Religiosität re-enacten

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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon schlumpf am Mo 10 Mai, 2010 13:36

Obwohl der Glauben in der römischen Zeit einen für uns kaum mehr nachzuvollziehenden Bestandteil des täglichen Lebens war, wird es von uns eher am Rande dargestellt.
Was wir aber trozdem machen, ist z.B. spezielle Weihezeremonien (z.B. als wird den neuen Adler weihten) oder natürlich im Rahmen von Darstellungen für Besucher.

Aber es hat natürlich einen ganz anderen Stellenwert als vor 2000 Jahren (wir sind nun mal aus dem 20.Jahrhundert...)
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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon Seegras am Mo 10 Mai, 2010 13:45

Glaube ist wurscht, religiöses Benehmen im korrekten Rahmen der Zeit hingegen relevant. Kurze Gebete vor einer Schlacht (oder vor dem Mahl? Da wär ich mir nicht mal so sicher), zumindest offensichtliches Einhalten von Fastentagen, etc. gehören dazu. Es ist egal ob die Leute nun Beten, solange es nur danach aussieht, und es ist egal ob irgendwo Freitags noch Fleisch gegessen wird, solange man das nicht sieht.

Und manchmal ist für heutige Anhänger der entsprechenden Kirche eher schwer zu schlucken wie das früher war, da eben Dinge dazugehören die heute in der Kirche nicht mehr gern gesehen werden. Lautes Geschwätz, spielende Kinder, Würfel- und Kartenspiel, Kopfbedeckungen (es gilt eher als unanständig ohne Kopfbedeckung herumzulaufen), Waffen, Tiere (bis hin zu Adeligen die mit dem Pferd in die Kirche reiten, oder einem Pfaffen der die Messe mit dem Jagdfalken auf der Hand hält!), Essen und Trinken...
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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon simonscots am Mo 10 Mai, 2010 14:08

shortbread: Dabei hab ich mich auf meinen Darstellungszeitraum bezogen.

Gruß Simon
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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon Napoleon am Mo 10 Mai, 2010 16:07

Ich teile Seegras Meinung. Der Glaube ist egal.
Wichtig ist was zur Darstellung gehört.
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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon elias am Mo 10 Mai, 2010 16:43

Seegras hat geschrieben:Glaube ist wurscht, religiöses Benehmen im korrekten Rahmen der Zeit hingegen relevant. Kurze Gebete vor einer Schlacht (oder vor dem Mahl? Da wär ich mir nicht mal so sicher), zumindest offensichtliches Einhalten von Fastentagen, etc. gehören dazu.


Die Andacht vor dem Waffengang scheint mir etwas, das leider viel zu oft links liegen gelassen wird. Auch als nicht religiöser Mensch im Sinne der Kirche wäre dies für mich ein wichtiges Element. Einfach nur aufmarschieren und auf den Gegner eindreschen ist meiner Meinung nach zu simpel. Eine kurze Einkehr vor dem Gemetzel verdeutlicht meiner Ansicht nach die Grausamkeit der Realität, die wir darzustellen versuchen. Es gibt der Darstellung eine weitere Dimension, die dem einen oder anderen Zuschauer vielleicht sogar einen Denkanstoss geben könnte. Wollten wir nur Spektakel umsetzen, könnten wir genauso gut Disneyland reenacten.
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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon Hagelhans am Mo 10 Mai, 2010 17:31

Für mich gehört Religion unbedingt zur Darstellung!
da ich von meinem persönlichen glauben aus jede religion in meinen dargestellten Zeiten gewissenlos auf die Schippe nehmen kann, sogar manchmal etwas überspitzt. :smt047
Im Mittelalter feilsche ich gerne mal mit einem Pfaffen um einen Ablass oder gebe die Verantwortung für ein Missgeschick dem versagen eines Heiligen und verspreche in zukunft einem nützlicheren sankt sowoeso zu spenden e.t.c.

Im ACW bin ich etwas vorsichtiger. Insbesondere wen es um die Sklavenfrage geht. dan frage ich erst zurück ob meione jetzige meinung oder die meinung der Person aus der geschichte gefragt ist. bei zweiteren lässt es sich dan auf manigfache weise aus der Bibel belegen dass es entweder gar keine wirkliche Sklaverei giebt in den Südstaaten oder dass diese von Gott gewollt oder zumindest toleriert ist.

Für mich ist der Versuch Religionen und religiosität bestimmter Epochen zu verstehen durchaus wichtig um das Handeln von einzelner Personen oder ganzer Völker verstehen zu können und desshalb gehört es, soweit als möglich, durchaus auch zur darstellung.
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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon Hontes am Mo 10 Mai, 2010 20:03

Mir lief die Frage der Religiösität in der Darstellung vor drei Wochen über den Weg gelaufen, als wir vor der Schlacht ein kleines "Gebet" gesprochen haben... Danke für die Diskussion hier!
Ich schliesse mich hier Hagelhans an, wenn wir mit dem Anspruch des Sich-Annäherns und des Verstehen-Wollens an eine Darstellung herangehen, so gehört Spriritualität ebenso zum täglichen Leben wie eine sorgfältig recherchierte Klamotte.


Eine kleine Anmerkung in eine andere Richtung:

elias hat geschrieben: Die Andacht vor dem Waffengang scheint mir etwas, das leider viel zu oft links liegen gelassen wird. Auch als nicht religiöser Mensch im Sinne der Kirche wäre dies für mich ein wichtiges Element. Einfach nur aufmarschieren und auf den Gegner eindreschen ist meiner Meinung nach zu simpel. Eine kurze Einkehr vor dem Gemetzel verdeutlicht meiner Ansicht nach die Grausamkeit der Realität, die wir darzustellen versuchen.
(Zitat eventuell zweckentfremdet...)

Ich bin für Andachten vor Schlachtendarstellungen, insbesondere, wenn das ganze frei (Freikampf) ablaufen soll.
Ähnlich dem Angrüssen im Reich des Budo sollte das ein wenig mehr Sicherheit und Ernsthaftigkeit implementieren. So hoffe ich zumindest...
Fechten ist wie kochendes Wasser: sobald man aufhört, Energie hinzuzugeben, kühlt es ab.
Historisches Fechten: http://www.hohentwieler-klingenkunst.de
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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon Sutoris am Mi 19 Mai, 2010 03:34

Maja hat geschrieben:Also ich finde die Frage nicht ketzerisch, sondern interessant!
Mein Verhältnis zur Kirche und zur Religionspraxis gewisser Christen ist , mal so gesagt, eher gespalten. Trotzdem kann ich mir's gut vorstellen, im Rahmen eines Anlasses zu fasten, oder (was schon schwieriger sein dürfte) morgens früh zum Gebet in die Kappelle zu gehen. Man kann ja dort den Gedanken nachhängen, weiterschlafen, die Nachbarin begutachten....wenn im Mittelalter alle und jede(r) immer nur fromm und andächtig in der Kirche gebetet haben, dann fress ich einen Besen! Die Anrufung Gottes oder der Götter vor der Schlacht gehört, wie irrwitzig dies für uns Heutige scheint, schon dazu.
Je näher wir der Gegenwart kommen, desto schwieriger dürfte es hingegen werden.


Hallo Maja,

vielleicht wurde nicht immer freiwillig zur Kirche gegangen. In der St. Sebalduskirche in Nürnberg, eine der ältesten Kirchen in Nürnberg, gab es z.B. sog. Zunftstühle. Das waren teilweise reich verzierte hölzerne Sitze, in denen am Sonntag die Zunftmeister saßen und beobachteten, wer aus der Zunft in die Kirche ging und wer was spendete. Denn jeder Zunftsitz hatte auch gleichzeitig eine Sammelschale für die Spenden und jedes Zunftmitglied spendete beim jeweiligen Zunftmeister. Und wenn kein wichtiger Grund vorlag, einen Kirchgang auszulassen, kam es innerhalb der Zünfte durchaus auch zu Sanktionen.

Auch wenn es in der heutigen Zeit fast schon chic ist, aus der Kirche auszutreten, sollte man sich im Mittelalter vor Augen führen, dass die Kirche ja nicht nur aus Gottesdiensten und Beten bestand. Gerade im Mittelalter übernahm die Kirche viele soziale Aufgaben, wie Kleidersammlungen für die Armen, Versorgung der Kranken in Spitälern, Bereitstellung von Unterkünften für Pilger, christliche Erziehung von Kindern, etc. Diese Aufgaben werden heute zunehmend von freien Organisationen übernommen.

Gruß Sutoris
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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon Maja am Mi 19 Mai, 2010 14:20

Hallo Sutoris
Klar - von freiwillig keine Rede, ich denke der Begriff ist in diesem Zusammenhang auch nicht ganz passend. Zum einen wird der Kirchgang wohl einfach eine Selbstverständlichkeit gewesen sein und angesichts des Fegefeuers und der ewigen Verdammnis sowieso eine Unabdingbarkeit. Ich denke, dass damals die strike Trennung zwischen profan und religiös noch nicht so messerscharf war wie heute und dass- wie Du ja auch andeutest- der Kirchenbesuch Gelegenheit bot, um gleichzeitig oder nebenbei noch andere, durchaus "weltliche" Angelegenheiten zu erledigen.
Ich stelle mir auch vor, dass das für die wenigsten verständliche Latein der Liturgie nicht gerade dazu beitrug, die Aufmerksamkeit der Kirchgänger zu fördern. Doch für viele dürften Weihrauch, Kerzenschein, Wandschmuck und der wenn auch unverständliche Gesang eine geheimnisvoll-faszinierende Wirkung erziehlt haben und damit im direkten Gegensatz zum alltäglichen Leben gestanden haben.
Bedenke wohl, um was du die Götter bittest - sie könnten es dir gewähren!
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Re: Religiosität re-enacten

Beitragvon Sutoris am Do 20 Mai, 2010 05:12

Maja hat geschrieben:Hallo Sutoris
Klar - von freiwillig keine Rede, ich denke der Begriff ist in diesem Zusammenhang auch nicht ganz passend. Zum einen wird der Kirchgang wohl einfach eine Selbstverständlichkeit gewesen sein und angesichts des Fegefeuers und der ewigen Verdammnis sowieso eine Unabdingbarkeit. Ich denke, dass damals die strike Trennung zwischen profan und religiös noch nicht so messerscharf war wie heute und dass- wie Du ja auch andeutest- der Kirchenbesuch Gelegenheit bot, um gleichzeitig oder nebenbei noch andere, durchaus "weltliche" Angelegenheiten zu erledigen.
Ich stelle mir auch vor, dass das für die wenigsten verständliche Latein der Liturgie nicht gerade dazu beitrug, die Aufmerksamkeit der Kirchgänger zu fördern. Doch für viele dürften Weihrauch, Kerzenschein, Wandschmuck und der wenn auch unverständliche Gesang eine geheimnisvoll-faszinierende Wirkung erziehlt haben und damit im direkten Gegensatz zum alltäglichen Leben gestanden haben.



Hallo Maja,
ich stimme Dir voll zu. Wenn man alleine an die Zeit unserer Großeltern und teilweise noch Eltern zurück denkt, da gehörte der sonntägliche Kirchbesuch einfach mit dazu. Man munkelt ja, dass zahlreiche Männer nur in die Kirche gingen, um anschließend im Gasthaus nebenan den Frühschoppen einzunehmen. :-#

Sicherlich wirkte die Kirche auch eine gewisse Faszination auf die Menschen aus. Man muss sich vor Augen führen, dass die einfachen Leute (und das waren damals ca. 85% der Bevölkerung) unter einfachen Verhältnissen lebten und arbeiteten. Dahingegen war alleine schon die Größe einer Kirche, Kathedrale oder eines Doms beeindruckend. Selbst heute ist man beim Besuch eines Doms noch fasziniert von der Größe des Raumes.
Solche Dinge wie Weihrauch, Kerzenschein, Wandschmuck und der unverständliche Gesang taten ihr übriges.

Die lateinischen Messen waren sicherlich ebenso Teil der 'Strategie' (sofern man hier von Strategie sprechen kann) die Menschen zu beeinflussen, wie die 'Donnerpredigten' von der Kanzel herunter und das Verteufeln bestimmter Literatur oder bestimmter Modeerscheinungen (wie. z.B. Schnabelschuhe). Eine Aufklärung der Menschen war ja über Jahrhunderte von der Kirche nicht gewünscht. Daran hat sich ja teilweise bis heute nicht viel geändert. Vor kurzer Zeit sah ich noch einen TV-Bericht zu den aktuellen Missbrauchsfällen in der Kirche, bei der von der Kirche die Schuld auf die sexuelle Revolution der 60er Jahre geschoben wurde. :smt058 Ich denke, das ist auch der Grund, weshalb es heute so viele Kirchenaustritte gibt. Die Kirche ist einfach auf einem gewissen Stand stehen geblieben und hat sich nicht mit den Menschen weiter entwickelt.

Gruß Sutoris
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