Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Allgemeines über die lebendige Geschichte.

Moderator: Hagelhans

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon troupier suisse am Do 27 Jan, 2011 20:21

Entschädigungslose Enteignung von Sammlern?

Heute habe ich ein Argument von Befürwortern der Waffeninitiative vernehmen müssen, welches Besitzern historischer Waffensammlungen Unbehagen bereiten könnte.

Es ging in einer Diskussion um die Frage wie der Staat eigentlich das Geld aufbringen werde um die Sammler zu entschädigen denen man keine Sammelerlaubnis zugestehe wenn man ihnen ihre Waffen wegnehme? Immerhin ginge es hier um sehr hohe Beträge, je nach Qualität der Sammlung.

Die Erwiderung war sehr aufschlussreich und mir so noch nie untergekommen. Die selbstsichere Antwort des Befürworters war, dass der Staat überhaupt keine Kosten haben werde. Wenn ein Sammler keine Erlaubnis bekomme, sei seine Sammlung illegal und für die Beschlagnahmung illegalen Besitzes müsse der Staat keine Entschädigungen bezahlen. Die Enteignung würde Staat und Steuerzahler keinen Franken kosten.

Für den Steuerzahler wohl beruhigend - für den Besitzer einer teuren Ordonnanzsammlung eher erschreckend. Das hat zwar nichts mit uns aus der lebendigen Geschichte zu tun, aber es ist bemerkenswert wie immer mehr Finessen an die Oberfläche kommen. Wenn dieses Argument der Wahrheit entsprechen sollte, könnte ich mir denken dass man es vor der Abstimmung nicht an die grosse Glocke hängen will.

Wenn man in ein paar Jahren den Liebhabern von alten Autos und Motorrädern wegen schlechter Abgaswerte und hohen Kraftstoffverbrauchs ans Leder will, wird man diese Argumentation unter Umständen gern wieder rausholen. Oder mal ganz anders rum: Man besässe eine Serie kostbarer Warhol-Grafiken, und der Staat erklärte sie für illegal und beschlagnahmte sie ohne Entschädigung. Das ist ein wahrhaftiges Gruselkabinett.
Benutzeravatar
troupier suisse
Site Admin


Beiträge: 2989
Registriert: So 02 Apr, 2006 14:59
Wohnort: schweiz

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Hagelhans am Do 27 Jan, 2011 20:31

Dass hat sehr wohl etwas mit lebendiger Geschichte zu tun. Ich glaube kaum, dass ich für meine Repros eine Sammlerbewilligung kriegen würde. Ob Vorderladerschiessen als Schiesssport anerkannt wird steht ja auch noch offen.
Da bleibt nur noch die Hoffnung dass die initiative abgelehnt wird. Ansonsten bleibt mir nichts anderes übrig als meine Waffen in Deutschland zu deponieren wo sie ab 18. Jahren frei verkäuflich sind.
(Stelle mir gerade bildlich vor wie jemand mit einer Brown Bess versucht einen Banküberfall zu machen und dabei in der Drehtüre steckenbleibt. #-o )
"Wir sind alle Anerkennungsjunkies - Affen in Anzügen, die um Applaus betteln." -Jake Green.
Benutzeravatar
Hagelhans
Moderator


Beiträge: 4684
Registriert: Sa 10 Sep, 2005 13:56
Wohnort: Niederhasli Schweizerische Eidgenossenschaft

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon troupier suisse am Do 27 Jan, 2011 20:40

(Stelle mir gerade bildlich vor wie jemand mit einer Brown Bess versucht einen Banküberfall zu machen und dabei in der Drehtüre steckenbleibt. )


...und mit dem einen Nasenloch in den rausgerutschten Ladstock stolpert.

Material in Deutschland deponieren? An jenem Ort unter Gottes Sonne, mit dessen Reenactoren wir einst Mitleid hatten weil sie so strengen Direktiven unterworfen sind? Und nun wandelt es sich zum gelobten Land, weil man auch dort nicht so beschränkt ist sich mit Verboten für Objekte zu befassen die jeder Gewalttäter mit spitzen Fingern in den nächsten Busch werfen würde.
Benutzeravatar
troupier suisse
Site Admin


Beiträge: 2989
Registriert: So 02 Apr, 2006 14:59
Wohnort: schweiz

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon gijoe am Fr 28 Jan, 2011 04:34

Dieses Statement ist geradezu Schwachsinnig. So werden die meisten Waffen in der Illegalität verschwinden.
Benutzeravatar
gijoe
Living Historian


Beiträge: 1331
Registriert: So 20 Mai, 2007 09:45

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Napoleon am Fr 28 Jan, 2011 06:12

Ich glaube, das Thema historische Waffen wurde von der Befürworterseite mit Absicht bis jetzt in den Hintergrund geschoben. Nun ist es doch ein Thema und keiner hat eine Ahnung.
Ich glaube wohl kaum dass Enteignung einfach so möglich ist, wenn derjenige keine Straftat begangen hat.

Sprechen wir hier doch von historischen Waffen die zum Teil immensen Wert haben. Das ganze wird, wie GiJoe schon richtig bemerkt hat, nichts anderes heissen, dass vorallem solche Feuerwaffen einfach in den Untergrund verschwinden, resp. einfach ilegal werden, obschon von diesen keine Gefahr ausgeht.
Jeder Erfolg, den man erzielt, schafft uns einen Feind. Man muß mittelmäßig sein, wenn man beliebt sein will.
Benutzeravatar
Napoleon
Site Admin


Beiträge: 5869
Registriert: Mi 08 Jun, 2005 06:31
Wohnort: Allschwil

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Wachtmeister am Fr 28 Jan, 2011 22:48

Wir drehen uns hier im Kreis

ziemlich alle sind hier gleicher Meinung

geht in die Zeitungen

manchmal liest man sogar in der NZZ gute Leserbriefe

Wm

PS Schützen und Lokalpolitiker, die hier bei uns an einem Info-Stand gegen die Initiative geworben haben, berichteten dass sie bei der Standaktion von den angesprochenen Frauen mehrheitlich ein gutes Feedback hatten.

Beunruhigend sei eher die Haltung vieler Männer zwischen 50 und 70.
Einige lassen ihren Frust durchblicken: Die heutige Armee sei ihnen fremd. Den Jungen könne man nicht das selbe Vertrauen schenken, wie früher den (richtigen) Soldaten. Untermauert wird dieser Verdacht mit dem Hinweis auf die multikulti-Gesellschaft.
Diese Stimmung ist das Resultat der radikalen Armeereformen der 90er Jahre. Die Schweizer Armee ist heute eine fremdartige Armee. Sie hat mit zu vielen Traditionen gebrochen. Die neue Armee ist den Veteranen unvertraut. Traditionspflege hätte nicht so sträflich vernachlässigt werden dürfen!

Bedenklich sei die Haltung mancher mittelalter Offiziere: Sie argumentieren damit, es gäbe keinen militärischen Grund mehr, das Sturmgewehr zu Hause aufzubewahren. Sie folgen dem Denken von alt-EMD-Sekretär HU Ernst. Sie gehen davon aus, dass sie es nicht mehr erleben werden, dass die Bedrohungslage nochmals ändert. Die Geschichte lehrt uns, dass man auf die Prognosen alter Männer sich nicht verlassen darf. Das ausserdienstliche Schiessen wird man nicht einfach wieder aufbauen können, wenn die Lage wieder ändert.
Wachtmeister
Rekrut


Beiträge: 7
Registriert: Do 13 Jan, 2011 19:31

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Hagelhans am Sa 29 Jan, 2011 09:57

Möglicherweise gibt es keinen direkten militärischen Grund . Einen politischen allerdings schon. Unsere Gründer von 1848 haben sich durchaus etwas gedacht, als sie die totale Gewaltentrennung und das absolute Souverän, die Macht über die Armee mit der Kriegswaffe als privaten Besitz des Bürgersoldaten, fest in der Verfassung verankert haben.

Warum sich heute gerade die Parteien die Parolen wie "Alle Macht dem Volke!" propagieren vor der wohl weltweit einzig echten Volksarmee fürchten sein dahingestellt. Ob sie sich östlich des Checkpoint Charlie wohler gefühlt hätten?

Ich bin auf jedenfall froh darüber in einem Land zu leben in dem sich meine Souveränität als Bürger nicht nur auf einem Wahlzettel sondern auch mit einem Sturmgewehr in der Wohnung manifestiert.
"Wir sind alle Anerkennungsjunkies - Affen in Anzügen, die um Applaus betteln." -Jake Green.
Benutzeravatar
Hagelhans
Moderator


Beiträge: 4684
Registriert: Sa 10 Sep, 2005 13:56
Wohnort: Niederhasli Schweizerische Eidgenossenschaft

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Voltigeur am Mo 31 Jan, 2011 09:53

Jetzt habe ich mal eine Frage an alle.:

Wie sieht es denn bei einer annahme der Initiative aus ?
Werden dann die meisten Termine aus dem Veranstaltungkalender gestrichen ?
Wie geht es denn dann weiter ?
Ich habe mal den Kalender 2011 einbischen durch gelesen, über die hälfte ist ja nicht mehr machbar, oder nur noch ohne Waffen, aber das sieht ja dann auch dumm aus.

Wie seht Ihr das ?
Wie sollen all diese Veranstaltungen stattfinden ?
Was wird rausfliegen ?

Grüsse vom Voltigeur
Unmöglich ist nicht Französisch.
Benutzeravatar
Voltigeur
Napoleonik


Beiträge: 820
Registriert: So 25 Sep, 2005 20:19
Wohnort: Morges

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Napoleon am Mo 31 Jan, 2011 10:03

Bei einer Annahme wird sich nicht sofort alles ändern. Am ehesten evtl. noch bei der Armee, die dann ab sofort keine Waffen mehr bei Dienstende bageben wollen, jedoch müsste das ganze Gesetz auch noch ausgearbeitet und vom Parlament gebilligt werden. Das dürfte erfahrungsgemäss etwa 4 Jahre dauern.

Es könnte höchstens sein, dass gewisse Kantone bei Annahme die Bewilligung entziehen, resp. nicht geben für die eine oder andere Veranstaltung. Aber das sind nur Vermutungen.
Jeder Erfolg, den man erzielt, schafft uns einen Feind. Man muß mittelmäßig sein, wenn man beliebt sein will.
Benutzeravatar
Napoleon
Site Admin


Beiträge: 5869
Registriert: Mi 08 Jun, 2005 06:31
Wohnort: Allschwil

Re: Waffenschutzinitiative - Gefahr für lebendige Geschichte?

Beitragvon Phil am Mo 31 Jan, 2011 10:29

Wachtmeister hat geschrieben:Beunruhigend sei eher die Haltung vieler Männer zwischen 50 und 70.
Einige lassen ihren Frust durchblicken: Die heutige Armee sei ihnen fremd. Den Jungen könne man nicht das selbe Vertrauen schenken, wie früher den (richtigen) Soldaten. Untermauert wird dieser Verdacht mit dem Hinweis auf die multikulti-Gesellschaft.
Diese Stimmung ist das Resultat der radikalen Armeereformen der 90er Jahre. Die Schweizer Armee ist heute eine fremdartige Armee. Sie hat mit zu vielen Traditionen gebrochen. Die neue Armee ist den Veteranen unvertraut. Traditionspflege hätte nicht so sträflich vernachlässigt werden dürfen


Naja, zum Glück entwickelt sich auch unsere Armee weiter (wohin auch immer). Ich denke das ist normal und sollte auch so sein. Es ist 2011 und nicht mehr 1960. Dem Vergangenen trauert man immer nach und verzerrt es, das ist ebenfalls normal.
Gruss, Phil
Benutzeravatar
Phil
Gelehrter


Beiträge: 182
Registriert: Sa 07 Aug, 2010 19:09
Wohnort: Solothurn, Suisse

VorherigeNächste

Zurück zu Allgemeines

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: ichiro [Crawler] und 3 Gäste

Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007 phpBB Group
Style by Webdesign www, książki księgarnia internetowa podręczniki