Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Allgemeines über die lebendige Geschichte.

Moderator: Hagelhans

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon troupier suisse am Di 18 Jan, 2011 12:18

Phil hat recht. Die Gegner/innen argumentieren zuweilen arg hölzern. Aber hier kämpft offenbar jeder seinen Kampf auf eigene Art. Mir geht es um Sein oder Nichtsein der lebendigen Geschichte und der Brauchtumspflege, nicht um das Sturmgewehr im Wandschrank. So eines habe ich sowieso nicht, und in jeder funktionierenden Partnerschaft wird der Gatte die seit einiger Zeit bestehende Möglichkeit des kostenlosen Lagerns im Zeughaus nutzen wenn dies die Gattins wünscht. Das mittelalterliche Patriarchentum ist zum Glück einer zeitgemässen Haltung gegenüber der Frau als Partnerin gewichen.

Unklar formuliert, unklar kommuniziert

Ich frage mich persönlich mittlerweile, wieso die Initiant/innen ihre Initiative nicht so ausformuliert haben, dass Graubereiche und Härtefälle wie in der Brauchtumspflege und der lebendigen Geschichte gar nicht erst aufkommen? Mit einigen fähigen Juristen wäre dies kein Problem geqwesen. Wenn es wie dieser Tage oft suggeriert um das Sturmgewehr im Wandschrank gehe, wieso beschränkt sich die Initiative nicht simpel verständlich darauf? Wieso müssen die Initianten/innen auch fordern:

"Überflüssige Waffen werden aus dem Verkehr gezogen."

Quelle: schutz-vor-waffengewalt.ch

Wer definiert was "überflüssig" ist und was bedeutet "aus dem Verkehr gezogen"?

Wird Ururgrossvaters Vetterligewehr von der Grenzbesetzung 1871 einfach beschlagnahmt weil es nicht einem Sammler, Schützen oder Jäger gehört? Enteignung von bisher harmlosem privatem Eigentum, da als überflüssig eingestuft? Es geht ganz klar um sämtliche Waffen die als überflüssig deklariert werden. Und mangels klarer Definition seitens der Initianten/innen fallen darunter alle Waffen für die keine Bedarf zum Besitz geltend gemacht werden können (was nebenbei erwähnt keineswegs eine Garantie für eine Genehmigung darstellt). Dazu nochmals aus dem Initativtext:


a. Berufe, bei denen sich der Bedarf aus der Aufgabe ergibt;

b. den gewerbsmässigen Handel mit Waffen;

c. das Sportschützenwesen;

d. die Jagd;

e. das Sammeln von Waffen.

Siehe voller Text im ersten Post:

viewtopic.php?f=48&t=4859&start=0



Kein Wort von historischen Erbstücken die als Einzelobjekte nicht unter "Sammeln" fallen, oder von Traditionspflege und lebendiger Geschichte, was in gar keine der aufgelisteten Kategorien passt. Schon die vier Punkte oben sind voller Fussangeln die erst später zuschnappen können. Die gebetsmühlenartig erwähnten Sonderregelungen können auch umgekehrt funktionieren. Zum Beispiel: Sportschiessen erlaubt, aber nur mit einer einzigen Waffe und die muss im Schützenhaus eingesperrt lagern. (Regelung im Ausland belegbar)

Was nach Annahme der Initiative beim gesetzgebenden Prozess kommt ist absolut unsicher. Hier wird meines Erachtens nicht mit offenen Karten gespielt, um Vorteile an der Urne zu erlangen. Warum wird so vorgegangen?

Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass es sich hier um ein ungeniessbares Rezept handelt, dass schon bei der unsäglichen Ausschaffunginitiative erfolgreich Verwendung fand. Eine unscharf formulierte Vorlage verhindert dass unangenehme Detailfragen den Schwung bremsen, und Zweifel können mit dem Verweis auf angebliche späteren Ausnahmen und Sonderregelungen beiseite gewischt werden. Das war bei der Ausschaffunginitiative schon nicht die Absicht der Initianten/innen und ist auch hier wahrscheinlich ebenso.

Es enttäuscht mich zutiefst, dass nun auch links der Mitte diese zweifelhaften Methoden Einzug halten, die dort lange zu recht beim Gegenlager als plumper Populismus angeprangert wurden. Es lässt Schlimmes für die künftige Politikkultur in der Schweiz ahnen, wenn jene Elemente die sich Offenheit und Toleranz auf die Fahnen geschrieben haben, solcher Kniffe bedienen um jene Willkür durchzusetzen die bei anderen Initiativen mit gutem Grund von ihnen bekämpft wurden.
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Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Napoleon am Di 18 Jan, 2011 13:01

Die Hölzernkeit fällt auf. Jedoch liegt das wahrscheinlich daran, dass in den Komitees eher ältere Jahrgänge sitzen und diese einfach nicht den Zugang zur Jugend finden. Obschon aber auch das Pro-Lager immer auf den gleichen Themen rumhackt, anstatt richtig uns sachlich zu Informieren, denn so etwas erwarte ich von jemandem der mir etwas schmackhaft machen will.

Aus persönlicher Erfahrung finde ich vor allem die immer gleichen Äusserungen im Bezug auf Suizide geschmacklos. Einzelschicksale sind immer für die Betroffenen die Hölle und aus diesem noch politisch Gewinn zu schlagen, treibt mir die Galle hoch. Ich treffe fast wöchentlich auf Menschen die von Einzelschicksalen getroffen worden sind.

Zudem Frage ich mich einfach, weshalb solch schlecht formulierte Initiativen überhaupt zugelassen werden. Der Bürger behält doch gar nicht dem Überblick über die Sache die es effektiv geht, es wird einfach nur das wesentlichste kommuniziert und somit der Normalsterblich hinters Licht geführt welcher erst im Nachhinein merkt das er die Katze im Sack gekauft hat.

Zurück aber noch zu etwas wesentlichem.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass heute der Grossteil unserer weiblichen Mitbürgerinnen in Angst und Schrecken leben, denn wie troupier suisse schon angemerkt hat, kann seit ein paar Jahren das Sturmgewehr freiwillig im Zeughaus hinterlegt werden. Wenn die Frau oder Freundin keine Waffe im Haushalt haben will, sollte dass doch somit kein Problem sein. Oder leben wir im 16. Jahrhundert wo die Frau kein Recht auf Mitbestimmung hat? Auf welcher Basis der Gleichstellung von Mann und Frau leben wir den Heute? Sollte der Partner dies nicht respektieren ist er das Pulver eh nicht wert.
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Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon troupier suisse am Di 18 Jan, 2011 13:47

Rollenmodelle von vorgestern im Abstimmungskampf von heute

Das muss man sich jetzt aber mal in Ruhe anschauen, mit ein paar Schritten Abstand und kühlem Kopf. Der Mann kann schon heute sein Sturmgewehr im Zeughaus abgeben, wenn die Frau dies verlangt. Da gäbe es kein Hindernis. Und wenn eine Beziehung auf gesundem gegenseitigem Respekt beruht, wird der Mann dies auch tun um seiner Partnerin keine Ängste aufzuzwingen.

Das wäre das Ideal einer modernen Beziehung, wie es von fortschrittlichen Kreisen gefordert wird und schon vielfach umgesetzt ist. Nun negiert aber diese Initiative diese partnerschaftlich-gleichberechtigte Lösung und transportiert stattdessen dass alte Bild vom Patriarchen als Herr im Haus, dem nur Verfassung und Gesetz Einhalt gebieten können.

So gesehen würde von absolut unerwarteter Seite die Frau zum altväterischen Heimchen unter der Knute des Manner gestempelt. Eine Frau unserer Tage kann sich doch hinstellen und dem Mann sagen dass das Ding ins Zeughaus kommt weil es ihr Unbehagen bereitet. Und wenn der Mann es wirklich wert ist mit ihm in einer Beziehung zu leben, wird er dem Wunsch nachkommen.

Wozu ergo der Kampf gegen das Sturmgewehr im Wandschrank in die Verfassung tragen, wenn dieses Thema auf zwischenmenschlicher Basis gelöst werden kann? Es sei denn man gehe davon aus, dass alle Frauen in einem devoten Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Gatten leben und nicht wagen dürfen aufzubegehren. Ehehöllen wohin man sich wendet?

Eine horrible Vorstellung für jeden aufgeschlossenen Menschen. Aber ich weigere mich zu glauben, dass unsere Gesellschaft noch so in mittelalterlichem Rollendenken verhaftet ist, dass es einer Verfassungänderung bedarf um Ehen zu retten. Zugleich verurteile ich das Propagieren dieses für Frauen erniedrigende und reaktionären Frauenbildes von Vorgestern zu politischen Zwecken.

Das sind natürlich rein akademische Gedänkengänge, denn wie gesagt kann von mir aus das Sturmgewehr aus dem Haushalt verschwinden. Aber wissen wir ja nunmehr, dass es die Armeewaffe im Wandschrank nur das Zugpferd eines ziemlich schwer beladenen Wagens ist, unter dessen Räder auch die lebendige Geschichte zermalmt wird.
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Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Napoleon am Di 18 Jan, 2011 14:42

Das grösste Problem dürfte auch sein, dass kaum einer den Durchblick hat. Selbst die Presselandschaft begnügt sich mit oberflächlichem Geplänkel und reissenden Titeln, Hauptsache es wird gelesen. Jeder der will kann öffentlich auch noch seinen Senf dazu geben, natürlich nur wenn er auch noch etwas gegen das Sturmgewehr vorbringen kann. Von den Leserbriefen kann zu schweigen, in denen grösstenteils populistisches und Halbwahrheiten verbreitet werden.

Ich war übrigens heute im Restaurant zum Schützenhaus Basel mit meiner Frau Mittagessen. http://www.schuetzenhaus-basel.ch/de/ue ... nhaus.html

An der Wand im Restaurant hängen verschiedene Musketen aus der Geschichte des Gebäudes. Schöne Rad- und Luntenschlossmusketen, geschichtliche Stücke die kaum mehr bezahlbar sind. Selbst diese Musketen werden bei der Annahme der Initaitive ihren seit Jahrzenten angestammten Platz verlassen müssen. So wird es sicher auch noch anderen Restaurants mit historischem Flair und Vergangenheit ergehen.

Da kommt mir gerade in den Sinn:
Hat sich mal einer schon Gedanken gemacht was eigentlich mit all diesen eingesammelten Waffen geschehen soll? Wohl kaum vernichtet. Aber wahrscheinlich wird es sein wie bis anhin. Karabiner werden kistenweise in die USA verkauft und die seltene schönen Stücke gehen als Diplomatengeschenke in fremde Länder.
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Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte

Beitragvon Tech am Di 18 Jan, 2011 20:22

Mein Engagement geht momentan bis zur Erschöpfung. Sollte das Schlimmste eintreten; ich kann mir keinen Vorwurf machen, mich nicht eingesetzt zu haben dass es anders kommt.

Gespannt bin ich ja auf die Standaktion vom nächsten Samstag.
Zuletzt geändert von Tech am Do 20 Dez, 2012 21:32, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Phil am Di 18 Jan, 2011 21:06

Napoleon hat geschrieben:Die Hölzernkeit fällt auf. Jedoch liegt das wahrscheinlich daran, dass in den Komitees eher ältere Jahrgänge sitzen und diese einfach nicht den Zugang zur Jugend finden. Obschon aber auch das Pro-Lager immer auf den gleichen Themen rumhackt, anstatt richtig uns sachlich zu Informieren, denn so etwas erwarte ich von jemandem der mir etwas schmackhaft machen will.


Nein, die Dame war eine der jüngeren Vertreterinnen, aber leider von der Seite, die mit Polemik und Hölzernkeit immer wieder "brilliert". Und so den Pros noch mehr Wasser auf die Mühlen gibt.
Gruss, Phil
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Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon troupier suisse am Mi 19 Jan, 2011 16:17

Wie bereits ausgeführt ist von der Waffeninitiative auch der Banntag in Liestal betroffen. Dort wird traditionell mit Schwarzpulverwaffen Salut geschossen (also nur mit Ladung aber ohne Projektile). Das Banntagsschiessen ist schon einige Zeit für bestimmte Kreise ein Ärgernis, und wird nach dem Willen der Initiative schliesslich verschwinden. Das öffentliche Tragen von Waffen (und das Schiessen mit ihnen) fällt unter keinen der im Initiativtext aufgeführten Punkte die einen Bedarf nachweisen.

Das bedrohte Banntagsschiessen in Liestal

Nirgendwo in der Schweiz hat der Brauch des rituellen Umschreitens der Gemeindegrenzen als profanes Brauchtum zur Auffahrt so zäh gehalten wie im Baselbiet. Die ältesten Belege aus der Region stammen aus dem Spätmittelalter. Ein Basler Dokument zu Grenzstreitigkeiten nennt 1435 einen Brauch demgemäss man alle Jahr zu Auffahrt um den Bann reitet mit dem Sakrament. Hier zeigt sich die früher religiöse Seite des Rituals.

Man zog nicht nur aus um die Markierungssteine der Banngrenze zu kontrollieren. Zugleich war auch die Geistlichkeit dabei um die Flursegnung durchzuführen. Dabei wurden Feld und Wald dem Schutze Gottes anempfohlen. Somit hatte der Bannumgang auch den Charakter einer Prozession. Nach der Reformation 1529 entfiel in den Untertanengebieten Basels der katholische geprägte religiöse Teil. Der Bannumgang wurde zur reinen Grenzkontrolle. Anders im Herrschaftsgebiet des Bischofs.

In den benachbarten Territorien des Bischofs von Basel lebte das Element der Prozession in den Bannumgängen weiter. Nach dem Ende des alten Bistums und der später erfolgten Zuteilung katholischer Gebiete zum reformierten Kanton Basel 1815, hielt sich dort der religiös geprägte Charakter. In der heutigen Hauptstadt des Kantons Basel-Landschaft hat der Bannumgang seit langem eine besondere Bedeutung. Das bis heute gepflegte Schiessen geht auf einen militärischen Aspekt zurück.

Im Jahr 1581 erscheint erstmals eine indirekte Nennung des Brauches in Liestal in einer Rechnung mit einem Ausgabeposten für Verpflegung "als man um den Bann gegangen". 1586 wird die Kontrolle des Bannes explizit als alter Brauch betont. Zu diesem ist es gemäss Quellen des 17. Jahrhunderts offenbar üblich gewesen, bewaffnet zu erscheinen. 1656 ist dazu belegt, dass nach dem Bannumgang am Morgen eine Form der militärischen Musterung am Nachmittag stattgefunden habe.

Die Wehrfähigen des Amtes hatten demnach mit Ober- und Untergewehr anzutreten. Der Musterung schloss jeweils ein Wettschiessen an. Das damalige Schiessen an den einzelnen Bannsteinen ist hierbei als weitherum hörbare Bezeugung der Kontrolle zu verstehen. Als im Vorfeld der Koalitionskriege das Unbehagen in der Grenzregion wuchs, untersagte die Obrigkeit vorübergehend das Schiessen an Banntagen, die 1715 von Auffahrt auf Montag zuvor verlegt worden waren.

Nur in Liestal wurde die Verlegung des Banntags effektiv befolgt, während man dort aber den militärischen Musterungsumzug zu Auffahrt beibehielt. Und dass bereits in den Banntag eingeflossene Schiessen wurde ebenso am Montag vor Auffahrt weitergeführt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte ein Niedergang des Brauchtums ein. Man beklagte den Verlust des Ernstes im Anlass und des übermässigen Genusses geistiger Getränke an seiner Stelle.

In den ersten Jahrezehnten des 20. Jahrhunderts setzte allerdings in den Hochburgen des Banntag, Liestal und Sissach, eine Erneuerung ein. Die veraltete Pflicht der Grenzkontrolle erfuhr eine Umwandlung in ein nahes Erleben der engeren Heimat. Das obligate Teilnehmen der Männer wurde freiwillig und mittels eines ausbezahlten Bürgerbatzens gefördert. Frauen waren vom traditionelle Bannumgang übrigens ausgenommen, und sind es in Liestal bis heute.

Der Liestaler Banntag folgte im ausgehenden 20. Jahrhundert einem Protokoll. Dieses sah vor das dass bereits am Vortag an den Fenstern des Rathauses die Fahnen der vier Marschrotten ausgehängt wurden. Der Banntag wird von der sogenannten Rotstabclique eingetrommelt. Nach einer getrommelten Tagwache um 05.00 Uhr wird von den Banntagsschützen eine erste Salve geschossen. Diese Schützen begleiten den weiteren Banntag mit ihren Schwarzpulverwaffen.

Geschossen wird mit Perkussionswaffen. Zum einen trifft man zuweilen Kavallerie-Vorderladerpistolen der Ordonnanz 1842 an, oder das Gewehr Modell 1842. Zum anderen begegnet man auch Nachbauten ausländischer Vorderlader, so des Enfield P1853 oder amerikanischer Perkussionsgewehre. Die Waffeninitiative macht keinen Unterschied zwischen veralteten Waffensystemen und modernen Ordonnanzwaffen. Somit sind auch diese Modelle betroffen, für die zudem der eingangs erwähnte Bedarf nicht vorgesehen ist.

Damit wird nach dem 13. Februar das medial angefeindete Banntagsschiessen in Liestal auf dem Weg über die Bundesverfassung wohl innerhalb weniger Jahre verschwinden.
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Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Napoleon am Mi 19 Jan, 2011 16:33

Wie du gut angemerkt hast troupier, werden in diesem Fall wahrscheinlich nicht allen dem Liestaler Banntag eine Träne nachweinen.

Nachdem ich in dieser Sache nun an verschiedenen Medien Dutzende von Telefonate und Briefen gerichtet habe zum Thema lebendige Geschichte und Brauchtum, ist das Resultat ernüchternd.

Zum einen sind fast alle der Meinung es geht ausschliesslich um die Sturmgewehre, und zum anderen bekomme ich Aussagen wie diese: "......über das Sechseleuten möchten wir nichts bringen, das wäre politisch zu heikel". Ich glaube das sagt alles und muss nicht weiter kommentiert werden.

Ich bin je länger davon überzeugt dass die meisten Leute in unserem Land nicht wissen um was es wirklich geht. Mit Absicht wird das Sturmgewehr als Vorwand für eine falschen Sicherheit vorgeschoben.


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Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Tech am Mi 19 Jan, 2011 17:16

Diese Ansicht kann ich nur bestätigen. Eine regionale Stadträtin der SP hat sogar zwei dank meinem Gespräch überzeugte Nein-Wähler im letzten Moment (seit gestern sind die Stimmcouverts eingetroffen) zu einem Ja umgekippt, mit dem Argument, dass es ja nur um das Sturmgewehr von Armeeangehörigen gehe.

Dann müsste die Initiative treffender "für die Lagerung von Sturmgewehren im Zeughaus heissen" und hätte mit der Reglementierung des Erwerbs, dem Besitz, usw. gar nichts zu tun. Da fallen einem wirklich zahlreiche Bezeichnungen für solche Irreführungen ein!

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Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon troupier suisse am Do 20 Jan, 2011 07:07

300 : 1700 ?

Da alle gern mit Zahlen und Statistiken jonglieren - ich habe am Mittwoch beim Warten am Schalter ein Gespräch zwischen zwei mürrischen Rentnern belauscht. Mühe musste ich mir beim Lauschen nicht geben, denn einer sprach laut genug um ohne Konzentration mitzuhören. Dabei fiel ein Argument welches ich für ein unschönes Markenzeichen dieses Abtimmungskampfes halte.

Die Rede war von einem Ärzteverband der von seinem demokratischen Recht Gebrauch mache, wegen der 300 Schusswaffentoten bei Patienten für die Initiative gegen Waffengewalt zu werben. Einer der Rentner hatte eine solche Abstimmungsempfehlung erhalten und war als alter Schütze schwer verärgert darüber. Er steigerte sich so sehr in seinen heiligen Zorn, dass er in der Schalterhalle einen wütenden Ausruf tat.

Die Aussage war sinngemäss, dass "Gopferdori" jährlich 1700 Menschen in der Schweiz wegen Schlampereien in der medizinischen Betreuung sterben. Schon die Bibel sage, dass der der ohne Schuld sei den ersten Stein werfe. Da sollten sich die "Weisskittel" beim Steinewerfen gefälligst schamvoll zurückhalten bei so vielen Leichen im Keller.

Die ganze Schalterhalle erstarrte beim Toben dieses Mannes, und ich machte mir ernsthaft Sorgen ob nicht gleich ein Weisskittel kommen müsse, weil der zornige Senior drohte mit stehengebliebenem Herzen umzukippen. Solch haarsträubende Vergleiche sind ein Auswuchs dieses abgrundtief hässlichen Abstimmungskampfes. Natürlich ist der Vergleich absurd, schon wegen des Hippokratischen Eides. Mediziner wollen meiner Meinung nach wirklich nur das Beste.

Dazu zwei Links:

http://www.derbund.ch/schweiz/standard/ ... y/30674991

http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/sta ... y/26542929

Wenn man betrachtet, wohnin diese radikalisierte Politkultur führt, muss man sich schon Sorgen machen. Leichen werden zu politischen Zwecken aufgerechnet, hüben wie drüben. Man kann gar nicht soviel essen wo man kotzen wollte! Ich würde nie meinem Hausarzt misstrauen und nähme eine solche Abstimmungshinweis als gutgemeinte Empfehlung entgegen. Als eigenständig denkender Mensch mag ich es zwar nicht, wenn mir irgend eine Seite Empfehlungen gibt. Aber ich würde höflich Lord Goring aus Oscar Wildes "An Ideal Husband" zitieren:

"I always pass on good advice. It is the only thing to do with it."

(Ich gebe gute Ratschläge gerne weiter. Es ist das einzige was man damit tun kann)
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