von troupier suisse am Mi 11 Aug, 2010 07:12
Heute in der Basellandschaftlichen Zeitung / Mittellandzeitung eine kleine Nachlese in Gestalt eines Kommentars aus der Feder eines Redaktors. Vielsagender Titel: "Die Kriegsgräuel verharmlost - Konvoi droht zu entgleisen".
Der Autor, ein Kollege des Herrn der bereits gestern aufgrund eines Leserbilds umfassende Betrachtungen anstellte, hat dessen polemisches Werk einfach mit neuem Satzbau versehen und mit zusätzlichen Flamings versehen um die platte Zitrone nochmals auszudrücken.
Der Redaktor stellt betroffen fest, dass sich mancher Besucher wunderte was er da zu sehen bekam. Da habe es "Reenactors" gegeben, die Schlachten nachspielten, darinter solche Soldaten die "wohl im Nachgang zum Gefecht", Gefallene bestatteten. Die Darbietung habe gruselig angemutet. Die Respektsbezeugungen unter dem der ganze Convoy gestanden habe seien dadurch mit einem faden Nachgeschmack versehen worden - auf Kosten jener die an den Stränden der Normandie ihr Leben gelassen hätten.
Die Erinnerung an Kriegsgräuel sei wichtig, doch mit dieser falschen Art der Darstellung drohe die gesamte Veranstaltung in eine blutrünstige Kriegsshow auszuarten.
Wenn man auf ein einziges Leserfoto unter Beigabe von Mutmassungen einen Kreuzzug aufbaut ohne den Ort des Geschehens überhaupt betreten zu haben, dann tötet man den klassischen Recherchejournalismus. Eine Schande für die Zunft. Man sollte ihnen die Feder/Tastatur wegnehmen und sie an der Rotationsmaschine Farbkästen putzen lassen, damit sie wissen was es heisst für eine Zeitung hart zu arbeiten und nicht bloss vom Monitor aus zu fabulieren.
Es gab keine nachgespielten Schlachten im Programm des Convoy, und auch keine Gefechte in dessen Nachgang "gefallene Kameraden" zu bestatten waren. Die Gräber und Darsteller berücksichtigten beide Seiten. Die kritisch angelegte szenische Installation "War Graves" ist im übrigen im September 1944 im Raum Niederlande/Belgien angesiedelt, und hat nicht das Geringste mit den Gefallenen an den Stränden der Normandie zu tun. Es scheint dem Redaktor entgangen zu sein, dass nicht nur in der Normandie Menschen starben, und dass es auf beiden Seiten der Front Leben ausgelöscht wurden.
Keiner unserer Briten und Kriegsgefangenen trug während der Darbietung Waffen. Es wurde nicht geschossen, gekämpft oder Blutvergiessen inszeniert. Nicht einmal Drill und Exerzieren gab es. Es wurde nur ruhig eine traurige Arbeit verrichtet die unzählige Male in jenen Tagen getan werden musste. Dennoch wird die Leistung aller anderen Gruppen im Re-enactorencamp von diesen Journalisten ignoriert, um nur dieses eine Display herauszustreichen und in einer zweckmässigen Umdeutung zur Schande des ganzen Convoy zu machen.
Kein Wort vom arbeitsintensiven Display des Detachment 40, von den über 10 Tonnen herangeschafften Materials der White Star 1944 und anderen Leistungen. Aber jede Menge Pharisäergeschrei um zehn weisse Holzkreuze. Zugleich wird suggeriert, dass das gesamte Re-enactment einzig militärische Darstellung zum 2. Weltkrieg bedeutet. Re-enactment umfasst Neuzeit, Mittelalter, Antike und behandelt ziviles Leben ebenso wie militärisches. Und das ganze durchsichtige Machwerk kommt aus der Feder von Leuten, die offenkundig der Veranstaltung Convoy to Remember in globo ohnehin wenig freundlich gesonnen sind, und denen dieser "Skandal" willkommen wie ein 6er im Lotto scheint.
Unser Chef ist es seinerseits gewohnt, dass er jedes Jahr die Finger in was drin hat, das Staub aufwirbelt. Letztes Jahr war es die Alpenfestung von SF DRS