Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon troupier suisse am Di 01 Dez, 2009 09:15

Wenn in einigen islamischen Ländern Christentum und Bau christlicher Gotteshäuser stark eingeschränkt sind ist dies eine Sache. Aber darauf Argumente für den Umgang mit anderen Religionen hierzulande aufzubauen finde ich sehr heikel. Auf der selben Logik könnte man hierzulande die Einführung der Todesstrafe fordern, die ja dort auch praktiziert wird. Man sollte das Verhalten anderer nicht zum Masstab eigenen Verhaltens machen, denn damit schränkt man den eigenen Horizont erheblich ein. Für mich ist es irrelevant was andere woanders tun oder lassen, denn unsere Gesellschaft ist hier und hat ihren eigenen Rahmen.
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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon gijoe am Di 01 Dez, 2009 15:24

Ich mag mich erinnern vor langer Zeit einmal die Bibel und sogar den Koran gelesen zu haben, darin steht nichts von Kirchtürmen und Minareten. Den Zweck dieser Bauten hat Hagelhans oben treffend beschrieben wie auch einen Grund das solche Bauten heutzutage überflüssig sind. Wer meint seinem Glauben nur mit einem weithin sichtbaren Turm oder Minarete ausüben zu können , kommt mir eher verdächtig vor und wird kaum fortschritlich-tolerant denken.
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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon Hagelhans am Di 01 Dez, 2009 15:35

Swissmando hat geschrieben:Hallo zusammen.


Und könnte von unserer seite vieleicht etwas zum verständnis der Kulturen beigesteuert werden. Den Fakt ist ohne den Islam gäbe es heute wohl nicht das Europa das wir im Moment haben.

gruss Swissmando


Um mal wieder ein wenig von den politisch-religiösen Grundsatzfragen weg zu kommen möchte ich doch gerne uch eure Meinungen zum geschichtlichen Aspekt hören.

Fakt ist: Bram Stoker hätte für seinen Roman Dracula einen anderen Namen suchen müssen da ohne Moslems Vlad III.
ein unbedeutender Walachenfürst geblieben wäre.
Die Crossons wären nie erfunden worden. Wien wäre um einige Heldendenkmähler ärmer und einer meiner Lieblingsmärsche wohl nie komponiert.
http://www.youtube.com/watch?v=KP-CnfDi8iw

Und jetzt mal eine Meinung ohne bissigen Sarkasmus :smt047
"Wir sind alle Anerkennungsjunkies - Affen in Anzügen, die um Applaus betteln." -Jake Green.
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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon Wolfgang Ritter am Di 01 Dez, 2009 16:05

gijoe hat geschrieben:Ich mag mich erinnern vor langer Zeit einmal die Bibel und sogar den Koran gelesen zu haben, darin steht nichts von Kirchtürmen und Minareten. Den Zweck dieser Bauten hat Hagelhans oben treffend beschrieben wie auch einen Grund das solche Bauten heutzutage überflüssig sind. Wer meint seinem Glauben nur mit einem weithin sichtbaren Turm oder Minarete ausüben zu können , kommt mir eher verdächtig vor und wird kaum fortschritlich-tolerant denken.

1. Pardon, aber ich glaube Dir schlicht nicht, dass Du sowohl Bibel, als auch Koran in Gänze gelesen hast. Sind ja nicht gerade Kurzgeschichten.
2. Allerdings ist das auch irrelevant, denn zur Religionsfreiheit gehört gerade auch die Freiheit, dass die Ausübenden bestimmen können, wie sie ihre Religion ausüben. In allen Religionen dürfte das Gebet und der Gottesdienst eine ziemlich prominente Rolle spielen. Natürlich gehört zur Religionsfreiheit auch die Freiheit, sich Stätten des Gebets und des der freien Gottesdienstausübung zu suchen und diese zu kennzeichnen. Insofern sind hier keineswegs Muslime im Begründungszwang, weshalb sie ein Minarett als Zeichen ihrer Gebetsstätte haben wollen. Ich finde es im Gegenteil ziemlich anmaßend, für andere derartigen Symbolismus nicht nur als unzeitgemäß zu beurteilen, sondern sogar denen noch Intoleranz vorzuwerfen.
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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon Seegras am Di 01 Dez, 2009 16:30

Islam hin oder her; auf jeden Fall würde ich doch einiges an arabischen Sachen arg vermissen wenn Europa nicht auf Kreuzzüge gegangen wäre, und die Mauren nicht Spanien okkupiert hätten, respektive da nicht ein reger Kulturaustausch gewesen wäre:

- Al-chimie (mit weiteren so sachen wie Al-kali, Al-Kohol, Amalgam, Anilin und Elixier und Karaffe)
- Magazin (Mehsan)und Al-Arsenal, die Gamasche (gadamasiy) und das Kaliber und Kandare
- Die Fanfare und die Gala, auch die Kuppel und den Lack
- Admiral (amir), Havarie (awar), Al-manach, Kabel und Al-batros
- Laute (al ud) und Makramee und ein Amulett und einen Talisman
- Matratze (madrash) und Baldachin. Chiffon und Damast und Satin auch. Intarsie ebenfalls.
- Al-Gebra, Al-Gorithmus, Ziffer (Sifr), Azimut, Theodolit (the alhidad), Karat und den Zenit.
- Safran (az zaffaran), Artischocke (al-hursufa), Aprikose, Estragon, Arrak, Kandis, Zucker, Watte, Spinat, Kapern und natürlich Mokka und Kaffee und die Tasse gleich dazu.
- Die Schaube/Joppe (schubba) die Mütze und den Koffer
undundund.

Verzichten könnt ich aber auf den Zoll (Duane/Diwan) mit ihrem Tarif, die Razzia und den Kadi ;)
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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon Swissmando am Di 01 Dez, 2009 16:40

Thema Ablenkungsvorschlag von Hagelhans eintreten:

Vom kulinarischen abgesehen. Wärend den "Dunklen Zeiten" des Frühmittelaters wo befanden sich die kulturellen Erbstücke der Griechen und Römer? In Trier oder Worms oder in den Bibliotheken von Alexandria?
Das Königreich Al-Andalus hat wohl wie kein zweites zum Erhalt von Literatur und Wissen beigetragen und der Rückflutung nach Europa.
Man muss eines Festhalten. Zu beginn der Islamischen Religion, wahr das Kernland Arabien Syrien etc. eine kulturele Hochburg nicht der ... sagen wirs mal Vorsichtig... Dornröschienschlaf von Heute. Ein Leuchtfeuer in die dunkelheit nach dem Nidergang von Westrom. Ohne Arabisch Architektur währen unsere europäischen Katedrahlen nie entstanden. Das wissen um die Mathematik wurde dort bewahrt und uns zurückgegeben( ok. wir habes geklaut... seis drumm).
Und das sind leider tatsachen die im lauthals vorgetragenen Medienhype leider untergehen.
Kote Darasum Kote
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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon gijoe am Di 01 Dez, 2009 19:30

1. Pardon, aber ich glaube Dir schlicht nicht, dass Du sowohl Bibel, als auch Koran in Gänze gelesen hast. Sind ja nicht gerade Kurzgeschichten.

Ich kann nur jedem mal empfehlen das gleiche zu tun. Als Start empfehle ich jedoch ein paar Schriften aus dem Asiatischen Raum zu lesen, um den Durchhaltewillen zu stärken den der Koran verlangt eine hohes Maas am Disziplin. Er soll laut gelesen werden , auf arabisch, ist weder interessant noch besonders poetsich sondern preist in erster Linie Allah und schneidet ein paar Geschichten an die wir auch aus der Bibel kennen. Diese hat der Prophet auf seine Reisen von christlichen Predigern aufgeschnappt. Die Schrift selbst ist eigentlich nicht gefährlich , sie wird nur oft missbraucht und falsch ausgelegt. Dies ist ach kein Problem weil die meisten den Koran gar nicht lesen oder nicht verstehen .
Ist der Koran von Allah inspiriert oder hat Allah Mohamed den Koran wörtlich diktiert ?
Wenn wir in der Geschichte zurück gehen sehen wir eine fortschritliche tolerante Islamische Kultur.
Irgendwann ist sie ertarrt , nicht durch den Koran , sondern durch die radikalen Zusatzwerke die veralterte Werte auf ewig konservieren.
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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon troupier suisse am Mi 02 Dez, 2009 07:16

Aus den Kreuzzügen aus arabischer Feder

Ich las vor über einem Jahr ein Werk von Francesco Gabrieli über die arabischen Quellen zu den Kreuzzügen. Bei den Thread ist mein Startpost noch im alten Forum verloren gegangen. Aber ich habe davon ein Backup gemacht nach den Verfassen, und stelle es hier rein. Es geht um einen arabischen Chronisten in der Zeit der Kreuzzüge.

Da gab es mit Imad ad-Din al-Isfahani einen Chronisten der es verstand Schlachtenberichte so in Worte zu fassen dass jeder Fantasyschriftsteller davon lernen könnte. Eine übersetzte Passage aus den Kreuzzügen zur Schlacht um die Hörner von Hattin sei hier zitiert, als sich Guy de Lusignan, König von Jerusalem am 4.Juli 1187 bei den Hörnern von Hattin weit weg von allem Trinkwasser dafür mit der Reliquie des Heiligen Kreuzes von den Truppen Saladins einkesseln liess, um kläglich mit seinem Heer unterzugehen.

Und nun lest wie sich Mars und Eros im Tanze vereinigen, auf dass Ihr blumige Phrasen farbige Metaphern in orientalischer Eleganz lernet, welche die unbeseelt labernden Politikerzungen unserer Tage als lahm und tumb entlarven - beim Barte des Propheten:

"Als schliesslich die Dämmerung anbrach und der Morgen erglänzte, als die Morgenröte Ströme des Tageslichts vergoss, der Klang der Posaune den Raben des Staubes erschreckte, das Schwert in der Scheide erwachte und die glühenden Lanzen entflammten, die Bogen sich von neuem krümmten und das Feuer hochschlug, die Klinge aus der Scheide gezogen wurde und es kein Zögern mehr gab -

da begannen den Bogenschützen, mit den glühenden Spitzen die dem Höllenfeuer Bestimmten zu verbrennen, die Bogen summten und die Sehnen sangen, die biegsamen Lanzen der Tapferen tanzten und entschleierten die Bräute der Schlacht; nackt aus der Scheide erschienen die Schwerter in der Menge, die braunen Lanzen weideten sich an ihrem Futter, den Lenden.

Endlich hoffen die Franken auf Erleichterung, ihre bedrängten Scharen suchten einen Ausweg, aber bei jedem Ausfall wurden sie durchbohrt und gequält von der Glut des Kampfes, ohne zu entkommen. Ausgedurstet griffen sie an, denn sie hatten kein anderes Wasser als das Wasser der von ihnen ergriffenen Klingen. Das Feuer der Pfeile verbrannte und verletzte sie, ständig waren sie Ziel der harten Angriffe der Bogen, die sie zu Tode trafen. [...]

Die Pfeile griffen sie an, und die Löwen unter ihnen verwandelten sich in Igel, die Pfeile bedrängten sie und rissen grosse Lücken unter ihnen. Sie suchten Zuflucht auf dem Hügel von Hattin, damit er sie vor der Sintflut des Untergangs bewahre, und Hattin wurde umgeben von den Bannern der Zerstörung. Die Klingen des Schwerter saugten ihnen das Leben aus und verstreuten sie über die Hügel, die Pfeile beschossen sie, wildes Todeslos schindete sie, das Unglück zermalmte sie. Sie wurden zum Ziel des Todes, zur Beute des Schicksals. [...]

Das Schlachtfeld wurde ein blutiges Meer, der Staub färbte sich rot, es flossen Ströme vergossenen Blutes, das Antlitz des reinen Glaubens enthüllte sich frei von jenem dunklen Schmutz. O süsse Düfte des Sieges über diese Ruchlosigkeit! O glühende Qualen der Strafe über jene Leichen! O süsser Trost der Herzen durch die Schändlichkeit dieses Wirrwarrs."


Den weiteren Thread (ohne den obigen, der wie gesagt verloren ging) findet man unter:

viewtopic.php?f=6&t=2864

P.S. Mag sein dass der Koran schwierig zu lesen ist für abendländische Augen. Aber wahrlich, ich sage euch dass die Bibel da auch keine leichte Kost ist. Alleine die Tatsache dass die Autoren erst ziemlich lange nach den Ereignissen begannen die Sache niederzuschreiben, wirft Schatten des Zweifels auf einige Dinge. Partiell wäre es, also ob man Shakespeares "Henry V." nehmen würde, um daraus unumstössliche Wahrheiten über den Feldzug König Heinrichs in Frankreich und die Schlacht von Agincourt 1415 zu beziehen. Sehr sehr heikel.
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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon Andrej Pfeiffer-Perkuhn am Mi 02 Dez, 2009 07:55

gijoe hat geschrieben: und schneidet ein paar Geschichten an die wir auch aus der Bibel kennen. Diese hat der Prophet auf seine Reisen von christlichen Predigern aufgeschnappt.


Äh, da habe ich doch eher meine Zweifel. Das alte Testament stammt ja nun aus der Gegend und gehörte in diese, was schriftliche Werke angeht, doch recht gebildeten Kultur zu den Klassikern. Es darf daher durchaus angenommen werden das diese "christlichen" Geschichten eher Teil des allgemeinen Wissenskanons waren oder sogar zur üblichen theologischen Überlieferung gehörten.
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Re: Minaret-Verbot durchs Auge der Geschichte

Beitragvon Brundelinchen am Mi 02 Dez, 2009 08:08

@Seegras: wenn alles was Gutes aus den Kreuzzügen zurückgebracht wurde (das Schlechte beachte ich jetzt mal nicht) nicht mehr "ausgeübt" oder "benutzt" werden dürfte, dann hätten wir keine klassische Musik!

Die Notenschrift wurde Grossteils durch den Orient beeinflusst, ebenso gab es vor den Kreuzzügen keine Doppelrohrblattinstrumente (daraus entwickelte sich in den Jahren Oboe und Fagott) es gab keine Saiteninstrumente auf denen Melodien gespielt werden konnten, nur welche mit Begleitbordunen (die Laute kommt von Oud einem Gitarrenähnlichen
Saiteninstrument aus dem Orient).... es gäb keine Dudelsäcke (nein, den haben nicht die Schotten erfunden!).... es gäbe vieles nicth..... auch keine wirklich schönen grosse Trommeln (Davoul, ect.)
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