von Parabellum am Mo 24 Mär, 2008 14:45
Die Situation von 1798 und 1939/45 ist nicht zu vergleichen. Napoleons Untertützung in der Schweiz war sehr gross. Die Untertanengebiete, gemeinen Herrschaften und die Landbevölkerung begrüsste die Franzosen zuerst mit Blumen und freudigen Tänzen. Vor allem kamen die Revolutionstruppen mit den Versprechungen einer besseren Welt und einer freien Gesellschaft - das sich dann nachtäglich alles als etwas anders herausstellte und es vor allem darum ging, Napoleons Ehrgeiz mit dem Vergiessen von Unmengen von Blut zu befördern, änderte sich die Meinung schnell. Dass man mit einer entschlossenen Haltung die Franzosen besiegen konnte bewiesen die Berner bei Neuenegg. Aber die Obrigkeit war schon morsch (Peter Ochs!) und fürchtete sich vor der Revolution der eigenen Bevölkerung - da war nichts mehr zu gewinnen.
Im 2. WK hingegen war die Entschlossenheit der Bevölkerung jedem Angriff zu trotzen ungebrochen. Die meisten von uns können sich das in unserer Welt voller Bequemlichkeit gar nicht mehr vorstellen, wie druchdrungen das Volk vom Willen zu trotzen war. Bei der Reduitstrategie ging es nicht darum, den Krieg in den Bergen zu überstehen und sich aushungern oder nicht aushungern zu lassen. Es ging dabei um einen finalen Verteidigungskampf bei dem nach dem Prinzip der verbrannten Erde das Resultat eines Angriffes auf die Schweiz die totale Vernichtung aller nützlichen Ressourcen (Energiegewinnung, Verkehrsinfrastuktur) gewesen wäre. Darin war Guisan der geniale Stratege. Er hatte erkannt, wie Hitler denkt und funktioniert - totale Selbstvernichtung um sämtliche Ressourcen dem Reich zu entziehen, das war die Sprache, die dieser Irre verstand. Es war ein "Ritt auf der Rasierklinge" - der Absturz wäre jeden Moment möglich gewesen. Aber der kleine General und sein kleines Volk drohten dem Gegner sich sozusagen in die Luft zu sprengen, wenn es zum Angriff komme - und das war es, was im Zusammenwirken mit den Vorteilen, die eine intakte Schweiz auch für das 3. Reich hatte, schliesslich dazu führte, dass alle Pläne anzugreifen schubladisiert wurden.
Es geht jetzt nicht darum überheblich zu sein, aber kein Land Europas hatte im Vorfeld und während des Krieges so entschlossen den Willen sich zu verteidigen und allenfalls die Vernichtung hinzunehmen demonstriert wie die Schweiz(leider). Chamberlain (als Regierungschef) kroch Hitler geradezu in jede sich bietende Körperöffnung um das kleinste Friedenszugeständnis zu erhalten *) - nur Churchill war entschlossen zum Kampf. Nach Dünkirchen war er der einzige Spitzen-Politiker, der als Premier in Frage kam, nachdem er sich seit 1933 ununterbrochen öffentlich als Feind Hitlers blamiert hatte. Selbst die französische Regierung sass wie das Kaninchen vor der Schlange und schaute einen Winter lang untätig zu, wie Polen zerbombt wurde. Von den Kleinstaaten gar nicht zu reden, diese versuchten mit Nichtangriffspakten (Dänemark, Norwegen) und Demobilmachung der Armee Hitler zu besänftigen. Und zu guter letzt Stalin - noch vor Kriegsbeginn liess er drei von fünf Marschällen der Sowjetunion, 13 Generäle und über 5000 Offiziere in Schauprozuessen öffentlich verurteilen und hinrichten. Wenn eine solche Schwächung der eigenen Armee nicht geradezu als Einladung zum Angriff betrachtet werden muss.
*) Appeasement ist noch heute eines der übelsten Schimpfwörter der engl. Sprache.
Si vis pacem, para bellum!