It Ain't Half Hot Mum

Was demnächst im Kino, Fernsehen & Theater läuft oder gerade gelaufen ist.

It Ain't Half Hot Mum

Beitragvon troupier suisse am Fr 21 Mai, 2010 19:53

It Ain't Half Hot Mum

"It Ain't Half Hot Mum" ist britische Unterhaltungsserie aus der Feder von Jimmy Perry und David Croft, die Eingeweihte auch als Autoren von "Dad's Army" kennen dürften. Die Serie dreht sich um eine Concert Party der Royal Artillery, also eine Showtruppe der Armee. Sie ist 1945 im Royal Artillery Depot Deolali in Indien und später in Tin Min / Burma stationiert und wird kommandiert von Lieutenant-Colonel Charles Reynolds, dem schon das Dasein in der Etappe hat vorkommt, obwohl seine Hauptbeschäftigung aus dem gesellschaftlichen Umgang mit seinesgleichen, dem Schlürfen von rosa Gin und dem Bewältigen administrativer Aufgaben besteht.

Lieutenant-Colonel Reynolds ist stolz auf seine Unterhaltungstruppe und weiss dass sie ihn davor bewahrt ein Kommando an der Front übernehmen zu müssen. Bei seinen Aufgaben wird er unterstützt von Captain Jonathan Tarquin Ashwood, einem liebenswerten aber einfältigen Offizier der stets um Höflichkeitsformen besorgt ist, aber leicht manipulierbar ist. Die ganze Concert Party ist glücklich mit ihrer Rolle im Kriegsgeschehen, da niemand wirklich Lust hat den Japanern auf Bajonettlänge gegenüberzutreten. Lediglich einer ist höchst unbefriedigt in dieser Passivität und wünscht sehnlichst einen Fronteinsatz.

Battery Sergeant Major Tudor Brynne Williams ist im ganzen Haufen der einzige Berufssoldat und hat über 20 Dienstjahre auf dem Buckel. Er verabscheut die ganze Showtruppe, in der sich Männer Kostüme anziehen, schminken oder (most unnatural) als Frauen verkleiden, anstatt sich im Kampf zu stählen. Er tituliert sie sarkastisch als "Loyely Boys". Seine besondere Abneigung gilt Gunner Beaumont, der den Spitznamen "Gloria" trägt weil seine Vorliebe für weibliche Kostüme seinen feminimen Neigungen allgemein entspricht. Ebensowenig Liebe spürt der Sergeant für den Pianisten der Truppe, Gunner Jonathan Graham.

Graham nervt seinen Vorgesetzten schon allein weil er klug ist und englische Literatur studiert hat. Wenn immer Graham eine durchdachte Bemerkung macht, äfft der Sergeant dessen Oberklassenakzent nach um ihn danach lautstark niederzumachen. Auch hat er ihm den Titel "La-di-da-Gunner Graham" verpasst, um ihn oft und gerne damit anzusprechen. Die besondere Aufmerksamkeit des Sergeants besitzt auch der kleine rundliche Gunner Harold Sugden, dem der Beiname "Lofty" zukam. Seiner Erscheinung widerspricht gänzlich die grossartige Tenorstimme, die sogar der Sergeant mag. Ansonsten ist er das Ziel seines Spotts und wird immer zum Freiwilligen bei divesen Missionen bestimmt.

Der starke Mann der Truppe ist Gunner Mackintosh, ein Schotte der Telefonbücher zerreisst und eine etwas kurze Zündschnur hat wenn man ihm blöd kommt. Dann wäre da noch Gunner Nigel Parkins, von dem der Sergeant glaubt er wäre sein unehelicher und langer vermisster Sohn, was er ihm aber nicht offenbaren will und zu dem er als einziger immer freundlich ist. Alle in der Truppe inklusive Parkins wissen, dass er nicht sein Sohn ist, behalten dies aber für sich um es auszunutzen. Unter den Indern wäre noch Bearer Rangi Ram zu erwähnen, der sich so sehr mit den Briten idendifiziert dass er von seinen indischen Landsleuten nur als "verdammte Eingeborene" spricht.

Die Serie lief von 1974 bis 1981 und wird heute von BBC nicht mehr gezeigt, da sich 1979 Rassismusvorwürfe gegen sie erhoben. Ein Vorwurf der nicht vollständig nachvollziehbar ist, da praktisch alle darin Auftretenden stark überspitzte Karikaturen sind, vom steifen hochnäsigen britischen Offizier über den lauten archetypischen Sergeanten, den femininen Gunner Gloria bis zum indischen Träger oder dem einmal vorkommenden grossmäuligen und überheblichen amerikanischen Filmemacher. Zudem wurde das koloniale britische Selbstverständnis von 1945 ziemlich durch den Kakao gezogen. Das bewahrte die Serie nicht davor vom Bildschirm von BBC verbannt zu werden. Doch zum Glück gibt es youtube.

(Man beachte die liebevoll aufgetupften Schweissflecken in den Uniformen, um dem Publikum tropische Hitze vorzugaukeln während die ganze Serie in England gedreht wurde)

Eine köstliche Folge war "The Natives are revolting". Daraus hier die Sequenz in der festgestellt wird dass rebellische Inder heimlich den in Stein gelegten Titel "Royal Artillery Depot" in Scrabble-Manier in einen arg antibritischen Slogan umformulieren und den Union Jack der Briten am Flaggenmast gegen die indische Nationalfahne tauschen. Der Sergeant gerät darob derart in Rage, dass er schlussendlich die Britisch-Indischen Beziehungen entgegen der Weisungen des Colonels stark strapaziert. (Ich liebe das fiese erwartungsfrohe Grinsen des Sergeants bei Sekunde 1:58)

http://www.youtube.com/watch?v=nBV0M8c9 ... re=related



In der Folge "The Stars look down" muss die Concert Party für die Dreharbeiten eines amerikanischen Regisseurs herhalten. Dieser will einen Propagandafilm drehen, mit einem heroischen GI (dessen Vokabular aus "Gung Ho!" und "Yep" besteht) der den amerikanischen Kampfeswillen symbolisiert, während die Concert Party verweichlichte dämliche Briten oder kurzsichtige Japaner mit Überbiss spielen muss.

http://www.youtube.com/watch?v=taHLpICD ... re=related



Die Folge "Forbidden Fruits" befasst sich mit dem Dilemma von Soldaten fern der Heimat und aller Frauen. Ein etwas schlüpfriges Bühnenspiel das im sündigen Montmartre spielt wird für den Sergeanten zum Aufhänger für einen seiner zornigen Ausbrüche. Als er die Spindliteratur der Mannschaft inspiziert, stellt er fest dass die Truppe überwiegend von lüsternen Gedanken besessen sei (ausser Gunner Graham der ein missverstandenes Werk von James Joyce liest, und Lofty der mit seinem Buchgeschmack zu überraschen weiss).

http://www.youtube.com/watch?v=CVkHogaT ... re=related



Abschliessend hier noch der Spin-off-Auftritt von Windsor Davies (Sergeant) und Lofty (Don Estelle, der übrigens tatsächlich und wahrhaftig eine grossartige Tenorstimme hatte), mit dem Song "Whispering Grass", der über eine Million mal verkauft wurde. Don Estelle starb 2003 und wurde in Rochdale mit dem übergrossen Tropenhelm bestattet, den er in seiner unvergessenen Rolle als Lofty trug.

http://www.youtube.com/watch?v=10dmK7O- ... re=related
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Re: It Ain't Half Hot Mum

Beitragvon Hagelhans am Sa 22 Mai, 2010 00:28

Irgendwie schon rassistisch. Es giebt sicher auch gute Engländer. :smt047
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Re: It Ain't Half Hot Mum

Beitragvon Tech am Sa 22 Mai, 2010 07:27

Köstlich, wie Vorurteile und Komödie zusammen zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen. Als Feldweibel der Artillerie habe ich dann auch schon meinen Lieblingscharakter ausmachen können.

Battery Sergeant Major is definitely the best job in the Artillery.
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