Dünteln!

Ob Tunika, Topfhelm oder Brogans, hier wird es gezeigt und diskutiert.

Moderator: troupier suisse

Beitragvon Varuna am Do 21 Mai, 2009 17:53

Also, ich sitze gerade am iPhone, daher keine riesige Recherche aber ich geh mit der Datierung nicht einig! Kuhmaulschuhe um1460? In Frankreich? Das glaube ich wirklich nicht.. Das habe ich noch nie gesehen. Und auch die Hutform und das angenestelte Wams halte ich eher für 1490 oder später. Aber auch ich lerne gerne! :smt020

http://www.constaffel-zuerych.ch/


Lästern ist keine Todsünde!
Benutzeravatar
Varuna
Mittelalter


Beiträge: 693
Registriert: Mi 13 Dez, 2006 10:48
Wohnort: Zürich

Beitragvon elias am Do 21 Mai, 2009 18:12

Dann dürfte das Werk nicht von Jean Fouquet sein, denn er verstarb um 1480. Das wäre dann eine fatale Fehlpublikation.


EDIT: Das von mir zitierte Bild hat also doch einen italienischen Hintergrund... http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Fouquet#Italienreise Aber immerhin ein Hinweis, dass Hut- und Schuhmode in Italien eben den nördlichen Nachbarn einiges voraus hatten ;-) Wobei so ganz "Kuhmaul" scheinen mir die Schuhe nun doch auch nicht.
Der Pferd, der hat drei Beine. Auf jeder Seite eine. Und hat er einmal keine... umfallt
Benutzeravatar
elias
Mittelalter


Beiträge: 534
Registriert: Mo 05 Mai, 2008 19:16
Wohnort: Thun

Beitragvon jboerner am Mo 25 Mai, 2009 09:02

Der Thread heisst ja "Dünteln"; um auf die Technik zurückzukommen, hat jemand für diese einen Beleg für die Verwendung im Mittelalter, Beschreibung, erhaltene Originale? Alle mir bekannten Texte und Originale deuten auf Fingerschlaufenweben hin. Die Seite "Nesteln.de", deren Autorin ich mal gefragt habe, zeigt laut dieser keine zwangsläufig belegbaren Techniken.
Benutzeravatar
jboerner
gesperrt


Beiträge: 122
Registriert: Fr 13 Mär, 2009 16:50
Wohnort: Erlangen

Beitragvon Bryda am Mo 25 Mai, 2009 09:14

Fürs Dünteln kenn ich auch keine Belege, nur fürs Chatzetööple (oder eben Fingerloopen). Da empfiehlt sich die Seite http://fingerloop.org/, mit vielen Mustern nach Originalfunden bzw. Originalanleitungen. Allerdings streng genommen halt nur für den englischen Raum ...
Doch die flachen Nesteln ("a brode lace of v bowes -- c. 1475") sehen (einfarbig geflochten) zumindest genau gleich aus, wie die, die ich auch schon auf Bildern aus unserem Raum gesehen habe.
Der Vorteil des Düntelns besteht wohl darin, dass man auch alleine Nesteln mit einer Länge von mehr als einem halben Meter zustande bringt ...
“The charm of history and its enigmatic lesson consist in the fact that, from age to age, nothing changes and yet everything is completely different.” Aldous Huxley (1894–1963)
Benutzeravatar
Bryda
Mittelalter


Beiträge: 435
Registriert: Fr 28 Dez, 2007 09:31
Wohnort: Winterthur

Beitragvon Desmond am Mo 25 Mai, 2009 09:19

Cantarella und Hitomi sind die Fachfrauen was Fingerloop anbelangt. (So nebenbei bemerkt).

Einige schwören auch auf Ledernesteln, besonders im Militärischen Bereich. Aber ich habe da jetzt auch wieder verschiedene Meinungen gehört (wie immer sind alle von ihrer Meinung 100% überzeugt).

@Bryda
Wenn man zu zweit ist, bringt man auch Nesteln in Überlänge zu stande. Aber mühsam ist es allemal.
Benutzeravatar
Desmond
Mittelalter


Beiträge: 812
Registriert: Do 06 Mär, 2008 07:13
Wohnort: Burgdorf

Beitragvon Stefan vom Basilisk am Mo 25 Mai, 2009 09:20

Ich hab mich zu Seidennesteln in Fingerloop bekehren lassen. Sowohl für Kleidung wie auch für Rüstungen - letztere eifnach etwas dicker - sprich mehr Fäden.
Stefan vom Basilisk

Hauptmaa vo de Basiliske


Bild
Benutzeravatar
Stefan vom Basilisk
Mittelalter


Beiträge: 268
Registriert: Do 18 Aug, 2005 18:26
Wohnort: z'Basel am mim Rhy

Beitragvon Hitomi am Mo 25 Mai, 2009 09:39

@ Bryda: Lustig sind die Nesteln mit 14-18 Schlaufen - da üben wir wohl noch ein Weilchen. Mit Seide sind Nesteln bis ca 1m alleine möglich, wenn sie sich gut anziehen lässt.
Momentan knorze ich an gewachster Seide (für Rüstzeug), etwas mühsamer als gedacht.

Fingerloopbraiding findet sich auch bei "Almosenbeuteln" in Sion (16er bunt, da sollte ich auch irgendwo noch Bilder dazu haben) zum Teil als Abschlüsse von Täschchen und Kanten.
Das bekannteste Manuskript ist zweifellos Harley 2320, einige der dort vermerkten Bänder sind in "Uni" gut zu gebrauchen, die anderen gute Praxis :-)

Edit: Dünteln setze ich von der Technik her "Lucette" resp. 2-maschiges Luftmaschenhäkeln gleich...
Das Publikum hat ein Recht darauf, nicht angeschmiert zu werden, auch wenn es darauf besteht, angeschmiert zu werden.
Theodor W. Adorno, deutscher Philosoph (1903-1969)
Benutzeravatar
Hitomi
Living Historian


Beiträge: 1107
Registriert: Do 30 Aug, 2007 10:27
Wohnort: bei der Schweizerischen Stadt mit dem Monopol auf Nebel

Beitragvon jboerner am Mo 25 Mai, 2009 10:57

Doch die flachen Nesteln ("a brode lace of v bowes -- c. 1475") sehen (einfarbig geflochten) zumindest genau gleich aus, wie die, die ich auch schon auf Bildern aus unserem Raum gesehen habe.

Hm, nein, leider nicht. Gänzlich andere Flechtung, und sind dicker.
Der Vorteil des Düntelns besteht wohl darin, dass man auch alleine Nesteln mit einer Länge von mehr als einem halben Meter zustande bringt ...

Man braucht eigentlich auch praktisch nie so lange Nesteln. Ich mach jetzt seit ettlichen Jahren Nesteln, das längste, was ich je brauchte, war eine für ein frontal recht weit nach unten genesteltes Kleid von Myriam, mit ca. 1,30m Länge. Und das ging recht problemlos.

Einige schwören auch auf Ledernesteln, besonders im Militärischen Bereich. Aber ich habe da jetzt auch wieder verschiedene Meinungen gehört (wie immer sind alle von ihrer Meinung 100% überzeugt).

Nun, es gibt Funde solcher, d.h. in London sind Reste solcher gefunden wurden, desweiteren gibt es einige erhaltene (in Wien z.B. meine ich), und Leder war ein Teil des Rohmaterials der Nestelmacher.
Das Material ist recht hinreichend belegt, aber nicht zwingend fürs Militär- da klappt Wolle auch gut- sondern auch schlicht als gängiges Material bei Bekleidung. Die normalerweise aus Seide in Fingerschlaufentechnik geflochtenen Nesteln sind dann schon eher schmückendere Varianten.

Es gibt ja eine ganze Latte an erhaltenen Nestelbändern, u.a. an den von Nitomi erwähnten Beuteln, aber noch auch weit darüber hinaus. Jede erhaltene Urkunde weisst an den Siegeln schlicht welche auf, dazu gibts noch einiges in Darstellungen, die exakt mit den in Textquellen vorhandene Mustern übereinstimmen, z.B. neben dem erwähnten 2320 auch im Tollemarch Book of household, dazu solche, die an Textilfunden von Kleidung angebracht sind (Herjolfnes).
Irgendwann im Laufe des Jahres wollte ich mal auf http://www.nestelmacher.de das ganze etwas genauer beleuchten, komme nur vor lauter Webseiten nicht so ganz dazu.
Benutzeravatar
jboerner
gesperrt


Beiträge: 122
Registriert: Fr 13 Mär, 2009 16:50
Wohnort: Erlangen

Beitragvon Brundelinchen am Mo 25 Mai, 2009 11:09

Das "Dünteln" heisst übrigens bei uns hier im Süddeutschen Raum "Fingerhäkeln" und wird bereits im Kindergarten den Kindern beigebracht um eine nette Wollschnur für Mamas Muttertagsgeschenk zu basteln :-)

Der Vorteil von Fingerhäkeln ist, dass man es nebenbei machen kann, ja auch im Gehen, vor dem TV und bei der Kinderbetreuung :-) (meine bis jetzt längste Schnur war über 20Meter lang und zweifarbig)
Benutzeravatar
Brundelinchen
Mittelalter


Beiträge: 265
Registriert: Sa 09 Mai, 2009 17:45
Wohnort: Stuttgart

Beitragvon jboerner am Mo 25 Mai, 2009 11:27

Ja gut, Vorteile hin, Vorteile her. Ich fragte ja nach Belegen, Brundelinchen.

Historisch gesehen sind die Vorteile eh nicht von Belang, weil gewebte Bänder herzustellen ein Ausbildungsberuf in den Städten war, man da nicht mal eben unterbrechen musste, und man schlicht keine 20m Schnüre braucht.
Für längeres gibt es Seile, sie kann man ja schon ab 4mm machen.
Benutzeravatar
jboerner
gesperrt


Beiträge: 122
Registriert: Fr 13 Mär, 2009 16:50
Wohnort: Erlangen

VorherigeNächste

Zurück zu Uniformen und Equipment

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: ichiro [Crawler] und 4 Gäste

Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007 phpBB Group
Style by Webdesign www, książki księgarnia internetowa podręczniki