von venator am Mo 24 Jul, 2006 17:50
Hui, wollte ich diesen Topic neu eröffnen, da isser schon. Die MigrosZeitung hatte diesmal ein bisschen Verspätung [-( hehe
Also, ich nehme mir schnell die Freiheit, die Rüstung der Dame zu beurteilen, mal von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus, was euch noch nicht in den Sinn gekommen ist.
Folgendes: Die Kritik am Pelz verstehe ich nicht. Ich habe hier zwar gerade keine Quelle, die das damalige Tragen eines Pelzes als Sonnenschutz bestätigt oder in die Winde schlägt, aber trotzdem dünkt es mich plausibel. Der Pelz spendet genauso Schatten, der Faktor Wärme spielt ja keine Rolle, wie jeder von euch weiss, das ist nicht merkbar. Was mich ein bisschen stört ist die Form, der Schnitt, der flattert zu fest, das ganze muss fest anliegen. Sonst ist das eigentlich Sache des Reenactors, ob er das ganze im engen Sinne oder im weiten Sinne angehen will. Ich bin zwar normalerweise extrem strikt, macht mir hier aber wenig aus. Nur halt der Schnitt.
Die Schildform(unten eckig) passt nicht mit den Wappendarstellungen(unten rund) überein. Bis zum spitzwinkligen Reiterschild ist die Darstellungsform immer an die Schildform angepasst worden, und dann eben mehr oder weniger beim Spitzschild stehengeblieben. Beweist mir bitte mit einer Quelle das gegenteil, aber ich habe das jedenfalls so in Erfahrung. Das ist ein subtiler aber schwerwiegender Fehler.
Stiefel no Comment.
Beinkleider no Comment.
Die Plattenhandschuhe! Endlich etwas Konkretes. Leider habe ich noch nie in einer seriösen Quelle einen Plattenfäustling gesehen, meines Wissens gings da recht flüssig von Kettenfäustling zu Kettenfingerhandschuh zu verstärktem Kettenfingerhandschuh zu Plattenfingerhandschuh. Ich wäre sehr froh um Quellen eurerseits, was diese Sache angeht, interessiert mich gerade. Jedenfalls: Sehen wir drüber hinweg, dann bleibts bei Anfang 14. Jh. Die Bördlung stimmt total nicht, das wäre sicherlich gegen Ende 14. Jh. Na, solange ich keine genauen Quellen diesbezüglich habe, kann ich nichts sagen. Hilfe, ein Informationsleck.
Das Kettenhemd. In Verbindung zu den Plattenhandschuhen viiiiiiel zu weit, unbrauchbar. Hingegen, ich kenne eine Quelle (Hewitt, John: Ancient armour and weapons in Europe (Bd. 2). Akademische Druck- und Verlagsanstalt. Graz 1967. (Originalwerk publiziert in Oxford und London 1860) S. 164.)), in der so ein weites Kettenhemd um 1335 vorkommt, jedoch ohne Plattenhandschuhe oder derartiges. Aber grundsätzlich für das 14. Jh viiel zu weit. Und um der Epoche gerecht zu werden, sollte es schon bis zur Hälfte des Oberschenkels kommen... Ich sehe aber zu wenig, um hier richtig urteilen zu können. Aber grundsätzlich eine Katastrophe. Ach und... Lange Haare + Kettenrüstung = unkonform. Sehr unkonform.
Das Schwert... KA. Kenn ich mich nicht aus, erbitte um Hilfe.
Wo ist Kopf- Bein- und Fussschutz?
Wo ist - entschuldigt mich - überhaupt Schutz? :-
So.. Leider komme ich nicht drumrum, die Ausrüstung als Ganze zu beurteilen. Die Materialien lasse ich gleich weg, da stimmt nichts. Das Ensemble ist eine Tragödie, absolut. Plattenhandschuhe und weite Kettenhemd lösen bei mir halt schon den arg-würg-Larp-Effekt aus.
Noch als Anmerkung, den Überwurf des Rosses fonde ich super, abgesehen von Stoffe, den Stiegeisen (*heul*) und den falschen Wappenformen.
Und zum Schluss noch folgendes: Ich lese normalerweise immer zuerst die Bildunterschriften. Als ich "Vollmontur" gelesen habe, flug die Zeitung in weitem Bogen aus dem Fenster. Finde ich, ehrlich gesagt, das Schlimmste des ganzen Artikels. Das Ross wäre sicher nicht einmal in der Lage, die zusätzlichen 2 bis 3 Zentner zu tragen !
Zum Schluss, die Zweite: Japanische Kampfkunst ist mit authentischen europäischen Rüstungen aus dem 14. Jh. NICHT kompatibel! Keinesfalls, nie.