Waterloo

Was demnächst im Kino, Fernsehen & Theater läuft oder gerade gelaufen ist.

Waterloo

Beitragvon Traingelo am So 25 Okt, 2009 16:10

Habe soeben "Napoleons Untergang" auf n-tv angeschaut und war gleichermassen fasziniert und entsetzt!
Fasziniert von der Animationstechnik, mit welcher sich Massenheere einigermassen realistisch darstellen lassen, entsetzt wie lieb- und phantasielos die Requisiten und Kostüme ausgesucht waren. So hat man beispielsweise dem guten alten Blücher eine mit etwas Lametta verzierte alte Musikantenuniform verpasst, wohl aus dem Liquidationsfundus der Metallharmonie Hintertupfikon. Die Macher dieser Dok hatten wohl keinen Ausstatter zur Hand wie unsern "Napoleon" hier au dem Forum?
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Beitragvon Voltigeur am So 25 Okt, 2009 18:13

Bei Napoleonik ist es immer desselbe, gute und richtige Uniformen sind zu teuer und nicht in genügendem ausmass vorhanden.
( Ich denke das unser Napoléon auch nicht sehr viel da anzubieten hätte )
Also wird auf billiges Zeug zurück gegriffen das man dann einwenig aufpoliert.
Nach dem Motto " Weiss doch sowieso keiner, und die wenigen die sich auskennen, sind doch nur eine unwichtige Minderheit "
Es gibt hunderte von Filmen wo nichts passt, dem Publikum gefallen die Filme trotzdem.


Grüse vom Voltigeur
Unmöglich ist nicht Französisch.
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Beitragvon Napoleon am So 25 Okt, 2009 18:35

Grosse Mengen an Napoleonischen Uniformen habe ich auch nicht, würde den Auftrag aber auch nur annehmen wenn ich diesen gut umsetzen könnte.
Jeder Erfolg, den man erzielt, schafft uns einen Feind. Man muß mittelmäßig sein, wenn man beliebt sein will.
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Beitragvon Tech am Mo 26 Okt, 2009 07:02

@ traingelo

Dies Dokumentation habe ich vor einiger Zeit auch gesehen. Offensichtlich ist hier der Blick des Kenners noch vernichtender als der des Laien.

Doch keine Bange, das ist bei den N-TV-Reportagen schon Standard, dass die Requisiten eine Katastrophe sind. Kürzlich kam eine Doku über die Ardennenschlacht, bei denen ebenfalls grobe Patzer in Ausrüstung, Uniform und Ausbildung zu erkennen sind.

Infotainment vor historischer Kulisse. Eigentlich schade, da die geladenen Historiker gut und interessant gesprochen haben.

"Ein fundamentaler Grundsatz für die kleinen Armeen besteht darin, immer in Massen zu handeln; durch seine Anwendung allein können sie einige bedeutende Unternehmen vollbringen, indem sie darauf verzichten, alles zu decken und nur das Hauptziel anpeilen." (Jomini, 1779-1869)
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Beitragvon Seegras am Mo 26 Okt, 2009 10:38

Ist so. Fürs Mittelalter ist es mindestens genausoschlimm.

Ein Klassiker in Docus sind nachgemachte 16/17Jh-Rüstungen aus dünnem Blech welche zu gross sind. Sieht dann nach Monty Python aus, nur schlechter ;))

Hier so ein schreckliches Beispiel, was man so mit "Medieval Armour" deklariert:
http://www.istockphoto.com/file_closeup ... id=6477966
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Beitragvon Traingelo am Mo 26 Okt, 2009 11:36

@Tech: genau diese Diskrepantz hat mich gestört, gute Erklärungen und Darstellungen der Abläufe der Schlacht und dann so oberlausige Uniformen aus der Faschingsgarderobe mit selbsgebastelten Tschakos aus schwarzem Karton. Scheint halt eine Billigproduktion gewesen sein, deshalb wurden auch die gleichen Szenen bis zu 5 Mal gezeigt.
Fairerweise muss noch gesagt werden, dass es auch einige wenige Szenen mit gut Uniformierten hatte, vermutlich angeheuerte Reenactoren?

@Seegras: bei Rüstungen habe ich da noch etwas mehr Verständnis, weil deren authentische Anfertigung um einiges komplizierter ist - vor allem wenn sie in grossen Massen gebraucht werden - nerven tut es natürlich den Kenner trotzdem.
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Beitragvon troupier suisse am Mo 26 Okt, 2009 13:31

Je länger je mehr stösst mich der aktuelle Stand der cineastischen Technik ab. Zuweilen komme ich mich von den "Zauberlehrlingen" veralbert vor, wenn die alles Klonen und die Leinwand mit virtueller Darstellung schwängern. Umso mehr wenn dann die Ausstattung kläglich ist.

Ich sehe mir da lieber einen Klassiker wie der von Dino de Laurentis 1969/70 produzierten Film "Waterloo" von Sergei Bondartschuk an. Da gibt es zwar auch inhaltliche wie historische Schwächen, aber das Seherlebnis ist gewaltig.

Rund 16'000 Rotarmisten, darunter eine Kavalleriebrigade wurden dafür in der Urkaine zusammengetrommelt. Die Rote Armee hat Hügel abgetragen, kilometerweise Strassen gebaut, mehrere tausend Bäume umgetopft, Felder historisch passend bepflanzt und belgische Gehöfte aufgebaut. Der im Film zu sehende Schlamm wurde mit 6 Tonnen eigens herangeschafften Lehm gemacht.

Um eindrückliche Kamerafahrten zu ermöglichen, wurde über das ganze Schlachtgelände eine Eisenbahnlinie gelegt, auf der die Kamaerawagen fahren konnten. Es wurde etwa 28 Wochen dort gefilmt. Monate vor dem ersten Take wurden die 16'000 Rotarmisten mit napoleonischem Drill ausgebildet und etwa 2000 von ihnen wurden im Laden und Schiessen mit Vorderladern unterrichtet. Die ganze Truppe lebte schon vor den Dreharbeiten auf dem "Schlachtfeld".

Nach dem Frühstück wurde jeweils eingekleidet und dann wurden wieder und wieder die Postitionen für die Massenszenen eingenommen und Bewegungen geübt. Natürlich stimmt bei derartigen Massen vieles im Detail nicht. Wer genau hinsieht erkennt oft hier und da die 1891er Mosin-Nagant Gewehre, die man für die grossen Massen als Bewaffnung nahm, da sie auch so malerische Stichbajonette hatte die man auf den ersten Blick nicht von jenen aus Napoleons Tagen unterscheiden kann. Aber das schlucke ich für's Seherlebnis ebenso wie Ungereimtheiten bei der Uniformkunde und Chronologie.

Es ist einfach ein gewaltiger Anblick, wenn die Scots Greys herandonnern, und Rod Steiger als Napoleon sagt "diese Männer auf den Grauschimmeln sind furchterregend". Und wenn sie dann die Geschützstellungen der Franzosen erreicht haben, kommen über den Hügelkamm Napoleons Ulanen und fallen ihnen in die Flanke. Das Wissen das das alles echte Pferde mit echten Reitern sind, die echten Staub aufwirbeln, macht das Seherlebnis für mich packender als die ganzen Computerorgien die heute über die Leinwand flimmern.
Die Welt ist eine Bühne, aber das Stück ist schlecht besetzt. (Oscar Wilde)
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Beitragvon Seegras am Mo 26 Okt, 2009 22:39

Traingelo hat geschrieben:bei Rüstungen habe ich da noch etwas mehr Verständnis, weil deren authentische Anfertigung um einiges komplizierter ist - vor allem wenn sie in grossen Massen gebraucht werden - nerven tut es natürlich den Kenner trotzdem.


Ich nicht. Weil man bei http://www.gdfb.co.uk/ für bescheuert wenig Geld bessere bekommt. Das ist zwar nicht für Reenactoren tauglich, aber immerhin wäre es dann a) nicht heillos zu gross und b) wenigstens zeitlich ungefähr richtig.

Und gerade in Docus sieht man oft nur wenige Rüstungen, die dafür dann heillos daneben. Gilt im übrigen auch für die Kleidung. Ausser wenn die Filmer wieder mal Reenactoren einstellen; dann klappts mit dem historisch.


Den "alten" Waterloo hab ich auch gesehen; die Schlachtszenen sind toll, aber man wird elend lange damit gemartert Napoleons Martyrium (Magengeschwür oder sowas) beizuwohnen. Und ausserdem sieht Napoleon nur entfernt aus wie Napoleon, und Wellesley überhaupt nicht wie Wellesley. Und die KGL Light Batallions die eigentlich La Haye Sainte verteidigen müssten wurden durch Rotröcke ersetzt.
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