11 Apr, 2008 14:32

Du meist dass der Seigneur of Sark, nun da die britische Armee in Afghanistan und im Irak beschäftig ist, die Gunst der Stunde nutzen sollte um seine Household zusammenzutrommeln damit sie mit Waffengewalt die demokratischen Willkür Londons widerstünden. Das Herzogtum Grand Fenwick hat immerhin die USA in einem heroischen Feldzug auf ähnliche Weise unterworfen.
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Beitragvon Parabellum am Fr 11 Apr, 2008 15:04

Hagelhans hat geschrieben:Gegen Demokraten helfen nur Soldaten!
Bismark


In 1991, an unemployed French nuclear physicist named André Gardes attempted a singlehanded invasion of Sark, armed with a semi-automatic weapon. The night Gardes arrived he started putting up signs declaring his intention to take over the island the following day at noon. The following day the voluntary constable arrested Gardes as he was sitting on a bench changing the magazine, waiting for noon to arrive.

Anscheinend gibt es auf Sark zu wenige Soldaten. In diesem Fall konnte der Invasor vom freiwilligen Teilzeit Constable verhaftet werden.

Übrigens ist es auf Sark einem Ehemann gestattet seine Frau mit einem Stock zu schlagen, der nicht dicker ist als einer seiner Finger. Für die Frau gibt es umgekehrt keine Restriktionen.....
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Beitragvon Hagelhans am Fr 11 Apr, 2008 15:53

Hey! Es handelte sich beim Feind um einen Atomphysiker!
Diese kleine Armee, dieser kleinen Insel, bestehend aus nur einem Teilzeitmann, konnte immerhin den Überfall einer Nuklearacht verhinder.

Eine wirklich starke Armee. Nicht gross. Zugegeben nicht gross. Aber unglaublich schlagkräftig!
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