von 14-18 am Sa 26 Nov, 2005 22:37
Hallo Lucky Jack,
muss mich jetzt auch noch einmischen:
Habe hier das Soldbuch + Feldpost eines WH-Soldaten rumliegen, der laut Dienststempeln beim "Oberkommando Saloniki-Agäis" stationiert war. Ist nicht witzig, was von dort alles an Informationen eines Veteranen rüberkam. Er empfand es höflich ausgedrückt nicht als erbaulich, aus dem Hinterhalt von nicht als Kombattanten erkennbaren Leuten beschossen zu werden und "live" anhören zu dürfen, wie verwundete Kameraden nicht starben, sondern hinter einer Deckung mittels kleiner Feuerchen gestorben wurden. Das reichte mir für mehrere Tage.
Soll aber keine Ausrede dafür sein, hinterher Zivilisten zu ermorden. Auch die GI´s waren nicht emotionslos, als z.B. in der Normandie sich ergebende WH-Soldaten einer amerikanischen Form der Endlösung des Problems zugeführt worden sind.
Mein Grossvater war übrigens drüben (Granville, 715 Inf.-D. (Besatzungsdivision mit "alten" Leuten = Familienvätern), damals 41 Jahre alt, vier Kinder daheim), hatte aber das "Glück", rechtzeitig an die Ostfront zu dürfen. Kam nach ein paar Jahren dann auch tatsächlich wieder heim.
Mein anderer Grossvater war als Lokführer unabkömmlich gestellt. Trotzdem wurde ihm zweimal die Lok "unter´m Arsch" weggeschossen, einmal im Rangierbetrieb in Weil, und einmal mit einem zivilen und besetzten Personenzug im Wiesental direkt hinter Lörrach. der Weiler Jabo flog übrigens über die Schweiz an.
Eine Tante wurde von einem heldenhaften (?) US-JaBo auf der Landstrasse hinter Haltingen erwischt, als sie einen Handwagen mit etwas Obst vor sich herschob. Den Kindern reichte es noch in den Deckungsgraben.
Ordonnanz:
Habe Kontakt zu einem ehemaligen Angehörigen der Leibstandarte. Der war nicht ab November ´44 freiwillig dort, sondern verfiel dem Heldenklau, weil er 18 Jahre alt wurde + "tauglich 1" war. Pünktlich am Geburtstag war er dabei, und ohne grosse Ausbildung nach 14 Tagen an der Ostfront, gleich erste Linie. In Ungarn schwer verwundet, aus dem Lazarett von den Amerikanern rechtskräftig in die Heimat entlasssen, hier von den Franzosen nach der Genesung aus dem Zivildasein !!! wieder als Kriegsgefangener eingefangen und zwei Jahre damit beschäftigt, bei Baden-Baden die Wälder abzuholzen.
Es ist richtig, dass zu Kriegsbeginn die Totenkopfverbände sich vor allem aus der Allgemeinen SS rekrutierten. Später aber wurde jeder dorthin kassiert, wie das Ersatzheer Menschen stellen konnte. Gegen Kriegsende waren Versetzungen z.B. von Luftwaffen-Bodentruppen zur SS - auch zu den KZ-Bewachungstruppen - normaler Dienstbetrieb. Freiwillige Meldung war nicht mehr erforderlich.
Aber haben nicht alle kriegsbeteiligten Länder auf irgendeine Art und Weise sich schuldig gemacht? (Auch dies soll nicht der Ansatz einer Entschuldigung für unrechtmässige Handlungen von deutscher Seite sein).
Bei objektiver Betrachtung vollbrachten auch eine Unzahl anderer Länder in diesem und/ oder in anderen Kriegen Tod und Verderben über diejenigen, gegen welche sie Krieg führten. Das trifft nicht nur die "bösen Deutschen" oder die "bösen Roten" hinter´m Zaun, sondern aus heutiger Sicht auch "gute" Westmächte wie zum Beispiel die USA und Frankreich. Gerade die USA waren in -zig Kriegen alles andere als zimperlich. Erfunden haben die KZ die noblen Briten im Burenkrieg (wobei unstrittig ist, dass eine andere Kultur diese Idee ins Perverse steigerte).
Jeder Krieg ist schlecht, egal wer ihn wo auch immer gegen wen auch immer führt. Zur Befreiung von Hussein gehört auch Abo Ghoreib. Bitte nicht vergessen, dass zu den Jubelfahrten im Rahmen der Befreiung durch Belgien auch die zeitgleichen Bombennächte der Zivilbevölkerung im Reich gehören. Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass 2.WK.-Re-enactment auch der "Gewinner-Seite" in D nicht unbedingt auf Verständnis stösst.
Besser daran arbeiten, dass solch ein Krieg nie wieder passieren kann.