Gambeson?

Ob Tunika, Topfhelm oder Brogans, hier wird es gezeigt und diskutiert.

Moderator: troupier suisse

Re: Gambeson?

Beitragvon Murky am Mo 13 Sep, 2010 18:16

Schon wieder dieser Gambeson/Aketon ;-)
Ich kann nur fürs Hochmittelalter sprechen, ich bin da auch noch immer am recherchieren. Ich kenne bis jetzt nur historische Abbildungen von Aketons und Gambesons und die überlieferten Quellen die auf der ffc Seite aufgeführt sind aus dem FrüMi. Von meinem aktuellen Stand aus gibts verschiedene Möglichkeiten: entweder mehrere Lagen gesteppter Leinen, oder dann eine Mischung aus Leinen und Wollfilz. Es gibt auch die Idee des gestopften Gambesons als Primärrüstung, da kann man sich aber schlecht drin bewegen wenn man zu sehr stopft, und wenn man zu wenig stopft gehen Pfeile einfach durch.

Ich bin unterdessen der Überzeugung dass es entweder ca 14-16 Lagen Leinenstoff sind, oder mehrere Lagen dichter Wollfilz in Leinen. Dies hinsichtlich Beweglichkeit und Wirksamkeit gegen Pfeile und Treffer mit Hiebwaffen. Ich bin mir aber sicher, dass man auch mit dem optimalen Gambeson oder Aketon/Kette nicht geschützt war gegen Direkte Treffer mit schweren Äxten oder Streitkolben, da müsste die Panzerung so dick sein dass man sich nicht mehr bewegen kann.

Dies sind aber Annahmen und beruhen nur auf meinem aktuellen Wissensstand. Für mich ist aber sicher dass man keine Kette direkt auf der Surcotte getragen hat weil die Kette nicht gegen Hiebe nützt. Und die Schwerter im Hochmittelalter waren sehr ortlastig, waren also hauptsächlich zum zuhauen.
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Re: Gambeson?

Beitragvon troupier suisse am Di 14 Sep, 2010 04:54

Mittlerweile frage ich mich, ob bei der Darstellung nicht doch eher künstlerische Freiheit vorliegt. Der vermeintliche Gambeson des Mannes ganz rechts hat zum Beispiel an den Ärmeln eine merkwürdige Abweichungen von Nahtrichtungen. Während am Oberarm die Nähte Diagonal verlaufen, was für einen Gambeson schon merkwürdig wäre, sind sie am Unterarm sogar horizontal und stehen in einem Winkel von 90 Grad zu den Nähten am Torso.

Ferner trägt er, wie am einen Oberschenkel noch sichtbar, offenbar auch eine Art Beikleid im selben Stil. Und Gambeson-Unterhosen wären mir ein grosses Novum. Aber natürlich geben diese Details auch keine sichere Gewissheit, denn sie könnten auch bedeuten dass der Bildhauer zwar einen Gambeson meinte, aber nicht wirklich wusste wie der im Detail aussieht und getragen wird.

Bild


@ Hitomi:

Wollen wir sonst mal einen "Münster-anguck-und-Feierabend-Kaffeeklatsch" abhalten?


Das wär' mal eine feine Idee.
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Re: Gambeson?

Beitragvon jboerner am Di 14 Sep, 2010 11:37

Seegras erwähnte es, ich möchte das nochmal deutlich unterstreichen:
"stopfen" ist das falsche Wort. Eine Stopfung bringt nix. Dann hat man an den Nahtstellen nur zwei Lagen, das ist prädistiniert, um durchzustechen.

@Murky: Worauf basiert deine Ansicht, "Hochmittelalter" (wann?)-liche wären alternativ aus Leinenlagen hergestellt worden? Ich kenne dafür bislang nur Quellen für das 15te. Und wieso sollte man sich nicht mehr darin bewegen können? Erstens erwähnen-wiederrum eben jene aus dem 15ten- Quellen 30lagige Textilpanzer, und zum zweiten kann man sich erfahrungsgemäß gut darin bewegen, keine Einschränkung für im Kampf erforderliche Bewegungen, insbesondere wenn es sich um einen zu Fuss kämpfenden, primär mit einer Stangenwaffe bewaffneten Soldaten handelt.

Für mich ist aber sicher dass man keine Kette direkt auf der Surcotte getragen hat weil die Kette nicht gegen Hiebe nützt. Und die Schwerter im Hochmittelalter waren sehr ortlastig, waren also hauptsächlich zum zuhauen.

Das ist aber erwiesenermaßen falsch. Es gibt sowohl Darstellungen als auch Beschreibungen, dass man den Ringpanzer direkt auf der Zivilkleidung- dem Kittel, keinen Surcot- getragen hat. Siehe beliebte Mac-Bibel z.B.
Im Gegenteil sind die Beschreibungen und Darstellungen, die auf einen Textilpanzer unter dem Ringpanzer schliessen lassen, in der Minderzahl. Sogar im 14ten auf Grabplatten, bei denen sehr oft noch welche nachweisen lassen, plus man Originale hat, gibt es ettliche, wo nur ein gefältetes Kleidungsstück drunter getragen wurde. Post-1350 geht die Nutzung durch die stärkere Körperbetontheit sogar weiter zurück. Auch als man dann primär Plattenpanzerung trug, wurde an den Stellen, wo man nur durch Ringpanzergeflecht geschützt wurde, keine dicke Textilpanzerung getragen. Plus gibt es bereits im 13ten bis ins 15te und darüber hinaus Darstellungen, in denen Ringpanzergeflecht _unter_ einem Textilpanzer getragen wurde. Und Paradebeispiel sind die Beine: da trug man nie eine Polsterung drunter, maximal am Oberschenkel mal darüber-> Senftenier, Szenejargon "Diechlinge".
Ich bin kein Römerexperte, meine aber, dass die auch den Ringpanzer schlicht über einem Kittel trugen. Bei Byzanz 13tes/14tes sieht es genauso aus.
Der Texilpanzer ist ein solcher, eine eigenständige Rüstung. Nur wenn der Bedarf besteht, dass die pimäre Rüstung for den primären Waffeneinwirkungen nicht schützt, hat man das kombiniert.
Und Schwerter waren das ganze Mittelalter über nie die Primärwaffen.
Abgesehen davon, dass man mit einem Hieb auch kein Ringpanzergeflecht durchschlägt, und dort, wo man durch einen gezielten Hieb was bricht, auch kein Textilpanzer ausreichend schützen täte.

Und was die Statuen betrifft: ich denke, hier muss man massiv zu Gunsten einer Quellkritik Misstrauen anmelden. Man kennt die ganzen Umstände der Plastik garnicht.
Ich sehe z.B. auch keinen Grund, dass etwas mit Steppung gleich ein Textilpanzer sein muss.
Ein "Gambeson" ja, aber ein "Gambeson" heisst in Originalquellen nur,. dass es sich um ein gestepptes Textil handelt, und das war zeitweise sowohl Mode als auch mehrfach schlicht wie heute: wärmeisolierend.

Insgesamt finde ich es extrem wichtig, sich so weit wie möglich von der modernen Sicht auf Rüstungen zu lösen, die leider massiv durch den Hobbysport geprägt sind. Das trifft nicht nur auf Textilpanzer zu, da merkt man es aber mit am deutlichsten. Damit möchte ich niemanden einen Vorwurf machen, ich meine oft nur noch diese Denkweise bei manchen zwischen den Zeilen zu lesen.
Als Ergebnis einer guten Rekonstruktion kann eine Rüstung stehen, die im heutigen Hobbysport Nachteile besitzt, aber entwicklungstechnisch und in der Anwendung einen damaligen Kämpfer Genüge getan hat, und seine wichtigsten Anforderungen erfüllt hat. Das charakterstischste Beispiel sind da frühmittelalterliche Bewaffnungsweisen, die keine Handpanzerung und sogar selten Körperpanzerungen aufweisen, dafür einen großen Schild.
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Re: Gambeson?

Beitragvon Murky am Di 14 Sep, 2010 16:21

@Murky: Worauf basiert deine Ansicht, "Hochmittelalter" (wann?)-liche wären alternativ aus Leinenlagen hergestellt worden? Ich kenne dafür bislang nur Quellen für das 15te. Und wieso sollte man sich nicht mehr darin bewegen können? Erstens erwähnen-wiederrum eben jene aus dem 15ten- Quellen 30lagige Textilpanzer, und zum zweiten kann man sich erfahrungsgemäß gut darin bewegen, keine Einschränkung für im Kampf erforderliche Bewegungen, insbesondere wenn es sich um einen zu Fuss kämpfenden, primär mit einer Stangenwaffe bewaffneten Soldaten handelt.


Hallo Jens
Wir stellen das Jahr 1180 dar. Die Annahme der Leinenaketons fundiert auf den Leinen-Aketons im 15ten und darauf, dass in Zentraleuropa viel Leinen hergestellt wurde im 12. Jh. Zudem sind mehrere Lagen Leinen robuster gegen Pfeilbeschuss als mehrere Lagen Wolle. Ich habe dich beim letzten Thread über Gambesons auf deine Quellen fürs 15te angefragt, du hast aber nicht geantwortet. Es wäre wirklich spannend da mehr zu wissen um mehr Hinweise für das 12te zu bekommen.
Das mit der Bewegungsfreiheit ist auch eine Annahme. Wenn ich meinen Aketon auf 30 Lagen hochrechne kann ich mir nicht mehr vorstellen wie man die Arme biegen will ohne die Innenseiten der Gelenke frei zu lassen. Zudem trägt man darüber ja noch ne Kette.
Wie gesagt, ich nehme die Quellen die ich finde und ich bin noch lange nicht soweit dass ich etwas behaupten würde. Deshalb bin ich um jede Quelle froh.

Hier noch zwei Abbildungen, beim Codex Manesse sieht man einerseits dass Aketons getragen werden (zumindest interpretiere ich sie als solche), und beim Codex Bodmer 127, dass eine Polsterung unter der Kette getragen wird, sonst würde die Kette enger anliegen.
Bild
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Für mich ist aber sicher dass man keine Kette direkt auf der Surcotte getragen hat weil die Kette nicht gegen Hiebe nützt. Und die Schwerter im Hochmittelalter waren sehr ortlastig, waren also hauptsächlich zum zuhauen.

Das ist aber erwiesenermaßen falsch. Es gibt sowohl Darstellungen als auch Beschreibungen, dass man den Ringpanzer direkt auf der Zivilkleidung- dem Kittel, keinen Surcot- getragen hat. Siehe beliebte Mac-Bibel z.B.


Gut, von den Beschreibungen weiss ich leider fast nichts, wie gesagt fehlen mir da noch Quellen. Ich stehe aber den Darstellungen von Ketten direkt auf der Surcotte wie die der Maciejowski Bibel eher skeptisch gegenüber. Ich kann mir nicht vorstellen dass man auf diesen Schutz verzichtet, da ein Aketon unter der Kette offensichtlich etwas bringt. Das heisst nicht dass man Michelinmännchen-mässig aufpolstert, aber zumindest etwas Schutz vor Hieben und Stichen sowie dem Scheuern der Kette braucht es einfach.
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Re: Gambeson?

Beitragvon gijoe am Di 14 Sep, 2010 18:04

Das charakterstischste Beispiel sind da frühmittelalterliche Bewaffnungsweisen, die keine Handpanzerung und sogar selten Körperpanzerungen aufweisen, dafür einen großen Schild.

Na ja, zu früheren Zeiten war der grosse Schild Primärpanzer.
Was sie Frage der Unterrüstung angeht, ideal wäre so was vor allem auch um Traumas durch Schläge aufzufangen.
Hat das schon mal jemand getestet wie in Kettenhemdträger Schläge verträgt ?????
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Re: Gambeson?

Beitragvon jboerner am Mi 15 Sep, 2010 14:36

Murky hat geschrieben:Ich habe dich beim letzten Thread über Gambesons auf deine Quellen fürs 15te angefragt, du hast aber nicht geantwortet. Es wäre wirklich spannend da mehr zu wissen um mehr Hinweise für das 12te zu bekommen.

Hm, also ich habe es mehrfach erwähnt, andere meine ich auch, und es steht unter anderem auf unserer Webseite, auf die ich verwiesen habe. Findet man an sich auc leicht per Google. Aber hier nochmal als Zitat:
And first they must have for the said jacks, thirty or at least twenty-five, folds of cloth, and a stag's skin being the best cloth that has been worn and rendered flexible, is best for this purpose, and these jacks should be made in four quarters. The sleeves should be as strond as the body, with the exception of the leather, and the arm-hole (assiette) of the sleeve must be large, which arm-hole should be place near the shoulder, that it may be broad under the arm-pit and full under the arm, sufficiently ample and large on the sides below. The collar should be like the rest of the jack, but not made too high behine, to allow room for the salade. This jack should be lace in front, and under the opening must be a hanging piece (porte piece)of the same strength as the jack itself. Thus the jack will be secure and easy, provided there be a pourpoint without sleeves or collar of two folds of cloth, that shall be only four fingers broad on the shoulder; to which pourpoint shall be attached the hose. Thus shall the wearer float, as it were, within his jack, and be at his ease; for never have been seen half-a-dozen men killed by stabs or arrow wounds in such jacks, particularly if they be troops accustomed to fighting.

Ausrüstungsvorschriften für Fusssoldaten, Ludwig XI. von Frankreich, um 1460-1470 rum.

Murky hat geschrieben:Das mit der Bewegungsfreiheit ist auch eine Annahme. Wenn ich meinen Aketon auf 30 Lagen hochrechne kann ich mir nicht mehr vorstellen wie man die Arme biegen will ohne die Innenseiten der Gelenke frei zu lassen. Zudem trägt man darüber ja noch ne Kette.

Naja, siehe oben. Und es handelt sich dabei eben um Tetxilpanzer, die man nicht mit Ringpanzer trägt.

Murky hat geschrieben:Hier noch zwei Abbildungen, beim Codex Manesse sieht man einerseits dass Aketons getragen werden (zumindest interpretiere ich sie als solche), und beim Codex Bodmer 127, dass eine Polsterung unter der Kette getragen wird, sonst würde die Kette enger anliegen.

Also das in der Heidelberger Liederhandschrift würd ich ja auch noch guten Gewissens Aketons nennen, das andere aber nun so garnicht. Dass "die Kette nicht eng anliegt" ist ja nun kein Hinweis. Das kommt ja drauf an wie breit der Maler die Figuren macht.

Gut, von den Beschreibungen weiss ich leider fast nichts, wie gesagt fehlen mir da noch Quellen. Ich stehe aber den Darstellungen von Ketten direkt auf der Surcotte wie die der Maciejowski Bibel eher skeptisch gegenüber.

Waurm diesen, warum nicht anderen Darstellungen? Weiter oben interpretierst Du bei einem für mich recht eindeutig erkennbar darunter getragenen zivilen Kleidungsstückes nur deswegen einen Aketon, weil dir die Figur zu breit erscheint. Da stimmt die Quellkritik nicht. Im übrigen: warum "Surcotte"? Also wenn dann "Surcot" (trotz verschiedentlicher Schreibweisen), und das ist ein _Über_kittel. Du meinst vermutlich das primäre Kleidungsstück (über der leinernen Unterwäsche), das wäre im franz. die "Cotte" (unter anderem), ich würde als Arbeitstitel mal, wenn, Kittel nehmen. Später wurde auch schlicht das Wams drunter getragen.

Ich kann mir nicht vorstellen dass man auf diesen Schutz verzichtet, da ein Aketon unter der Kette offensichtlich etwas bringt. Das heisst nicht dass man Michelinmännchen-mässig aufpolstert, aber zumindest etwas Schutz vor Hieben und Stichen sowie dem Scheuern der Kette braucht es einfach.

Das ist aber eben ob dieser modernen Prägung, auf die ich hingewiesen habe. Woher immer die Aussage kommt, der Textilpanzer unter dem Ringpanzer hätte eine primäre Funktion der Wuchtverminderung etc. gehabt, weiss ich nicht, ich kenne keine Primärquelle dafür. Wohl aber dafür, dass er gegen Beschuss hilft. Wofür es auch eben andere deutliche Indizen in der Praxis gibt. Wäre Bequemlichkeit und Wuchtschutz der wichtige Faktor gewesen, wäre durchgehender und auch an anderen Körperpartien einer getragen worden. Wurde er aber nicht, das Senftenier kam erst nach den Ringpanzerbeinlingen, und Fakt ist, der Ringpanzer wurde in seiner Nutzungsgeschichte oft ohne einen zusätzlichen Textilpanzer getragen worden. Dafür gibt es jede Menge Darstellungen, nicht nur im Hochmittelalter.
Wenn Du nun davon ausgehst, dass die Vermeidung offener Wunden dein primäres Ziel ist, und Du Pfeilbeschuss nicht so sehr zu erwarten hast, dann wird die Sache halt anders, als wenn Du dir Sorgen um den Einschlag von stumpfen Eisenstangen hast, wie sie heute im Sport verwendet werden. Man klopft auch eben weil es nix bringt nicht auf einer Rüstung rum- egal ob Ringpanzer, oder Platte. Das schadet nur der Waffe. Alle bekannten Kampftechniken im Harnisch unterscheiden sich immer von denen ohne. Liechtenauer z.B. praktizierte in einer Zeit, in der es noch keinen geschlossenen Plattenpanzer gab, der nur Elemente von Ringpanzer freigab. Und nach diesem orientiert man sich nach den Lücken.

@gijoe: Es gibt Schnitttests auf Ringpanzern. Freilich verursacht eine mit voller Wucht auftreffende Waffe Hematome oder Knochenbrüche im schlechtesten Fall. Gerade auf den Gelenken ist sowas fatal. Nur da hilft dir ein Tetxilpanzer auch nichts. Und das Risiko, dass die Waffe danach Klump ist, ist auch groß. Zumal Du bei einem Träger eines Dreiecksschildes erstmal dahin kommen musst, dorthin zu treffen, noch dazu mir einer Energie, die Schaden anrichtet.
Man kann da einfach nicht mit dem Argument kommen "aber es tut doch weh". Würde es danach gehen, hätten alle, die keinen Ringpanzer getragen haben, immer umschliessende Textilpanzer tragen müssen, auch an den Händen. Taten sie aber offenkundig nicht.
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Re: Gambeson?

Beitragvon gijoe am Mi 15 Sep, 2010 15:09

Danke für die interessante Ausführung.
Textilpanzer Diskussionen scheinen in allen Epochen etwas Staub aufzuwirbeln weil Textil schnell zu Staub zerfällt.
Ich habe von Tests mit Leinenpanzern gelesen wo je nach Waffe 12-20 Lagen durchschlagen wurden. Bei einem eigenen Test mit grober Bauernleinen und einem Schwert kam auch etwa auf dieses Ergebniss.
30 Lagen Leinen sind ein ziemliches Polster und fangen die Wucht von Schlägen sehr gut auf.
Zumal Du bei einem Träger eines Dreiecksschildes erstmal dahin kommen musst, dorthin zu treffen, noch dazu mir einer Energie, die Schaden anrichtet.

Sehr gutes Argument das spricht eigentlich für deine Theorie. Die Frage ist was besser ist , optimaler Schutz oder grössere Bewegungsfreiheit .

Die Meinung eines Römers zum Thema wäre hier auch noch interessant ! Da gibt es auch Unterpanzer Theorien.
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Re: Gambeson?

Beitragvon jboerner am Mi 15 Sep, 2010 22:15

Also ich muss eigentlich sagen, ich glaube nur begrenzt an die Aussagekraft moderner Tests, da sie schlicht nichts über die damalige Praxis aussagen, sondern uns nur ein Gefühl für Wirkungen geben können.
Ich selber habe ob er Konstruktion von meinen "Diechlingen" aka Senftenier solche mit meinem Schiebendolch gemacht; bei 20 Lagen wurde es selbst mit Wucht schwer, ebenfalls bei 12 sowie Rohbaumwollfüllung. Es gibt ettliche Tests bie Hieben mit langen Schwertern gegen Leinenlagentextilpanzern; dort durchdrangen sie an sich nie alle Lagen. Die Royal Armouries hat Beschusstests mit Langebogen von Ringpanzergeflecht gemacht, das durch Rohbaumwollgefüllte Leinenpanzerung bedeckt war, und kam zu dem Schluss, dass diese die Energie so arg abmildern täte, dass die Ringe nicht mehr durchdrungen werden konnten.
Insgesamt bestätigt es schlicht nur die Wirksamkeit von Textilpanzern an sich gegen Spitze und scharfe Waffeneinwirkung.

Originale gibt es ettliche. Lübeck und Stendal insgesamt 3, frühes 15tes, England mindestens einen, Mitte 14tes, Frankreich einen, zw. H. 14tes, dazu einige Fragmente.
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Re: Gambeson?

Beitragvon gijoe am Do 16 Sep, 2010 05:23

Es ist klar das Tests bei der Verschiedenheit der damaligen Waffen keine allgemein anwendbare Aussage bringen können.
Es steht fest das die Panzer einen Schutz boten, daneben aber auch Nachteile, wie Bewegungseinschränkung und Aufnahme von Feuchtigkeit.
Rohbaumwolle

Bei der Konstruktion meines Linothorax bin ich in einem Forum auf einen Bericht gestossen wo ein Reenactor seinen Gambeson mit Leinenfilz gefüllt hat. Das sind rohe Leinenfasern die heute zur Isolation oder als Einlage ins Kleintierkäfig dienen. Da ich aus Kostengründen nicht 30- 50m Leinen verbrauchen wollte kam mir dies sehr gelegen.
Natürlich habe ich es auch getestet. Dabei kam heraus das das Zeug kaum durchstochen werden kann weil die Fasern gefilzt viel flexibler sind als gewoben. Zuerst wollte ich den Leinenfilz einfach vernähen, das ganze war mir dann aber doch etwas zu weich, so habe ich die Leinenfasern mit verdünntem Leim getränkt. Heraus kam ein Panzer den man in etwa mit einer modernen militärischen Schutzwest vergleichen kann. Na ja, ich würde gerne wissen wie sie es damals wirklich gemacht haben. An das verleimte Leinentuch glaube ich nicht unbedingt. Brauchbaren Leim gab es vermutlich nicht und Tests zeigen das durch den Leim die Flexibilität der Fasern genommen wird und der Stoff bricht.
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