von Major Kusanagi am Mi 12 Okt, 2005 19:02
Hallo Schlumpf. Hier kommt was ich über Vully und Murten gefunden habe.
Theophil Sprecher, Chef des Schweizerischen Generalstabs während der Grenzbesetzung 1914-1918, fasste die Aufgabe der Fortifikation Murten folgendermassen zusammen. Der Weg über den Zihlkanal sei die kürzeste Einfallsroute von Frankreich her ins Herz der Schweiz. Er mutmasste gar, dass die schnellen Truppen eines Angreifers bereits am Tag 2 nach der Überschreitung der Grenze bei Neuchâtel vor Bern stehen könnten, wo sie die Mobilmachung eines bedeutenden Teils der Schweizer Armee vereiteln könnten.
Aus diesem Grunde sei ein Sperriegel an der Zihl besonders geeignet um einem derart gefährlichen Vorstoss auf Bern vorzubeugen. Bereits um die Jahrhundertwende machte sich daher die Armeeführung Gedanken über die Verteidigung dieser Region. 1904/05 entstanden am Zihlkanal drei Schanzen und eine Positionsbatterie für 12cm Geschütze auf dem Jolimont. Diesen ersten Bauten folgte nichts weiteres bis 1914 der Krieg ausbrach und die Zeit der "Fortifikation Murten" anbrach - eine von drei grossen improvisierten Feldbefestigungen jener Tage in der Schweiz.
Im Raum Murten wurde die Linie Zihlkanal - Vully - Murten - Salvenach - Laupen behelfsmässig befestigt. Sinn der Verteidigungsanlagen war die Sicherung von Bern gegen Angriffe die über die Zihl kamen oder aus der Waadt zu befürchten waren, also klar gegen Frankreich gerichtet. Zugleich sollte für die Schweizer Armee bei Operationen östlich der Saane oder nördlich des Bielersees die Bewegungsfreiheit durch derart befestigte Flanken gesichert werden. General Ulrich Wille ordnete an, dass der Ausbau derart voranzutreiben sei dass die Feldbefestigungen in rund zwei Wochen verteidigungsfähig sein sollten.
Der Befehl des Generals stellte sich bald als etwas realitätsfern heraus, da man nun mal keine Festungen in 14 Tagen aus dem Boden stampfen kann, insbesondere dann nicht wenn gewisse Schutzbauten aus Beton erstellt werden mussten. Dazu gesellte sich noch ein zuvor kaum beachtetes Problem - niemand hatte sich allzusehr Gedanken darüber gemacht, dass Verteidigungsanlagen in der Norm von grosszügigen Verhauanlagen umgeben werden mussten, um dem Feind die Annäherung zu erschweren. Und dann war da noch das Problem des freien Schussfelds.
Verschanzte Infanterie und noch mehr Artillerie brauchten freies Schussfeld, dem aber vielfach ausgedehnte Waldstücke im Weg standen. Das Abholzen von Wäldern hatte der Generalissimus aber am 25.August 1914 per Befehl verboten. In der Folge wurden Schützengräben und Stützpunkte nicht dort angelegt wo sie taktisch am sinnvollsten waren, sondern oftmals an Waldrändern, was zuweilen höchst zweifelhafte Schöpfungen ergab. Am Mont Vully entstanden damals vier Stützpunkte, zwei Beobachtungsposten und zwei Artilleriestellungen.
Um die Sache echt diffizil zu machen, ordnete der General am 28.August 1914 auch noch an dass man mit keinen neuen Befestigungsarbeiten mehr beginnen solle. Man darf sich die Frage stellen, ob der Mann eigentlich wusste was er wollte oder auch nur annährend eine Ahnung vom Festungsbau hatte? Allerdings scheint man vielerorten diesen Befehl des Generals kreativ ausgelegt zu haben, denn es entstanden Verteidigungsbauten bis in den Winter hinein. Im Mai 1915 wurde schliesslich der Ausbau der Fortifikationen befohlen.
Bisher Erbautes sollte modernen Erkenntnissen angepasst werden. So mussten etwa alle bislang in Holz erstellten Schutzbauten abgerissen und durch solche aus armiertem Beton ersetzt werden. Eine dritte Ausbauphase begann im Herbst 1915 und zog sich bis Ende 1916 hin. Am Mont Vully entstanden nun zusammenhängende Schützengräben deren vitale Partien massiv ausgebaut wurden. Für die Besatzungen der Gräben legte man bombensichere Kampfunterstände an. Ohne Einsatz von Sprengstoff wurde am Mont Vully das "Fort Lambertaz" mit vier Kampfständen, Beobachtungsständen, unterirdischen Munitionsdepots und Kavernen für die Truppen aus dem Fels gehauen.
Mittlerweile war klar dass General Wille Festungen überhaupt nicht mochte, während Stabschef Sprecher ihren Ausbau vorantreiben wollte. Es folgte im Jahr 1917 eine vierte Ausbauphase, die im Juli durch persönliche Intervention des Generals abgewürgt wurde. Beim Baustopp bestand die Fortifikation Murten aus 18856 Meter Feuerlinien, 848 Unterständen, 17 Kavernen, 29 Kasematten für 8,4 cm Geschütze, 9 Batterien für 12 cm Kanonen und 108 Betonbunkern für Maschinengewehre.