von Voltigeur am Fr 12 Jan, 2007 22:21
Richtig troupier.
Leider hatte ich noch keine Zeit, aber Du hast die Frage richtig beantwortet.
Damit ist es an Dir, eine neue Frage zu stellen.
Hier noch die Geschichte dazu.:
Über die Wichtigkeit von Zöpfen.
Jean Pierre Bial, am 1. März 1773 geboren, trat 1792 als Freiwilliger in das 2e Bataillon des Volontaires de la Corrèze ein und war 1804 Capitaine im 22e régiment d'infanterie de ligne, das vom Colonel Schreiber kommandiert wurde. Er berichtet aus dem Lager von Boulogne:
Wir waren Teil der Division des Général Legrand, zusammen mit dem 26e und dem 3e Linienregiment und den Chasseurs Corses.
Während meiner Krankheit hatte ich mein Äußeres vernachlässigt, und meine Haare waren so verfilzt, daß mir der Friseur riet, sie abzuschneiden. Man muß sich dabei vergegenwärtigen, daß man damals die Haare noch lang und in einem Zopf trug, der mit einer Catogan genannten Schleife zusammengebunden wurde. Ich entschloß mich daher, sie abschneiden zu lassen, bevor ich Calais verließ, um mich meiner Einheit wieder anzuschließen, die bereits seit einigen Tagen abmarschiert war. Bei meiner Ankunft stattete ich den Colonel einen Besuch ab, welcher, als er mich erblickte, innehielt, um mich von Kopf bis Fuß zu mustern (vor allem am Kopf) und zunächst großes Erstaunen zeigte. Dann wurde er puterrot und ich glaubte, er würde hintenüber fallen. Man muß dazu sagen, daß der Colonel Schreiber noch völlig ancien régime war und außerdem Schweizer von Geburt, und zwar Schweizer in der vollen Bedeutung des Wortes. Im Übrigen war er ein guter Kerl und ein guter Garnisonsoffizier, ein rechter Prinzipienreiter, aber unfähig, im Feld zu kommandieren.
Dann sprach der Colonel, nachdem er mich begutachtet hatte: „Wie ! Sie haben Ihren Zopf abschneiden lassen ! Sie werden nicht aus der Reihe tanzen ! Was für ein Beispiel werden Sie Ihren Kameraden und Untergebenen geben !“
Und er marschierte auf und ab, von einem immer stärker anwachsenden Zorn bewegt, unentwegt wiederholend: „Ein Offizier ohne Zopf ! Ein Offizier ohne Zopf ! Ah, wo sind wir hingekommen, großer Gott !“
Diese Szene machte mich beinahe lachen, und als ich mich zum Gehen wandte, weil ich nicht mehr an mich halten konnte, sagte er: „Es tut mir leid für Sie, aber ich kann nicht anders, als Sie in Arrest zu setzen. Die Sache ist zu ernst, verstehen Sie ! Darüber hinaus, werde ich darüber höheren Ortes Bericht erstatten. Es tut mir leid für Sie, aber die Sache ist zu ernst. Was ! Sich den Zopf ohne Erlaubnis abschneiden zu lassen ! Und wo kommen wir da hin !“
Als ich, mich zum Gehen wendend, die Ordonnanz grüßte, hielt er mich zurück: „Hören sie, Monsieur Bial, ich seh, daß Sie noch nicht völlig wiederhergestellt sind. In einer schlechten Bude (»turne« - so nannte er die Lagerhütten, in denen wir wohnten), das könnte Ihrer Gesundheit schaden, ich gestatte Ihnen, sich in einem Haus in einem Dorf nach Ihrem Belieben einzurichten.“
Ich dankte ihm für diese Zuvorkommenheit und zog mich voller Würde zurück.
Als mein Mißgeschick bekannt wurde, äußerte eine große Zahl Kameraden von verschiedenen Regimentern ihre Mißbilligung dieser auch ungerechten Maßnahme. Ich richtete mich indessen in dem ausreichend geräumigen Haus eines Fischers bei der Dame Beauvent ein, wo ich mich sehr wohl befand, umsomehr, als zu dieser Jahreszeit an der Küste ein schreckliches Wetter war.
Meine Freunde schlugen mir vor, einen Tisch bei mir einzurichten, um meinen Arrest weniger langweilig zu gestalten. Wir bildeten einen Kreis von einem Dutzend munterer Freunde des Vergnügens. Unsere Diener, unterstützt von Frau Beauvent, sorgten für eine hervorragende Küche.
Uns ging es so in allen Beziehungen ausgezeichnet. Andere Offiziere kamen, um abends die Zeit mit Spielen, Singen, Trinken und Musizieren zu verbringen. Einer von uns hatte selbst ein einigermaßen ausgelassenes Lied über »La queue du colonel« (»Der Zopf des Colonel«) verfaßt, das man bald im ganzen Lager trällerte.
Zu dieser Zeit lag die 1. Division im Lager auf der rechten Seite, auf den Klippen, nicht weit vom Tour d'ivoire. Diese Division wurde vom Général Saint-Hilaire kommandiert. Die 2. Division hatte an ihrer Spitze den Général Bison, und befand sich im Lager auf der linken Seite, das auch d'Outreau genannt wurde. Die 3. Division, die des Général Legrand, stand bei Ambleteuse, und die 4., die des Général Suchet, bei Wimereux. Das Ganze unter dem Befehl des Général en chef, Soult. Darüber hinaus gab es bei Dunkerque das Korps von Davout, das von Ney bei Etaples, und das 2. Korps, unter Oudinot, bei Arras. Alle diese Korps zusammen ließen die Armee auf beinahe 200.000 Mann anwachsen. Und was für eine Armee ! Mit ihr konnte man unfehlbar ganz Europa erobern. Und dabei wurde sie nur gegen eine einzige Macht geführt. Doch gab es eine schwer zu überwindende Hürde, eine Überfahrt von 7 lieus (etwa 28 km) - daher mußte man mit einer ziemlich schwachen kleinen Flotte gegen eine hervorragende Flotte streiten ! Einige glaubten an die Verwirklichung des Projektes, in England auszuschiffen. Die Engländer waren alarmiert. Sie zeigten eine bemerkenswerte Wachsamkeit und entwickelten Verteidigungsmaßnahmen, die eines großen Volkes würdig sind.
Wie schon gesagt, verbrachte ich meinen Arrest auf eine sehr angenehme Art und Weise, als der Colonel mich nach etwa zehn Tagen zu sich rufen ließ: „Capitaine,“ sagte er mir, hier ein Schreiben, das Sie betrifft, lesen Sie.“ Und ich las, daß der Erste Konsul mich mit Wirkung vom 26. Prairial XII (15. Juni 1804) zum Mitglied der neu gegründeten Légion d'Honneur, ernannt hatte. Man kann sich vorstellen, wie diese Neuigkeit mein Herz mit Freude und Stolz erfüllte. Es waren fast 12 Jahre vergangen, seit ich meine Provinz als einfacher Freiwilliger verlassen hatte. Mit 19 Jahren war ich Lieutenant geworden, und hatte ein Jahr später die Funktion des Capitaine wahrgenommen. Außerdem hatte ich das Bewußtsein, meine Pflicht getan zu haben. Aber hatten nicht so viele andere genauso viel getan ? Wie dem auch sei, der Erste Konsul hatte sein Versprechen am Morgen nach Marengo nicht vergessen. Mein Ehrensäbel hatte sich in ein hübsches Kreuz auf meiner Brust verwandelt. Ich war 30 Jahre alt, ohne weiteres Verlangen, als meinem Vaterland zu dienen und mit zur Größe Frankreichs beizutragen.
Der Colonel Schreiber beglückwünschte mich sehr ... warm. Doch man spürte, daß er sehr gerne an meiner Stelle gewesen wäre. „Übrigens,“ so sagte er mir, „werde ich Ihren Arrest aus Anlaß Ihrer neuen Auszeichnung aufheben. Doch verhehle ich Ihnen nicht, daß ich nicht verstehen kann, wie sie ebenso an einfache Soldaten vergeben werden soll. Das ist die Umkehrung aller Grundsätze der Hierarchie ! Wo kommen wir bloß hin ! Wo kommen wir bloß hin !“ wiederholte er ohne Unterlaß.
Der Moniteur Officiel veröffentlichte bald die Liste der ersten Ernennungen, unter denen auch ich mich befand. Als ich an diesem Tag in das Café Moissi kam, wurde ich durch den Beifall meiner zahlreichen Freunde begrüßt. Die anderen betrachteten mich auf eine Art, die zum Ausdruck brachte: „Und ich, ich verdiene diese Gunst genauso !“ Und das war sicherlich bei vielen wahr. Doch bald konnten sie neuen Lorbeer pflücken und sich das »Croix des Braves« (das Kreuz der Tapferen) auf neuen Schlachtfeldern erringen, welche im Glanze neuer Siege erstrahlten.
Zu dieser persönliche Befriedigung sollte eine neue hinzukommen, aufgrund eines unwichtigen Befehls, der mir aber auf eine unverhoffte Weise die Oberhand gab. Gefiel es dem Ersten Konsul nicht so, die Armee à la Titus umzuwandeln ? Tatsächlich kam ein Tagesbefehl, um alle Truppenchefs aufzufordern, allen die Zöpfe abschneiden zu lassen: den Offizieren, den Unteroffizieren und den Soldaten. Großer Aufruhr und große Enttäuschung bei denen, die sehr an ihren Zöpfen hingen, doch es hieß gehorchen. Hatte der Meister nicht selbst das Beispiel gegeben ? Darüber hinaus erfuhr man, daß der Erste Konsul eine Revue über die ganze Armee abhalten werde, um sich selbst von der Umsetzung dieses Befehls zu überzeugen.
Ich war vielleicht der einzige Offizier im ganzen Lager von Boulogne, der den Vorschriften genau entsprach. Die Reihe war nun an mir, über die Zöpfe und diejenigen, die sie noch trugen, zu lachen und zu spotten ... ich ging, um meinen alten Colonel zu sehen, den ich aufgrund dieser Maßnahme am Boden zerstört vorfand. Ich hatte bereits erwähnt, daß er ein alter Stutzer war, sehr am Alten hängend, der sehr bedauerte, sich nicht mehr mit Puder und Pomade zugipsen zu können. „Nun, mein Colonel ! Was sagen Sie dazu ? Wenn Sie sich den Zopf nicht abschneiden lassen, werden Sie dann selber in Arrest geschickt ?“ fragte ich ihn lachend. „Ach ! Genug mit dem Spott ! Das ist eine elende Maßnahme ! Wir werden alle wie die Galeerensklaven entwürdigt.“ Sein Gesicht, durch den übermäßigen Gebrauch von Schminke sowieso schon ganz kupferrot, wurde unter dem Einfluß der Wut karmoisinrot. Und war er schon wütend gewesen, daß ich meinen Zopf abgeschnitten hatte, so wurde er noch wütender, daß er nun gezwungen war, seinen abzuschneiden ...
Wie dem auch sei, man mußte sich scheren lassen und alle wurden geschoren ... bis auf einige Starrköpfe, die es erreichten, ihre Zöpfe behalten zu dürfen, wie die Kavalleriegenerale d'Haupoult, Bessières und Legrand, sowie der Colonel Mouton.
Unmöglich ist nicht Französisch.