Die norwegische Widerstandsbewegung.
Teil1
Der Kampf der Widerstandsbewegung und Partisanen war aber von Land zu Land verschieden, so kann zb, die norwegische Widerstandsbewegung nicht mit italienischen Partisanen oder Partisanen auf dem Balkan verglichen werden. Ich werde hier einiges zum Thema norwegische Widerstandsbewegung veroeffentlichen. Aus Gruenden der Uebersichtlichkeit werden sie von mir in einzelnen Beitraegen hier eingestellt.
Wenn man ausserhalb von Norwegen wohnt, so beschraenkt sich das Wissen um die hiesige Widerstandsbewegung gewoehnlich auf zwei Filme. Erstens : Helden der Telemark, wo es um die von England gesteuerte Sabotage gegen die Produktion von schwerem Wasser handelt. Und Max Manus , auf diesen Film gehe ich weiter unten ausfuehrlicher ein. In beiden Filmen wird dem Zuschauer das Bild einer schlagkraeftigen und efektiv arbeitenden Widerstandsbewegung vermittelt. Dieses Bild wird z. B. teilweise auch vorbehaltlos von reenactors uebernommen. Siehe hierzu im : WWII Reenacting .co .uk Forums. Hier ein link zum Beitrag "Norwegian Ressistance"
http://www.wwiireenacting.co.uk/forum/v ... 32&t=54850 Meine Absicht ist es, mit folgenden Beitraegen einen kleinen Blick hinter diese Kulissen zu werfen. Wenn man laenger in einem anderen Land (naechstes Jahr werden es bei mir 8 Jahre) lebt , so bekommt man auch im Laufe der Zeit einen besseren Einblick und Zugang zu dessen Historie. Wie in anderen Nationen wird auch hier die Geschichte des WKII von juengeren norwegischen Journalisten und Historikern neu aufgearbeitet und bewertet. Das stoesst natuerlich nicht ueberall auf Gegenliebe, wie ihr in den folgenden Berichten lesen koennt.
Einige von euch haben vielleicht schon den Film ”Max Manus gesehen, der seit Anfang des Jahres auch bei euch in Deutschland und der Schweiz zu sehen ist. Als der Film im Dezember 2008 hier in Norwegen Premiere hatte,gab es nicht nur positive Meinungen in der norwegischen Presse. Die ”Aftenposten” eine ueberregionale und anerkannte Tageszeitung schrieb am 13.12.2008 einen sehr kritischen Bericht.
http://www.aftenposten.no/meninger/kron ... 822127.ece Hier eine Uebersetzung des Artikels:
Der norwegische Einsatz waehrend des 2. Weltkrieges war armselig. Machte es die Widerstandsbewegung nicht noch schlimmer?
Der Bericht von Erling Fossen hat viele provoziert, aber er wird auch von den Lesern unterstuetzt.
Nachdem der Chef des Norwegischen Widerstandsmuseums, Arnfinn Moland, in seinem Buch ”I hemmelig tjeneste” 2001, (Im geheimen Einsatz) es schaffte, einen britischen Historiker aufzuspueren, der in seinen Buechen ueber Special Operations Executive (SOE) schrieb, dass die Oslogruppierung ”die beste Sabotagetruppe” in Europa war, hat die Glorifizierung der Widerstandsbewegung staendig neuen Hoehen erreicht. Im Herbst haben wir u. a. im Buch ”Det var her det skjedde”, (Hier geschah es), Dinamo Verlag von Ottar Samuelsen nachgeschlagen, weil die Widerstandsbewegung in dem Film Max Manus, der eine Woche vor Weihnachten Premiere hatte, in den Stand des goldenen Kalbes gehoben werden sollte.
Die Leser meinen:
"Fossen macht einen ernsthaften Fehler. Ein starkes konventionelles norwegisches Militaerwesen am Anfang des Krieges haette nur bedeutet, dass noch mehr Norweger mit dem Leben bezahlen haetten muessen."
Nur eine Feststellung: Widerstandskampf ist ein brutaler Kampf und zieht die Zivilbevoelkerung sehr viel mehr in Mitleidenschaft als die Kriegsparteien. Wenn wir das Kapitel ueber Landkriegsfuehrung in der Haag-Konventionen von 1907 penibel interpretieren, ist der norwegische Widerstandskampf eigentlich ein Kriegsverbrechen, weil ein Soldat seine Uniform tragen soll (in diesem Fall die norwegische) und sich nicht als Zivilist tarnen soll und seine Waffen offen tragen soll. Es wird damit beabsichtigt, zwischen kriegsfuehrungden Parteien und Zivilisten zu unterscheiden, um die Zivilbevoelkerung zu verschonen.
Zivilbevoelkerung betroffen
Der norwegische Widerstandskampf ist voll von Beispielen, wo die Zivilbevoelkerung hart getroffen wurde. Eins der schlimmsten Beispiele war das Dorf Telavåg in Hordaland, wo zwei Sipo-Offiziere im Kampf mit Linge-folk (Widerstandsbewegung) getoetet wurden. Zur Strafe wurde das ganze Dorf von Deutschen zerstoert. Die Maenner wurden ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht, wo 31 von 72 starben. Die uebrige Bevoelkerung wurden fuer den Rest des Krieges in Norwegen interniert, und saemtliche Haeuser wurden gesprengt, Boote weggebracht und Haustiere getoetet.
Am Tag, an dem die Sipo-Maenner begraben und Telavåg zerstoert wurde, wurden 18 junge Maenner auf Trandum als Strafe fuer einen ”Hinterhalt” erschossen. Ein weiteres Beispiel ist Arnøy in Troms, wo 22 Deutsche und drei Partisanen nach einem Feuergefecht im August 1943 gefallen sind. Die Dorfbevoelkerung wurde dafuer verantwortlich gemacht, dass sie die Partisanen unterstuetzt bzw. nicht gemeldet hatten. Resultat? 8 Maenner wurden hingerichtet und 16 Maenner und Frauen wurden ins Zuchthaus gebracht.
Die Leser meinen:
"Die Widerstandsbewegung hat einen Keim fuer unseren eigenen Stolz gelegt, fuer uns, die wir uns mit dieser Nation identifizieren. Erling Fosssen, auf welcher Seite stehst du eigentlich?"
Verschleierung
Hauptgrund der Glorifizierung der Widerstandsbewegung ist, den unzureichenden norwegischen Kriegseinsatz zu verschleiern. Norwegens konventionelle Kriegsfuehrung war genaugenommen laecherlich schwach. Die Verteidigung war in einem desolaten Zustand nach Jahren der Abruestung, und bestand in Wirklichkeit aus Reibeisen, Fetzen und Soldaten, die kaum vorne und hinten bei einem Gewehr unterscheiden konnten.
Es dauerte 2 Monate, ein Land zu besetzen, das wie geschaffen ist fuer einen Guerillakrieg nach afghanischer Methode. Das oede und wenig bewohnte norwegische Territiorium kann man unmoeglich kontrollieren. Noch schlimmer ist, dass die Deutschen nur ca. 800 Mann benoetigten, um die Hauptstadt zu besetzen. Die norwegische Kriegsgeschichte stellt eindeutig in den Mittelpunkt, dass unsere beiden Kanonen ”Aron” und ”Moses” (Anm. d. Uebers.: Aron, Moses und Josua waren deutsche Kanonen von Krupp aus Essen, BJ 1892) auf Oscarsborg es schafften ein Scheunentor zu treffen, also den Kreuzer ”Bluecher”, (Anm.: die Bluecher lag im Oslofjord bei Drøbak) aber es wurde wenig darueber geschrieben, dass die Invasion aus diesem Grund nicht verhindert wurde, selbst wenn ca. 7000 deutsche Soldaten, die fuer Oslo bestimmt waren, umkehren mussten. Die restlichen 800 Soldaten, die mit dem Flugzeug kamen, genuegten dafuer, dass die ganze Regierung und das Heer Hals ueber Kopf flohen. Kaum ein Schuss wurde abgeschossen, bevor die deutschen Soldaten die Karl-Johans-Gate (Anm.: Hauptstrasse in Oslo vom Hauptbahnhof zum koeniglichen Schloss) entlangmarschierten.
Die Leser meinen:
"Ist es heutzutage ueblich, wenn Norwegen besetzt wird, dass man die Feinde herzlich willkommen heisst um somit den Verlust von Menschenleben zu umgehen?"
Die Steintafeln von Moses
Es ist eine norwegische Weisheit, dass der norwegische Widerstandskampf auf der gleichen Linie steht wie die Steintafeln von Moses, die zuerst durch die Lingekompanie unter dem Komando vom britischen SOE, und danach durch Milorg (Anm.: die koenigstreue Widerstandsbewegung, die durch die westallierten unterstuetzt wurde, es gab aber auch die moskauhoerige kommunistische Widerstandsbewegung, die ohne Absprache mit Milorg und der Lingekompanie eigenmaechtige Anschlaege und Sabotageakte ausfuehrte, was von Milorg und der Lingekompanie scharf kritisiert wurde.) einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet haben, dass die Allierten den Krieg gewannen. Aber die Kommandoraids, die ein eigenes geistiges Kind von Churchill waren, hatten ihren Ursprung darin, dass die Englaender von den Deutschen in die Defensive gedraengt wurden, und alles daran setzten, dass haeufige Ueberfaelle an der norwegischen Kueste die Deutschen dazu verleiten sollten, zu glauben, dass die allierte Invasion entlang der norwegischen Kueste kommen sollte.
Es ist richtig, das zu diesem Zeitpunkt ca. 350000 deutsche Soldaten in Norwegen stationiert waren, und viele davon waren dort nur aus dem Grund, weil das deutsche Oberkommando Angst vor einer Invasion hatte. Es ist auch eine Tatsache, dass die europaeischen Laender unter der deutschen Kriegsmaschine wie ein Kartenhaus zusammengefallen waren und dass die Stiche, die den Streitkraeften der Achsenmacht bei norwegisch-britischen Sabotageaktionen beigebracht wurden, als Mueckenstiche zu rechnen waren. Aufgrund der hohen deutschen Verluste an der Ostfront ging dort die Initiative an die Sowjetunion ueber und dass war einer der Gruende dass Deutschland den Krieg verlor. Europa wurde von den USA gerettet und nicht von Kjakan Sønsteby und Max Manus.
Zu grosse Proportionen
Die Glorifizierung der Widerstandsbewegung hat viel zu grosse Ausmasse angenomen, obwohl der groesste Teil ihrer Aktionen eigentlich zu gut geglueckten Jungenstreichen zu rechnen ist. Wie damals, wo die Osvaldgruppierung Molotovcocktails in der Naehe des St. Olav Platzes (Oslo) geworfen hat und einige Dokumente dabei verbrannt sind. Ja, ok, einige Schiffe wurden im Hafen bei Filipstad gesprengt und einige unten bei Nyland. Einige Messerschmittflugzeuge wurden in der jetzigen Bjølsenhalle in der Moldegate gesprengt und einige Kugellager in der Kongens gate. Das half wahrscheinlich, die norwegische Moral aufrechtzuerhalten, und es schaffte wahrscheinlich auch Irritation bei der deutschen Okupationsmacht, aber es ist nur noch ein Beispiel dafuer, wie ziellos der Widerstandskampf ausgefuehrt wurde.
Als die Oslogruppierung es endlich schaffte, den norwegischen Nazi Karl Marthinsen, Chef der Stapo und Sipo, zu stellen, wurden 28 norwegische Widerstandskaempfer in der Akershus Festung hingerichtet. Da die Kommunisten in der Osvaldgruppe gegen Quislings Staatspolizei in der Henrik Ibsens gate im Jahr 1942 agieren sollten, wurde einer von Quislings Folterknechten exikutiert, waehrend alle Mitglieder der Osvaldgruppe, ausgenommen des Anfuehrers Asbjørn Sunde, gefangengenommen und hingerichtet wurden.
Die Leser meinen:
"Es ist unser gutes Recht, zu provozieren. Wenn es aber auf eine uebertriebene, unsachliche Art geschieht, faellt dies auf die eigene Unzulaenglichkeit zurueck. Alle, die mehr wissen, als das was Fossen schreibt, finden seinen Beitrag laecherlich."
Verherrlichung des Nachrufes
Die Widerstandsbewegung machte das, was ihr befohlen wurde, teilweise mit betraechtlichem Glueck, und kann nicht kritisiert werden, fuer das, was sie getan hat. Das krankhafte Bild entstand erst in der Zeit danach, wo man den Nachruf verherrlichte und behauptete, dass Norwegen mit Hilfe von der Oslogruppe und anderen Gruppen wie Pellegruppe und Osvaldgruppe, beinahe eigenstaendig den Krieg gewonnen haetten.
Ottar Samuelsen geht in seinem Buch: ”Hier geschah es” noch weiter. Er umschrieb den schmutzigen Widerstandskrieg wie einen spannenden Roman fuer Jungen in jedem Alter. Er schreibt in Gegenwart und vermittelt Stimmungen und Gedanken ueber die allermeisten Aktionen, die in Oslo stattfanden, und seine Erzaehlerstimme vermittelt den Eindruck, dass er selbst dabei war. Bei einer so unkritischen Heldenverehrung wird einem nur schlecht.
Die Leser meinen:
"Es hat mich immer irritiert, dass die norwegische Oeffentlichkeit und die Schulen, das Bild ”der allzeit bereiten Jungen im Wald” fokusiert haben. Die Tatsache, dass deren Einsatz die Okkupation nicht um eine Sekunde verkuerzt hat, wird totgeschwiegen. Das ist auch dahingehend gefaehrlich, weil es ein falsches Geschichtsbild vermittelt, indem nicht verstaendlich gemacht wird, dass im Grunde Bedarf fuer eine glaubwuerdige Verteidung vorhanden war."
Besessen vom Krieg
Jeder einzelne Schuss, der im 2. Weltkrieg auf norrwegischem Boden abgegeben wurde, wurde mittelerweile mehr als einmal dokumentiert. Unsere Besessenheit von diesem Krieg muss endlich ein Ende haben. Norwegen muss akzeptieren, dass einige Lausbubenstreiche, ausgefuehrt von jungen Maennern, nicht einen schwachen Kriegseinsatz aufwiegen koennen. Vielleicht ist es ein fuer alle Mal an der Zeit, die Vorstellungen von Norwegern als kriegerische Wikinger zu begraben, und lieber den alten Kinks Refrain zu singen: ”I`m a lover not a fighter”.
Hier noch einige Links zum Film und der Produktion, der uebrigens bis jetzt das groesste Filmprojekt hier in Norwegen war.
http://www.youtube.com/watch?v=WbK4WTQFf9U http://www.youtube.com/watch?v=4GY8QzlV ... re=related http://www.youtube.com/watch?v=FjXzeHBy ... re=related http://www.youtube.com/watch?v=xLWLliDx ... re=related http://www.youtube.com/watch?v=fboJDYUn ... re=related Dazu auch ein Auszug aus dem Buch ”Der freundliche Feind, Wehrmachtssoldaten im besetzten Europa” (Die Autorin Ebba D. Drolshagen ist uebrigens Halbnorwegerin.)
Doch die Mythen leben nicht nur weiter, sie werden auch weiter poliert. Im Fruehjahr 2008 lief in Daenemark der teuerste daenische Film aller Zeiten an und wurde sofort zu einem grossen Erfolg. Er handelt von zwei Legenden des Widerstandes gegen die Deutschen -Bent Faurschou-Hviid und Jørgen Haagen Schmith, genannt Flamme & Citron (so auch der daenische Filmtitel, auf deutsch heisst er Tage des Zorns). Bemerkenswerterweise wirft dieser Film ein durchaus kritisches Licht auf einige wichtige Akteure der daenischen Widerstandsbewegung, die Flamme & Citron uebergeordnet waren. Gerade als dieser Film in Daenemark in die Kinos kam, begannen in Norwegen die Dreharbeiten zum teuersten norwegischen Film aller Zeiten. Auch er handelt von einer legendaeren Gestalt des Widerstandes : Max Manus (so auch der Titel des Films). Anders als Flamme & Citron, fuehrt dieser Film die in Norwegen tradierten Heldenmythen ungebrochen weiter.....
Zuletzt geändert von Ormen Lange am Sa 20 Nov, 2010 20:41, insgesamt 1-mal geändert.