WWI Dreisprachenspitze - Umbrail, 1915-1918

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WWI Dreisprachenspitze - Umbrail, 1915-1918

Beitragvon dustoff am Di 02 Okt, 2007 13:16

Ich mache hier einen neuen tread auf für die WWI diskussion ....

Irgendwo habe ich gelesen dass die Italiener über Schweizer Gebiet geschossen haben nach Österreich .... das gab Diplomatische Probleme.
Ich glaube die Kanonen waren nahe beim Umbrailpass postiert .... die Ebene rechts die man sieht wenn man in Tal schaut richtung Bormio.

Stimmt das oder nicht?
Gruss
Danielle


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Beitragvon Traingelo am Di 02 Okt, 2007 13:31

Vielleicht im Jahre 1917 als das, auf Schweizergebiet stehende, Hotel Dreisprachenspitze auf dem Stilfserjoch durch Beschuss zerstört wurde?
Leider weiss ich das genaue Datum nicht und auch nicht ob von den Österreichern oder von den Italienern.
Vielleicht kann Alpino weiterhelfen?
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Beitragvon troupier suisse am Di 02 Okt, 2007 19:57

Zur Thematik der Dreisprachenspitze und den Grenzzwischenfällen:

Die Dreisprachenspitze war ein heikles Terrain wo die Schweizer Truppen auf Grenzwache den kämpfenden Parteien Italien-Österreich gefährlich nahe waren. Die italienischen Stellungen waren aufgrund der Geländerverhältnisse vorteilhafter als diejenigen der Österreicher. Letztere hatten einige ihrer Positionen sehr nahe an der Schweizer Grenze (das Lempruchlager war in Rufweite). Diese besondere Stellung machten sich die Österreicher zu nutzen. Ein Posten in einer solchen Stellung nahe an der Schweizer Grenze galt als Lebensversicherung.

Ein Schützengraben wurde offiziell "Schweizergraben" genannt, wobei auch die Bezeichnung "Paradegraben" bekannt war, weil dort höhere Militärs relativ gefahrenfrei Frontbesuche absolvieren konnten. Im September 1917 besuchte dort sogar Kaiser Karl I. seine Mannen an der Front. Die Italiener störten aber gelegentlich die Sicherheit dieses Abschnitts. Zuweilen belegten sie die Dreisprachenspitze mit Feuer, wobei meist auch die Schweizer Soldaten an der Grenze Deckung suchen mussten in ihren nördlich den österreichischen Stellungen liegenden Gräben.

Das italienische Feuer musste teilweise über Schweizer Boden hinweg erfolgen um die Gräben der Österreicher zu treffen. Auf Schweizer Boden lag auch das Hotel Dreisprachenspitze, welches im Besitz der österreichischen Familie Karner war. Damals diente das Hotel als Kantonnement für eine halbe Schweizer Kompanie. Als ein Feldgeistlicher auf der Dreisprachenspitze für rund dreissig Glarner Soldaten im Rahmen eines Gottesdienstes predigte, lauschten auch mehrere Hunderschaften Österreicher seinen Worten und entblössen am Schluss auch ihr Haupt um am Gebet teilzuhaben.

Dies illustriert die räumliche Nähe der Truppen entlang der Grenzlinie. Beim Hotel Dreisprachenspitze ereignete sich am 4.Oktober 1916 auch ein folgenschwerer Vorfall. Während die Österreicher Kaisergeburtstag feierten, eröffneten die Italiener zur Mittagszeit heftiges Gewehr- und Maschinengewehrfeuer vom Laghetto alto und der Resestellung her. Zahlreiche Kugeln schlugen auf Schweizer Boden und in die Sandsäcke beim Hoteleingang ein. Dort traf eine Kugel die Schweizer Schildwache, den 23jährigen Füsilier Georg Cathomas aus Ems.

Cathomas war beim Bündner Bataillon 91 eingeteilt, tat aber um im Winter sein Studium fortsetzen zu können gastweise Dienst beim Glarner Bataillon 85. Ein Projektil aus den italienischen Stellungen durchschlug einen Oberarm und drang in den Brustkorb des Schweizer Wehrmanns ein. Cathomas blutete aus dem Mund als ihm die in der Nähe liegenden österreichische Soldaten erste Hilfe leisteten, was die Helfer irrtümlich einen Kopfschuss vermuten liess. Allerdings kam jede Hilfe zu spät, Cathomas starb um 13.55 Uhr auf seinem Posten.

Der Vorfall führte zu Auseinandersetzungen auf diplomatischem Parkett zwischen der Schweiz und Italien. Der Schweizer Generalstabschef von Sprecher forderte die Neutralisierung des Frontbereiches. Österreich wäre dazu bereit gewesen, aber Italien war nicht gewillt seine günstigen Stellungen aufzugeben. Man einigte sich auf den Kompromiss die österreichischen Stellungen nahe der Grenze nicht länger zu beschiessen, wobei sich Italien ausbat dass diese Bereiche wie etwa der Schweizergraben vom Gegner nicht weiter zu Kampfhandlungen genutzt werden dürfe.

Bild

Schweizer Wehrmänner und österreichische Soldaten auf der Dreisprachenspitze.

Eine Fotographie aus der Publikation "Unser Volksheer in Wort und Bild", erschienen 1923 im Verlag Grethlin & Co, Zürich
Zuletzt geändert von troupier suisse am Di 02 Okt, 2007 21:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Traingelo am Di 02 Okt, 2007 20:03

Das ist ja kolossal interessant! Wo hast Du all die Informationen gefunden?
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Beitragvon dustoff am Di 02 Okt, 2007 20:06

Superinteressant!!!!!! Sehr gute Info! Danke vielmals!
Da lag ich also schon richtig dass über Schweizer Boden geschossen wurde. O:)
Gruss
Danielle


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Beitragvon troupier suisse am Di 02 Okt, 2007 20:20

Zum einen und hauptsächlich

David Accola, Hans Rudolf Fuhrer
Stilfserjoch-Umbrail 1914-1918
GMS-Schriftenreihe
Heft Nummer 20
1997

Und dann noch ein paar andere staubige Werke von meinem Bücherbrett.

Unter diesem Link gibt es eine Ansicht des Hotels Dreisprachenspitze:

http://ansicht.kaar.at/userPicDetail.jsp?id=104
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Beitragvon four am Mi 03 Okt, 2007 16:32

sehr interessante geschichte, troupier! vielleicht war ja der ehemalige träger meines 91er oberleutnant tschakos damals auch an der südostfront stationiert? O:)
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Beitragvon troupier suisse am Sa 13 Okt, 2007 18:06

Ich hab' im Archiv von Rost & Grünspan noch ein Foto vom Umbrail gefunden. Wie auf der bereits online gestellten Aufnahme sind auch hier Schweizer Sappeure des Bataillons 6 an der Grenze zu sehen, nur diesmal treffen sie sich nicht mit österreichischen Soldaten sondern mit deren Feinden, den italienischen Alpini. Schalkhaft haben einige der Abgebildeten ihre Kopfbedeckungen getauscht, einen Gag den man bei solchen Treffen an der Schweizer Grenze mit allen Armeen immer wieder sieht:

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Beitragvon dustoff am Sa 13 Okt, 2007 18:14

Gutes Bild ... wo bleibt ein Kommentar von unserem Alpino zu diesem Thema .... :-s
Gruss
Danielle


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Beitragvon troupier suisse am Sa 13 Okt, 2007 18:57

Gemach gemach, dustoff. Es ist Samstagabend; da muss es erlaubt sein, den Ausgang und das Nachtleben dem Internet vorzuziehen. Wir erwarten doch nicht dass alle unsere Member ständig vor dem Monitor hocken, denn das World Wide Web hat viele Reize, aber das echte Leben kann es nicht ersetzen.

Ich habe indes noch etwas zu den Alpini und dem Mützentauschen in den Memoiren eines Korporals des Bataillons III/92 von der Grenzwache in Graubünden gefunden:

"...Eines Tages kam beispielsweise eine italienische Offizierspatrouille, bestehend aus einem Alpini-Major, einem Oberleutnant, einem Korporal und fünf Alpini. Der Major wurde stutzig als man ihm und seinem Gefolge auf dem Grenzsteg Halt gebot; er liess jedoch bald mit sich reden, da der ihn anhaltende Korporal geläufig Italienisch sprach. Der Major wurde dann eingeladen, auf Schweizergebiet zu kommen, um sich zu überzeugen wie die Grenzsteine liegen.

Die Alpini, von denen einer etwas Deutsch sprach, blieben bei unseren Soldaten zurück und besuchen unsere "Villa", wechselten ihre Kopfbedeckungen mit den Unserigen und tauschten Tabak aus. Ihre Uniformen sahen recht praktisch aus, ihr Schuhwerk war aber für den Gebirgsdienst ebenso untauglich wie unser Käppi. Als der Major zurückkam, gab's einen kurzen, herzlichen Abschied..."


Habe ebenso einige Erinnerungen eines Hauptmanns vom Dienst auf der Dreisprachenspitze gefunden, muss das aber erst eintippen.
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