Achtung - Langfassung, wird zum ersten mal ausgestrahlt im Deutschen Fernsehen. Mehr weiter unten.
'Irres aus der Jugend Samuel Fullers, der als G.I. der Fighting First, der 1. Infantry Division mit dem roten Einser-Logo, weit herumkam: von Nordafrika 1942 über Sizilien, Omaha Beach am D-Day, Belgien und Deutschland bis zum Sturm auf das Konzentrationslager Falkenau im Mai 1945.
'Die episodische Handlung folgt vier G.I.s und ihrem Sergeant, Angehörige der so genannten 'Big Red One', deren Geschichte bis in den 1. Weltkrieg zurückreicht. Nach einer schwarz-weißen Exposition taucht der Sergeant (Lee Marvin) in Nordafrika wieder auf, der vor 25 Jahren einen deutschen Soldaten von Angesicht zu Angesicht tötete, weil er nicht wusste, dass der Krieg seit ein paar Stunden vorbei war. Jetzt befehligt er eine auf vier blutjunge G.I.s zusammengeschrumpfte Einheit, der der Film bei ihren Einsätzen durch halb Europa folgt. Da gibt es - wie in jedem Kriegsfilm - große Kampfszenen, und die Rekonstruktion hat einige neue mit prallem Leben (und Sterben) erfüllt. Doch wo in anderen Filmen die Siegerpose in den Vordergrund gerückt wird, macht Fuller unkonventionell die Kamera zum Zeugen kleiner absurder Randereignisse - ein Prinzip, das sich durch den gesamten Film fortsetzt und in einer (nun vollständig integrierten) Irrenhaus-Sequenz gipfelt, in der der Krieg das Gesicht eines Wahnsinnigen annimmt.
25 Jahre nach der verstümmelten Premieren-Fassung des Films von knapp 2 Stunden feierte der Film 2005 seine Wiederauferstehung: THE BIG RED ONE - THE RECONSTRUCTION bietet 15 neue Szenen, ist mehr als 40 Minuten länger und erstmals im deutschen Fernsehen zu sehen. Für die neue Version hat der Filmkritiker Richard Schickel das wieder entdeckte Material ausgewertet und nach Fullers Drehbuch letzter Hand eine Fassung erstellt, die dessen epischer Vision gerecht wird: 'Wir können nicht sagen, dass dies der Director's Cut ist. Wir haben viele kleine Szenen hinzugefügt, die Fuller vielleicht letztendlich raus geschnitten hätte.'
Samuel Fuller (1911-1997) war sicher einer der am wenigsten angepassten Regisseure des alten Hollywood-Studio-Systems: ein rauer, lebenspraller Erzähler vielfach authentischer Geschichten, ein echter Kino-Autor, der am liebsten alles selber machte, vom Schreiben über die Produktion bis zur Regie. Herauskam dabei ein Oeuvre muskulöser, zupackender Actionfilme, in denen sich Horror, Humor und fatalistischer Humanismus zu einem ganz eigenen Stil vereinen. 'The Big Red One' ist ein in vieler Hinsicht autobiografischer Film, in dem der junge, Zigarren kauende Robert Carradine als G.I. Zab sich unverkennbar als Alter Ego des jungen Sam Fuller präsentieren darf. Es ist die individuelle, auch über den langen Zeitabstand ungetrübte Erinnerung eines Mannes, der selbst dabei war, mehrfach für seine Tapferkeit ausgezeichnet wurde und sein Leben lang davon besessen war, seine persönlichen Eindrücke in Film umzusetzen. Davor hatte Fuller bereits andere Kriegsfilme gedreht und immer waren und blieben es weder militaristische noch pazifistische Filme. Richard Schickel hat seiner Rekonstruktion von 'The Big Red One' das Motto vorangestellt: 'Fictional Life based on Factual Death' - ein Satz, der klar macht, worum es im Film geht: nicht um eine Heldengeschichte, nicht um einen Anti-Kriegsfilm, nicht um die Desavouierung des Gegners oder die Heroisierung siegreicher amerikanischer Truppen, sondern um das nackte Überleben.
Jeder Erfolg, den man erzielt, schafft uns einen Feind. Man muß mittelmäßig sein, wenn man beliebt sein will.