Gütesiegel für Darsteller?

Allgemeines über die lebendige Geschichte.

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Gütesiegel für Darsteller?

Beitragvon Napoleon am Di 08 Apr, 2008 20:11

Jeder Erfolg, den man erzielt, schafft uns einen Feind. Man muß mittelmäßig sein, wenn man beliebt sein will.
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Beitragvon Hagelhans am Di 08 Apr, 2008 20:34

Dass so etwas von nutzen sein könnte um die Qualität zu steigern ist sicher gegebe.
Nur die Begründung, dass Museen nicht mehr an schlechte Gruppen geraten ist aus meiner erfahrung etwas suspekt. Muste ich doch schon einige male Museumspersonal bis hinauf zum Cheff Kurator kennenlärnen die schlicht weg keine Ahnung von Rekonstruktionen und deren praktischen Gebrauch hatten. Dasselbe gilt für Historiker und Archäologen.
Also bleibt für mich die Frage offe, wer de solch ei zertivikat verleihe soll. In der Szene gibt es aus bekannten Gründen nur ärger und ausserhalb ist kaum mjemand zu finde der dies könnte.

Zudem, wenn ein Museum eine unfähige Gruppe geordert hatt, frage ich mich, wo und wie sie an diese geraten ist. Manchmal muss man halt raus gehen und selber kucken und nicht die ganze Arbeit vom Buerosessel aus machen.
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Beitragvon Voltigeur am Di 08 Apr, 2008 21:01

Im grossen und ganzem, eine Uralte Geschichte die immer wiedermal
neu aufgewärmt wird.

Gute Gruppen, Schlechte Gruppen.

In der Napoléonik ist das eine gegessene Geschichte.
Da viele Veranstalter heute direkt einladen, kommen schlechte Gruppen nicht mehr zum Zug und gehen nur noch zu Massenveranstaltungen zu denen man keine Einladung braucht.
Daher hat sich das Problem von selbst erledigt.
Wobei ich nicht sagen möchte das es soetwas bei uns nie gibt, hin und wieder schwindelt sich schon mal eine Gruppe dazu, doch werden die so schief angesehen das sie meisst nicht mehr kommen.
Dazu sind die Europäischen Dachverbände FLG, NAN, NG, ANI, ZENS.
heute so gut miteinander befreundet, das alle wissen wer gut oder schlecht ist.

Grüsse vom Voltigeur
Unmöglich ist nicht Französisch.
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Beitragvon gijoe am Do 10 Apr, 2008 07:12

Wäre schon gut, aber wie bereits erwähnt kaum durchführbar.
Ein Museum ist nicht immer Garant für eine authentische Darstellung. Und seien wir mal ehrlich dem Publikum kann man auch den grössten Mist als authentisch verkaufen.
Letztendlich liegt es am Veranstalter wen er einlädt und wer nicht. Als Teilnehmer teile ich dem Veranstalter aber wenn möglich mit neben welchen Gruppierungen ich nicht platziert werden will, weil ich mich davon lieber distanziere.

Ich sehe da zudem einen gewaltige Unterschied zwischen Antike , Mittelalter, und Neuzeit.
In der Neuzeit haben wir noch Zeitzeugen Bilder Reglemente usw. Alles was weiter zurück liegt ist nicht mehr so klar geregelt, Was ist richtig was ist falsch ?

Das Publikum sieht Mittelaltermärkte als niedlich auch wenn sich der Fachmann nur aufregt.
Ein WWII Display mit bunten Fantasieuniformen wo besoffene Darsteller zwischen PET Flaschen und Chipstüten rumtorkeln, wirkt hingegen auf das Publikum nicht mehr niedlich.

Letzendlich liegt es an uns selbst den Standard zu erhalten und zu verbessern, seien wir Vorbild, helfen wir Neulingen, und distanzieren uns klar und deutlich vor den Unbelehrbaren.
Wobei die Vorbildfunktion das wichtigste ist !!! Rollen die alten Hasen des Abend ihre rosa Schlafsäcke aus und trinken aus PET Flaschen wird es der Nachwuchs gleichtun !
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Beitragvon troupier suisse am Do 10 Apr, 2008 08:38

Da schliesse ich mich Hagelhans an - ein Museum sollte in der Lage sein selbst zu beurteilen, wen man zur Preformance zulässt. Und wenn man sich etwas Unkoscheres in den Pelz setzt, hat man dies selbst zu verantworten. Ein Theater muss auch selbst geradestehen für die Schauspieler die es auf die Bühne holt. Man sollte eben vorher selbst mit kompetentem Blick prüfen. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein eines solchen Blicks, und dabei lassen sich zuweilen akademische Fachleute oft nur höchst ungern etwas von Laien sagen, die ihrer Ansicht nach ohnehin nur die Erde bevölkern um mit offenem Mund und erstaunten Augen zu ihren Füssen zu sitzen und emporzublicken.
Die Welt ist eine Bühne, aber das Stück ist schlecht besetzt. (Oscar Wilde)
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Beitragvon schlumpf am Do 10 Apr, 2008 08:59

Heises Thema, und schon oft diskutiert:

In der Grundidee nicht schlecht, aber eben: Wer beurteilt nach welchen Kriterien und zu welchen Kosten.

Wir halten das so:
- Machen nur bei Veranstaltungen mit, die von Museen, Schulen oder anderen seriösen Veranstaltern mit historischem Hintergrund organisoert werden. (wir würden daher nie in an einem Dorffest oder Firmenveranstaltung auftreten)
- Bei Veranstaltungen wo Eintritte verlagt werden, verlangen wir auch eine Entschädigung
- Wir lassen uns nicht unsere Vorstellungen von Darstellung nehmen. Wenn etwas Verlangt wird, wo wir nicht dahinter stehen können, lassen wir es bleiben. (lieber nicht auftreten, als schlecht auftreten)
- Das wichtigste sind die Privatlager (öffentliche Auftritte sind eigentlich für uns eher zweitrangig)

Mit diesen sehr einfachen Regeln sind wir eigentlich bis jetzt ganz gut gefahren. Unsere Erfahrung zeigt, dass wenn gute Arbeit geleistet wird, dies sich rumspricht und dann automatisch Anfragen kommen.
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Beitragvon Hagelhans am Do 10 Apr, 2008 14:35

gijoe hat geschrieben:]Ich sehe da zudem einen gewaltige Unterschied zwischen Antike , Mittelalter, und Neuzeit.
In der Neuzeit haben wir noch Zeitzeugen Bilder Reglemente usw. Alles was weiter zurück liegt ist nicht mehr so klar geregelt, Was ist richtig was ist falsch?


Dies ist leider ein viel gemachter Irtum von Darstellern jüngerer Zeitfenster. Es gib durchaus viele Sachen die auch in Epochen früheren datums serwohl genauenstens belegt sind. Mit der Ausahe der Zeitzeugen sind alle sonst genannten Belege in jeder Zeit relevant. Gerade in einem Museum hat der Besucher vor Ort die Möglichkeit Vergleiche mit Originalen zu ziehen. Wen der darsteller föllig anderes Sachuhwerk trägt als der Heilige auf dem Altarbild kann dies sehr peilich wirken und zwar nicht für das Altarbild.


gijoe hat geschrieben:]Das Publikum sieht Mittelaltermärkte als niedlich auch wenn sich der Fachmann nur aufregt.
Ein WWII Display mit bunten Fantasieuniformen wo besoffene Darsteller zwischen PET Flaschen und Chipstüten rumtorkeln, wirkt hingegen auf das Publikum nicht mehr niedlich.


Und wie erkennt man den Fachmann, wen er sich ziviel ins Publikum mischt?
Zudem ist eine meiner Maxiemen gegenüber Besuchern, dass ich versuche dem Besten zu geügen und nicht den Dümsten zu befriedigen.
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Beitragvon schlumpf am Do 10 Apr, 2008 14:59

Ich glaube, es ist soger eher schwierieger eine Epoche darzustellen, wieweiter es in die Vergangenheit geht.
"Modernere Darstellungen" sind in vielem einfacher, da vieles was wir heute benützen, damals auch schon gab.
Je weiter man in die Vergangenheit geht, desto schwieriger und heikler wird es.
Gerade wir Römer (und wie hörte auch sehr viele vom Mittelalter) haben das Probleme, dass die Besucher schon ein Bild im Kopf haben, dass sie aus Filmen erhalten haben. Da ist es oft sehr ermüdend, dieses Bild wieder zurechtzurücken.
Auch wir selber müssen uns an der Nase nehmen und diesem Hollywood-Image nicht zu verfallen (so cool auch gewisse Filme sind...).

Im weiteren fallen in unsern Lagern moderne Gegenstände natürlich extrem auf. Auch wir leben nun mal im 2008 und da geht es nunmal nicht ganz ohne moderne Gegenstände. Natürlich ist man bemüht, dass diese nicht sichtbar rumliegen, aber eben.....
Z.B. schlafen die meisten von uns (zumindest im Winter) in modernen Schlafsäcken (wir müssen ja am Montag ja alle wieder arbeiten...). Die werden natürlich so versorgt, dass man sie nicht sieht (entweder verdeckt unter Decken oder Zelt ist geschlossen). Aber es ist halt auch schon passiert, dass ein Kind das Zelt offenlies, und dann hat man die Schlafsäcke gesehen...
Oder auch die Diskussionen zu einem Teil unsern Zelten in Steingrau. Das wird automatisch mit moderenen Militärzelte gleichgesetzt, obwohl es nicht Oliv ist und der Schnitt den Archäologischen Funden nachgebaut wurden (um die Kritiker zu beruigen; die neuen Zelte werden in Weiss beschaft, obwohl es überhaupt keine Angaben zur Farbe überliefert ist...)

Es ist ein ewiger Kampf, sich selber zu verbessern, den neuen zu helfen und die eigene "Betriebsblindheit" zu vermeiden. :smt002
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Beitragvon Parabellum am Do 10 Apr, 2008 19:14

Zurück zum Ausgang der Diskussion: Das Gütesiegel. Ich bin da aus beruflicher Erfahrung prinzipiell etwas skeptisch. Überall tummeln sich Experten, die bewerten und zertifizieren. Sehr oft dient das schliesslich nur der Kasse der Zertifzizierer, der Nutzen für den Kunden ist minim. Die Kosten einer (z.B. ISO) Zertifizierung und der betriebsinterne Aufwand sind immens. Aber eine Zertifizierung heisst nur, dass bestimmte Fragen richtig beantwortet wurden und gewisse Abläufe genormt sind. Das ist schliesslich noch lange keine Garantie, dass die Leistung als ganzes am Schluss zufriedenstellend ist.

Im Reenactment gehts kaum um finanziellen Nutzen aber möglicherweise um die Eitelkeit der Experten. Da ist es dann wohl wichtiger, den richtigen Experten zu den entsprchenden Anlässen und Essen etc. einzuladen ......
Zertifizierung ist für mich immer so etwas wie Ablasshandel - ich habe alles für mein Zertifikat getan und dafür geschuftet und allenfals bezahlt ---- aber was vom Zertifikat nicht abgedeckt ist, da darf ich "sündigen".
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Beitragvon troupier suisse am Fr 11 Apr, 2008 09:43

Parabellum legt hier den Finger auf den wunden Punkt. Die Kernfrage ist nämlich wer die Experten sein sollen, welche die Beurteilung vornehmen? Ausserdem neigt so gut wie jedes Zertifizierungs- und Exprtenwesen irgendwann dazu zum Selbstzweck zu mutieren.

Mir fiel zum Thema ein böses Lied von Georg Kreisler ein, dessen "Musikkritiker" ebenfalls Experte ist, und genau vor solchen Fachleuten graut mir:

Der Musikkritiker (Auszug)

Heute findet jede Zeitung
Größere Verbreitung durch Musikkritiker,

Und so hab auch ich die Ehre
Und mach jetzt Karriere als Musikkritiker.

Ich hab zwar ka Ahnung, was Musik ist,
Denn ich bin beruflich Pharmazeut,

Aber ich weiß sehr gut, was Kritik ist:
Je schlechter, um so mehr freun sich die Leut.

Es gehört zu meinen Pflichten,
Schönes zu vernichten als Musikkritiker,

Sollt ich etwas Schönes finden,
Muß ich's unterbinden als Musikkritiker.

Mich kann auch kein Künstler überlisten,
Da ich ja nicht verstehe, was er tut.

Drum sag ich von jedem Komponisten:
Erst nachdem er tot ist, ist er gut!

Ja, endlich hab ich einen Posten,
Und die Zeitung läßt es sich was kosten.

Ich sitzt auf dem ersten Platze,
Und die Sänger sehen meine Fratze.

Orff und Eck und Boris Blacher
Fürchten meine hohnerfüllten Lacher.


Ich hab diesen Posten schlau erbeutet
Und ich hasse nichts so wie Musik.

Und daß mir Musik so nichts bedeutet
Zahl ich jetzt den Musikern zurück.

Ah - wartet nur, ihr sollt es büßen,
Lebet zu den Füßen des Musikkritikers!

Daß die Welt es wisse, lest die
Lustigen Verrisse des Musikritikers!

Ich bin konsequent, und ich erkenne kein Talent,
Und da ich weiß, daß ich nichts kann,
Laß ich auch niemand andern ran!

Und der Redakteur schätzt meine schlechte Meinung sehr,

Und schreit das Publikum ,,Hurra!'',
Das nützt euch nichts, dann ich bin da!

Und eure Kollegen geben immer ihren Segen,
Denn jedem Künstler ist es recht,
Spricht man von andern Künstlern schlecht!

Nieder mit Musik!
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