06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Rückblick auf verschiedenste Re-enactment und Living History Veranstaltungen

Moderator: Napoleon

Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon cantarella am Di 10 Aug, 2010 18:50

Uih, ihr macht mich ganz verlegen... :smt053
Ich freu' mich, dass Euch meine Bilder gefallen. :-)
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Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon troupier suisse am Mi 11 Aug, 2010 07:12

Heute in der Basellandschaftlichen Zeitung / Mittellandzeitung eine kleine Nachlese in Gestalt eines Kommentars aus der Feder eines Redaktors. Vielsagender Titel: "Die Kriegsgräuel verharmlost - Konvoi droht zu entgleisen".

Der Autor, ein Kollege des Herrn der bereits gestern aufgrund eines Leserbilds umfassende Betrachtungen anstellte, hat dessen polemisches Werk einfach mit neuem Satzbau versehen und mit zusätzlichen Flamings versehen um die platte Zitrone nochmals auszudrücken.

Der Redaktor stellt betroffen fest, dass sich mancher Besucher wunderte was er da zu sehen bekam. Da habe es "Reenactors" gegeben, die Schlachten nachspielten, darinter solche Soldaten die "wohl im Nachgang zum Gefecht", Gefallene bestatteten. Die Darbietung habe gruselig angemutet. Die Respektsbezeugungen unter dem der ganze Convoy gestanden habe seien dadurch mit einem faden Nachgeschmack versehen worden - auf Kosten jener die an den Stränden der Normandie ihr Leben gelassen hätten.

Die Erinnerung an Kriegsgräuel sei wichtig, doch mit dieser falschen Art der Darstellung drohe die gesamte Veranstaltung in eine blutrünstige Kriegsshow auszuarten.


Wenn man auf ein einziges Leserfoto unter Beigabe von Mutmassungen einen Kreuzzug aufbaut ohne den Ort des Geschehens überhaupt betreten zu haben, dann tötet man den klassischen Recherchejournalismus. Eine Schande für die Zunft. Man sollte ihnen die Feder/Tastatur wegnehmen und sie an der Rotationsmaschine Farbkästen putzen lassen, damit sie wissen was es heisst für eine Zeitung hart zu arbeiten und nicht bloss vom Monitor aus zu fabulieren.

Es gab keine nachgespielten Schlachten im Programm des Convoy, und auch keine Gefechte in dessen Nachgang "gefallene Kameraden" zu bestatten waren. Die Gräber und Darsteller berücksichtigten beide Seiten. Die kritisch angelegte szenische Installation "War Graves" ist im übrigen im September 1944 im Raum Niederlande/Belgien angesiedelt, und hat nicht das Geringste mit den Gefallenen an den Stränden der Normandie zu tun. Es scheint dem Redaktor entgangen zu sein, dass nicht nur in der Normandie Menschen starben, und dass es auf beiden Seiten der Front Leben ausgelöscht wurden.

Keiner unserer Briten und Kriegsgefangenen trug während der Darbietung Waffen. Es wurde nicht geschossen, gekämpft oder Blutvergiessen inszeniert. Nicht einmal Drill und Exerzieren gab es. Es wurde nur ruhig eine traurige Arbeit verrichtet die unzählige Male in jenen Tagen getan werden musste. Dennoch wird die Leistung aller anderen Gruppen im Re-enactorencamp von diesen Journalisten ignoriert, um nur dieses eine Display herauszustreichen und in einer zweckmässigen Umdeutung zur Schande des ganzen Convoy zu machen.

Kein Wort vom arbeitsintensiven Display des Detachment 40, von den über 10 Tonnen herangeschafften Materials der White Star 1944 und anderen Leistungen. Aber jede Menge Pharisäergeschrei um zehn weisse Holzkreuze. Zugleich wird suggeriert, dass das gesamte Re-enactment einzig militärische Darstellung zum 2. Weltkrieg bedeutet. Re-enactment umfasst Neuzeit, Mittelalter, Antike und behandelt ziviles Leben ebenso wie militärisches. Und das ganze durchsichtige Machwerk kommt aus der Feder von Leuten, die offenkundig der Veranstaltung Convoy to Remember in globo ohnehin wenig freundlich gesonnen sind, und denen dieser "Skandal" willkommen wie ein 6er im Lotto scheint.

Unser Chef ist es seinerseits gewohnt, dass er jedes Jahr die Finger in was drin hat, das Staub aufwirbelt. Letztes Jahr war es die Alpenfestung von SF DRS
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Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon Doctor Who am Mi 11 Aug, 2010 07:50

Ach was solls.

Ich hatte auch schon meinen Ärger mit der Presse. Dass dann so weit gediehen ist, dass ich mit dem Leiter der Abteilung zum Mittagessen eingeladen worden bin. Seither ist der besagte Schreiberling unter Beobachtung.

Freuen wir uns an den positiven Reaktion derer, die dabei waren, obwohl sie zuerst auch gesagt haben es sei makaber.

Von einem Freund aus England habe ich folgende Reaktion erhalten. Er war nicht dabei in Birmenstorf. Habe ihm den Text gesendet und ein paar Bilder von der Installation.

Zitat
"I truly admire what you do. It inspiring to see people remembering history in such a positive way. You really are helping people of all nations to remember sacrifice.

I'm proud to call you a mate.

Well done, mate.

Taff"

Ich denke, das sagt wohl alles.
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Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon Napoleon am Mi 11 Aug, 2010 09:38

So, nun habe ich die Webseite der DLI aktualisiert. Neben den Fotos findet man auch die informationstexte zu der Installation welche wir vor Ort zur Verfügung gestellt haben.
http://www.durham-light-infantry.ch/war ... r_2010.htm

Lustigerweise hat mich heute früh die NZZ angerufen, jedoch wollte Sie mir ein Abo verkaufen. :smt042
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Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon Yaslaw am Mi 11 Aug, 2010 09:49

Gelungener Auftritt.
Kleiner Tipp, der Link 'Durham Light Infantry - Grave Registration Unit' im Header der Gallerie führt ins nichts...
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Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon Napoleon am Mi 11 Aug, 2010 09:58

Danke Yaslaw, weiss ich, muss ich noch ändern.
Zum ganzen gibt es noch einen Film und ein making of des Gebäudes.
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Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon Phil am Mi 11 Aug, 2010 10:54

Dass sich natürlich keiner der schreibenden Zeitungs-Herren bemüht hat mit den Verantwortlichen des Display vorort zu sprechen oder vielleicht nachher per mail nachzufragen, ist wie ich finde genau so unrühmlich wie das was sie zu implementieren versuchen. Wie nennt man das? Recherche...
Ich bin selber ein Journi, für solche aber schäme ich mich immer ein wenig.

Schade, schade, schade.
Gruss, Phil
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Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon troupier suisse am Mi 11 Aug, 2010 12:26

Das ist genau der Punkt. Wäre jemand vor Ort gewesen um Impressionen zu sammeln und Fragen zu stellen, dann wäre dies echter Journalismus gewesen. Aber der Event war dieser Zeitung nicht interessant genug für so viel Mühe. Da genügt das Foto eines "Leserfotographen" um daraus eine Story zu ziehen. Eben mit solchen Hobbyberichtern ohne journalistische Ausbildung, bar jeglicher Rechercheerfahrung, wird aber heute gearbeitet, um schnell und billig Spalten zu füllen.

Solche Praktiken sind noch zu verschmerzen wenn es um eine Saure-Gurken-Geschichte wie diesen "Holzkreuzskandal" geht. Aber wenn man daran denkt dass die Verantwortlichen eventuell auch bei der Berichterstattung zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft mit dem selben Modus vorgehen, dann wird einem arg unbehaglich. Mit solch bewussten Schlampereien können Existenzen vernichtet werden.

Der Vergleich mit Billy Wilders Reporter Chuck Tatum hinkt da zwar beidbeinig, zumal da der von Kirk Douglas verkörperte fiktive Hauptprotagonist seinen zweifelhaften Ruhm in Person am Schauplatz des Geschehens suchte, und keine Leserreporter seine Arbeit machen liess. Aber die Parabel auf das Geschäft mit dem Drama ist im Filmtitel von 1951 (The Big Carnival) durchaus spürbar. Jedenfalls hätte die skrupellose Spürnase Tatum zum Beispiel den Namen der Re-enactmentgruppe und des Verantwortlichen für das Display herausgefunden, und nicht mit Worthülsen sein Faktendefizit vernebelt, wenn ihm schon der tiefere Sinn der Sache entgangen ist.

Man hat das ungute Gefühl, dass die einst klaren Grenzen zwischen seriösem Journalismus und Boulevard zunehmend verwischen. Informationen aus zweiter und dritter Hand sind keine Informationen sondern Gerüchte, solange sie nicht verifiziert sind. Für solche Berichterstattung kann ich in der Plastikbox an der Busstation eine Gratiszeitung holen, oder sie zwischen zwei Bussitzen rausklauben, wo sie meist endet.

Aber tröste die Phil, da muss man drüber stehen. Solche Storys haben eine verdammt kurze Halbwertzeit und sind kalt und vergessen wenn der nächste "Knüller" serviert wird. Der Chef kocht auch schon am nächsten Event, diesmal ganz andere Epoche und anderer Hintergrund. Nach dem Event ist vor dem Event.
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Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon Tank am Mi 11 Aug, 2010 18:08

Bild

Über den Wolken muß die Freiheit wohl grenzenlos sein.
Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man,
Blieben darunter verborgen und dann
Würde, was uns groß und wichtig erscheint,
Plötzlich nichtig und klein.....


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Re: 06. - 08.08.2010 - Convoy to Remember

Beitragvon Phil am Mi 11 Aug, 2010 18:37

@troupier: es ist aber eben genau das was mich ärgert. Solch eine Geschichte wird hingeschludert und boulevardesque verarbeitet. Geht es um die Bundesratswahl, dann werden Fachjournis herangezogen, die sich seitenlang damit auseinandersetzen. Für mich geht da eben dann das arbeitstechnische Gleichgewicht nicht auf, von der Verantwortung, die man als Journalist auch hat gleich ganz abgesehen.
Aber sei es drum, ich hoffe dass es sich bewahrheitet und dieser Artikel ebenso schnell vergessen sein wird wie er geschrieben wurde.
Gruss, Phil
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