von troupier suisse am Mo 26 Okt, 2009 13:31
Je länger je mehr stösst mich der aktuelle Stand der cineastischen Technik ab. Zuweilen komme ich mich von den "Zauberlehrlingen" veralbert vor, wenn die alles Klonen und die Leinwand mit virtueller Darstellung schwängern. Umso mehr wenn dann die Ausstattung kläglich ist.
Ich sehe mir da lieber einen Klassiker wie der von Dino de Laurentis 1969/70 produzierten Film "Waterloo" von Sergei Bondartschuk an. Da gibt es zwar auch inhaltliche wie historische Schwächen, aber das Seherlebnis ist gewaltig.
Rund 16'000 Rotarmisten, darunter eine Kavalleriebrigade wurden dafür in der Urkaine zusammengetrommelt. Die Rote Armee hat Hügel abgetragen, kilometerweise Strassen gebaut, mehrere tausend Bäume umgetopft, Felder historisch passend bepflanzt und belgische Gehöfte aufgebaut. Der im Film zu sehende Schlamm wurde mit 6 Tonnen eigens herangeschafften Lehm gemacht.
Um eindrückliche Kamerafahrten zu ermöglichen, wurde über das ganze Schlachtgelände eine Eisenbahnlinie gelegt, auf der die Kamaerawagen fahren konnten. Es wurde etwa 28 Wochen dort gefilmt. Monate vor dem ersten Take wurden die 16'000 Rotarmisten mit napoleonischem Drill ausgebildet und etwa 2000 von ihnen wurden im Laden und Schiessen mit Vorderladern unterrichtet. Die ganze Truppe lebte schon vor den Dreharbeiten auf dem "Schlachtfeld".
Nach dem Frühstück wurde jeweils eingekleidet und dann wurden wieder und wieder die Postitionen für die Massenszenen eingenommen und Bewegungen geübt. Natürlich stimmt bei derartigen Massen vieles im Detail nicht. Wer genau hinsieht erkennt oft hier und da die 1891er Mosin-Nagant Gewehre, die man für die grossen Massen als Bewaffnung nahm, da sie auch so malerische Stichbajonette hatte die man auf den ersten Blick nicht von jenen aus Napoleons Tagen unterscheiden kann. Aber das schlucke ich für's Seherlebnis ebenso wie Ungereimtheiten bei der Uniformkunde und Chronologie.
Es ist einfach ein gewaltiger Anblick, wenn die Scots Greys herandonnern, und Rod Steiger als Napoleon sagt "diese Männer auf den Grauschimmeln sind furchterregend". Und wenn sie dann die Geschützstellungen der Franzosen erreicht haben, kommen über den Hügelkamm Napoleons Ulanen und fallen ihnen in die Flanke. Das Wissen das das alles echte Pferde mit echten Reitern sind, die echten Staub aufwirbeln, macht das Seherlebnis für mich packender als die ganzen Computerorgien die heute über die Leinwand flimmern.
Die Welt ist eine Bühne, aber das Stück ist schlecht besetzt. (Oscar Wilde)