Timotheus hat geschrieben: So waren Ereignisse wie die Pest sicher auch mitverantwortlich für die drastische Körperfeindlichkeit in der Beziehung zwischen Mann und Frau. Im Gegensatz zu heutigen Vorstellungen ging man offenbar im Früh-und auch im Hochmittelalter noch relativ liberal mit so etwas um (z.B. in Badehäusern oder auch allgemein in Sachen Freizügigkeit)...
Ah, im Spätmittelalter auch.
Die Pest hat eher dazu geführt dass man die "Gottgegebene" Ordnung nicht mehr als solche wahrgenommen hat, denn es starb ja jeder daran, ob Prinz ob Bischof ob Bettelmann. Und die Frommen wie die Weltlichen. Und als Reaktion haben wir natürlich schon einerseits Leute die meinen Gottes Strafe habe sie getroffen weil sie zu wenig fromm waren, aber vorallem gibt es dadurch ganz viele Leute die areligiös werden und auch die Ständegesellschaft hinterfragen. Nicht umsonst haben wir da dann auch 1381 den ersten Bauerkrieg (in England).
Da ist die Syphilis viel logischer: Wer "sündigt" kriegt sie. Und tatsächlich kehrt sich dann auch die Wahrnehmung der Körperlichkeit in dieser Zeit um. Die Reformation ist nicht eine Liberale Bewegung, sondern eine "Konservative", man will weg von der Laissez-Faire-Mentalität (Einschub: Wie das jedesmal ist mit sogenannt Konservativen Bewegungen: Man projiziert ein Idealbild das es so nie gab in die fernere Vergangenheit und beklagt den heutigen Werteverfall. Das funktioniert heute noch genau gleich.).
Tatsächlich ist es nicht so dass diese Neokonservative Bewegung mit der Syphilis anfängt; die beginnt schon früher, spätestens 1486 als der Pabst den Glauben an Hexen legalisiert und damit die Hexenverfolgungen erst ermöglicht. Aber ich finde die (Wieder-)Entdeckung Amerikas einerseits und eine Seuche die derart für die neue Geisteshaltung steht sind richtig gute Gründe um da eine zeitliche Abgrenzung festzumachen.