von troupier suisse am So 14 Okt, 2007 14:45
Hier habe ich noch einige Informationen zur Geschichte der militärischen Besetzung der Dreisprachenspitze.
Der Stabschef der Schweizer Armee, Theophil Sprecher von Bernegg, hielt bereits im August 1914 fest dass die Bevölkerung des Münstertales beunruhigt sei, da es jenseits der Grenze bei Bormio Konzentrationen von italienischen Truppen gäbe. Sprecher äusserte den Verdacht, dass die Italiener einen günstigen Zeitpunkt suchten um Österreich anzugreifen und dass dabei Schweizer Territorium im Münstertal betreten werden könnte. Aus diesem Grund gab er Anweisung, den Grenzabschnitt zwischen Dreisprachenspitze und Ponte di Rims beobachten zu lassen.
Vorab wurde eine Kompanie Infanterie ins Münstertal geschickt. Das Armeekommando ordnete am 20.August mit einem Telegramm das Vorschieben starker Aufklärungsabteilungen an, um die Verhältnisse am Stelvio und die Vorgänge an der Grenze zwischen Österreich und Italien beobachten zu können. Die genannte Kompanie bezog in Sta.Maria ihr Kantonnement. Von hier aus wurden die Posten an der alpinen Grenze besetzt. Ab der zweiten Septemberhälfte 1914 bis in den Januar 1915 lagen hier Kompanien des Bündener Gebirgs Infanterie Bataillon 92 vom Gebirgs Infanterie Regiments 36.
In dieser Zeit wurden erste Verteidigungsanlagen gebaut. Mit der Kriegserklärung Italiens an Österreich am 23.Mai 1915 trat der Kriegsfall zwischen den beiden Nachbarn der Schweiz ein. Während italienische Truppen die Gipfel um den Monte Scarluzzo besetzen, richten sich österreichische Einheiten auf dem Massiv um den Ortler ein. Anstelle der abdetachierten Kompanien befahl Generalstabschef Sprecher umgehend die Besetzung des Münstertals mit mindestens einem Bataillon. Je eine ganze Kompanie sollte die Dreisprachenspitze und den Osthang des Piz Umbrail besetzen.
Die beiden Kompanien hart an der Grenze sollten sich zur Verteidigung einrichten. Die Detachemente zuvor waren ja jeweils nur zur Beobachtung dort. Die Schweizer Grenze war vom Rötelspitz über die Dreisprachenspitze bis zum Piz Umbrail durch einen Drahtzaun zu sperren und kenntlich zu machen. Zugleich wurden Genietruppen in die Region geschickt um möglichst rasch Unterkünfte für 500 bis 600 Mann zu schaffen. Es entstanden Baracken die auf Namen wie "Staffelegg", "Langer Fritz", "Seldwyla" oder "Papiermühle" getauft wurden. Letztere diente als Kommandoposten.
Auf der Passhöhe wurden unter anderem ein Lazarett, ein Kiosk und zwei Küchen mit Warenlager eingerichtet. Eine halbe Kompanie konnte praktischerweise im bereits genannten Hotel Dreisprachenspitze untergebracht werden, also unmittelbar an der Grenze. Der Grenzdienst im Hochgebirge war hart. Am 15.November 1915 gerät eine Patrouille unterwegs vom Punta di Rims nach Umbrail Passhöhe in eine Lawine, wobei ein Wehrmann rund 800 Meter mitgerissen wird. In der Nacht vom 4. zum 5.Juli 1916 deckt ein heftiger Sturm Hüttendächer ab und verwüstet Latrinenhäuschen.
Am 1.März 1917 sind fast alle Hütten so tief eingeschneit, dass nur noch die Kamine aus der Schneedecke ragen. Schneetunnel mussten den Zugang sichern. Am 26.Juli 1916 besucht General Ulrich Wille seine Truppen auf dem Umbrail. Um eine reiche Tafel zu bieten, holte man beim Kloster Münster die Genehmigung zum Fischen im Rimersee ein. Die von den Wehrmännern geangelten Forellen wurden beim Diner in der Soldatenstube nach der Inspektion serviert. Da das Wetter schlecht war, verzichtete der General auf eine Visite des Postens Dreisprachenspitze und reiste gegen 15.00 Uhr wieder ab.
Als Quelle empfehle ich:
David Accola, Hans Rudolf Fuhrer
Stilfserjoch-Umbrail 1914-1918
GMS-Schriftenreihe
Heft Nummer 20
1997
Ferner habe ich noch Einzelberichte gefunden in:
"Die Grenzbesetzung 1914-1918, von Soldaten erzählt"
Erschienen 1933 im Verlag Eugen Rentsch, Erlenbach Zürich
Und zur Grenzbesetzung an der Südfront (ab Seite 254):
Daniel Sprecher
Generalstabschef Theophil Sprecher von Bernegg
NZZ Verlag
2000
Die Welt ist eine Bühne, aber das Stück ist schlecht besetzt. (Oscar Wilde)