Zur Thematik der Dreisprachenspitze und den Grenzzwischenfällen:
Die Dreisprachenspitze war ein heikles Terrain wo die Schweizer Truppen auf Grenzwache den kämpfenden Parteien Italien-Österreich gefährlich nahe waren. Die italienischen Stellungen waren aufgrund der Geländerverhältnisse vorteilhafter als diejenigen der Österreicher. Letztere hatten einige ihrer Positionen sehr nahe an der Schweizer Grenze (das Lempruchlager war in Rufweite). Diese besondere Stellung machten sich die Österreicher zu nutzen. Ein Posten in einer solchen Stellung nahe an der Schweizer Grenze galt als Lebensversicherung.
Ein Schützengraben wurde offiziell "Schweizergraben" genannt, wobei auch die Bezeichnung "Paradegraben" bekannt war, weil dort höhere Militärs relativ gefahrenfrei Frontbesuche absolvieren konnten. Im September 1917 besuchte dort sogar Kaiser Karl I. seine Mannen an der Front. Die Italiener störten aber gelegentlich die Sicherheit dieses Abschnitts. Zuweilen belegten sie die Dreisprachenspitze mit Feuer, wobei meist auch die Schweizer Soldaten an der Grenze Deckung suchen mussten in ihren nördlich den österreichischen Stellungen liegenden Gräben.
Das italienische Feuer musste teilweise über Schweizer Boden hinweg erfolgen um die Gräben der Österreicher zu treffen. Auf Schweizer Boden lag auch das Hotel Dreisprachenspitze, welches im Besitz der österreichischen Familie Karner war. Damals diente das Hotel als Kantonnement für eine halbe Schweizer Kompanie. Als ein Feldgeistlicher auf der Dreisprachenspitze für rund dreissig Glarner Soldaten im Rahmen eines Gottesdienstes predigte, lauschten auch mehrere Hunderschaften Österreicher seinen Worten und entblössen am Schluss auch ihr Haupt um am Gebet teilzuhaben.
Dies illustriert die räumliche Nähe der Truppen entlang der Grenzlinie. Beim Hotel Dreisprachenspitze ereignete sich am 4.Oktober 1916 auch ein folgenschwerer Vorfall. Während die Österreicher Kaisergeburtstag feierten, eröffneten die Italiener zur Mittagszeit heftiges Gewehr- und Maschinengewehrfeuer vom Laghetto alto und der Resestellung her. Zahlreiche Kugeln schlugen auf Schweizer Boden und in die Sandsäcke beim Hoteleingang ein. Dort traf eine Kugel die Schweizer Schildwache, den 23jährigen Füsilier Georg Cathomas aus Ems.
Cathomas war beim Bündner Bataillon 91 eingeteilt, tat aber um im Winter sein Studium fortsetzen zu können gastweise Dienst beim Glarner Bataillon 85. Ein Projektil aus den italienischen Stellungen durchschlug einen Oberarm und drang in den Brustkorb des Schweizer Wehrmanns ein. Cathomas blutete aus dem Mund als ihm die in der Nähe liegenden österreichische Soldaten erste Hilfe leisteten, was die Helfer irrtümlich einen Kopfschuss vermuten liess. Allerdings kam jede Hilfe zu spät, Cathomas starb um 13.55 Uhr auf seinem Posten.
Der Vorfall führte zu Auseinandersetzungen auf diplomatischem Parkett zwischen der Schweiz und Italien. Der Schweizer Generalstabschef von Sprecher forderte die Neutralisierung des Frontbereiches. Österreich wäre dazu bereit gewesen, aber Italien war nicht gewillt seine günstigen Stellungen aufzugeben. Man einigte sich auf den Kompromiss die österreichischen Stellungen nahe der Grenze nicht länger zu beschiessen, wobei sich Italien ausbat dass diese Bereiche wie etwa der Schweizergraben vom Gegner nicht weiter zu Kampfhandlungen genutzt werden dürfe.
Schweizer Wehrmänner und österreichische Soldaten auf der Dreisprachenspitze.
Eine Fotographie aus der Publikation "Unser Volksheer in Wort und Bild", erschienen 1923 im Verlag Grethlin & Co, Zürich