Krankheiten der Zeit

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Krankheiten der Zeit

Beitragvon Napoleon am Mi 29 Nov, 2006 12:21

Ich habe gerade heute einen Bericht gelesen das Syphilis wieder auf dem Vormarsch ist. In diesem Jahr gab es schon mehr als 900 Fälle in der Schweiz!

Deshalb dachte , schau mal nach, das gibts sicher schon lange, und ich habe folgendes gefunden.

1495 trat die Syphilis zum ersten Mal bei der Belagerung Neapels durch den französischen König Karl VIII. auf. Daraufhin überzog innerhalb von fünf Jahren eine Syphilis-Epidemie ganz Europa. Den Verlauf ihrer Ausbreitung kann man an den Namen erkennen, die die verschiedenen Völker ihr gaben, je nachdem, wo man die Quelle der Ansteckung vermutete:

Italien: Französische oder keltische Krankheit
Frankreich: Italienische oder neapolitanische Krankheit
Spanien: Französische Krankheit
England: Französische Krankheit
Schottland: Englische Krankheit
Deutschland: Französische Krankheit
Polen: Deutsche Krankheit
Ungarn: Französische Krankheit
Russland: Polnische Krankheit
Mongolei: Russische Krankheit
Japan: Chinesisches Himmelsstrafengeschwür
Türkei: Frengi - Fränkische (Französische) Krankheit

Nach der Kolumbus-Theorie wurde die Syphilis von Christoph Kolumbus bzw. seinen Matrosen eingeschleppt, als er 1493 nach der Entdeckung Amerikas 1492 nach Europa zurückkehrte. Diese Kolumbus-Theorie ist jedoch umstritten. Der Engländer Simon Mays beispielsweise begründet eine präkolumbianische Theorie auf Knochenfunde, die auf die Zeit von 1296 - 1445 datiert wurden. Spezifische Veränderungen an den Knochen lassen seiner Ansicht nach mit großer Sicherheit auf eine Infektion mit Syphilis schließen. Die bedeutendsten Funde dieser Art stammen aus Riverhall, Essex in England. Demnach trat die Syphilis also bereits deutlich früher als 1495 zuerst in England auf. Es gibt weitere Hinweise, dass die Syphilis in einer harmloseren Form, als Hautkrankheit, schon im alten Griechenland oder im präkolumbianischen Amerika existierte.

Die südamerikanischen Indianer verfügten über eine kombinierte Syphilistherapie, die ihnen in der Regel auch Heilung verschaffte, denn die Krankheit verlief bei ihnen weniger schwer als bei Europäern. Sie verwendeten Abkochungen aus dem Holz oder der Rinde des Guajakbaumes (Guaiacum officinale und G. sanctum) oder der Sarsaparillewurzeln (Smilax regelii u.a. Arten) in Kombination mit einem Schwitzbad und einer Fastenkur. Das Schwitzbad, dem sich die Indianer nach Einnahme von Guajak unterzogen, bestand in einer gezielten Heißbedampfung der äußeren Genitalien. Der Humanist Ulrich von Hutten hat diese Methode im Selbstversuch erprobt und in seinem 1519 erschienenen Werk "De guajaci medicina et morbo gallico liber unus" beschrieben. Tatsächlich trat durch die Behandlung zeitweilig eine Verbesserung ein.

Das Wort "Syphilis" geht auf ein 1530 veröffentlichtes Gedicht des venezianischen Gelehrten Girolamo Fracastoro mit dem Titel Syphilis sive morbus gallicus zurück, das die Geschichte des unter der Krankheit leidenden Schweinehirten Syphilis (verballhornt aus dem Griechischen, svw. "Schweinefreund") erzählt.

Um 1900 fand man heraus, dass Treponema pallidum Temperaturen von über 41 °C nicht überlebt. Daraufhin infizierte man Syphiliskranke absichtlich mit Malaria. Häufig genügten die hohen Malariafieberschübe, den Syphiliserreger abzutöten (Malariatherapie). Die Risiken und Nebenwirkungen waren nicht unerheblich, einer tertiären Syphilis waren sie jedoch durchaus vorzuziehen. 1909 entwickelt Paul Ehrlich Salvarsan, ein weniger giftiges, aber wirksames arsenhaltiges Mittel.

Die Reinzüchtung des Syphiliserregers gelang 1911 erstmals dem japanischen Bakteriologen Noguchi Hideyo.

Die Syphilis wurde bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem hochgiftigen Quecksilber behandelt, mit dem man den Körper des Erkrankten großflächig bestrich, was gewöhnlich zu einem vollständigen Ausfall der Körperbehaarung sowie sämtlicher Zähne führte und den rapiden Verfall sämtlicher Körperfunktionen einleitete.

Einer der größten Medizinskandale der USA war die Tuskegee Syphilis Study im Ort Tuskegee im US-Staat Alabama, in dem etwa 400 schwarze und gleichzeitig meist arme und analphabetische Einwohner mit bekannter Syphilis bewusst nicht mit dem zur Verfügung stehendem Penicillin behandelt wurden, um die Spätfolgen der Infektion beobachten zu können. Die beobachteten Personen wurden nicht über die Studie informiert und auch nicht darüber, dass in der Zwischenzeit eine effektive Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stand. Die „Studie“ begann im Jahre 1932 und endete erst 1972, als Einzelheiten an die Öffentlichkeit durchsickerten.
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