Gambeson als tragbare Sauna

Ob Tunika, Topfhelm oder Brogans, hier wird es gezeigt und diskutiert.

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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon Seegras am Mo 05 Jul, 2010 14:49

Murky hat geschrieben: Daher ist denke ich die Frage berechtigt, ob der Aketon vielleicht im 12. Jh mehr die Aufgabe hatte die Wucht der Schläge zu mindern, und später dann eher die Stiche aufhalten musste?


Du vergisst Speere und vor allem Pfeile.

Von den Kreuzzügen gibt es offenbar Textquellen die beschreiben die fränkischen Ritter (alles Franken, die Christen in den Kreuzzügen) seien mit Pfeilen gespickt gewesen, die aber ihre Panzerung nicht durchdrungen hätten. König Richard wird scheinbar sogar mit einem Nadelkissen verglichen...

Die Primärquellen dazu habe ich aber nicht gefunden.
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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon Murky am Mo 05 Jul, 2010 16:04

Spannend! Obwohl da wahrscheinlich auch noch etwas Phantasie dabei war :-)
Ja, Pfeile und Lanzen sind natürlich auf keinen Fall zu vergessen. Wenn ich aber unsere Flügellanzen so anschaue nimmt mich schon Wunder, welche Rüstung sowas abgehalten haben soll, speziell wenn sie vom Pferd herunter gestochen haben... Ich hoffe wir finden noch Quellen zu sowas.
Ich tendiere nach wie vor dazu dass mehrere Lagen Leinen wahrscheinlich am zähsten sind, es müssten aber denke ich dann an die 20 Lagen sein... Himmel... 13 Lagen waren schon 27 Meter Leinen... Das wird teuer ;-)
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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon aemkey am Di 06 Jul, 2010 06:36

Boldewyn hat dieses Wochenende einen Beschuss- und Stichtest gemacht, dem ich beiwohnen konnte.
Geschossen wurde mit verschiedenen Pfeilspitzen auf Aketon/Gambeson (2 Lagen Leinen, 1 Lage Filz) und auf Kette.

Dabei hat sich der Stoff als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen: Nur mit geschärften Spitzen kam man durch, Bodkin und ungeschärfte prallten ab (blieben nicht einmal stecken). Dafür funktionierten die geschärften Spitzen bei der Kette nicht, da sie wohl zu wenig Wucht entfalten konnten.

Mich hat das Ergebnis auf alle Fälle überrascht, da es zeigt, wie widerstandsfähig so Stoff sein kann.
Gruss Aemkey
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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon jboerner am Di 06 Jul, 2010 06:49

Seegras, das mit dem gespickt stammt aus Joinville ;) Das solche Erwähnungen auch später (Froissart) vorkommen, halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass es sich um Übertreibung handelt. Zumal eben die Entwicklung der Panzerung deutlich erkennbar mit dem Einsatz von Pfeil-und später Feuerwaffen einhergeht. Nach ihren Kontakt mit den Walisern haben die Engländer sehr frühzeitig angefangen, ihre Rüstungen mit Plattenteilen zu verstärken, und zu Beginn des 100jährigen macht das in Frankreich auch einen Sprung. Hierzulande hinkte man da weit hinterher. Zu Textilpanzer und dessen Wirkung bei Pfeilbeschuss hat auch die R.A.Leeds Tests gemacht, allerdings habe ich dazu keinen Publikationsnamen, wen das interessiert, muss da mal anfragen.

@Murky: Warum die Spekulationen? Es gibt eine Vielzahl von Textquellen sowie Originale über die Jahrhunderte, man muss einfach über den Tellerrand schauen, und die Entwicklung der Textilpanzer betrachten. Und da ergibt sich ein recht eindeutiges Bild: alle erhaltenen sind mit Rohbaumwolle gefüllt. Die nach besagten Tests der RA insbesondere Beschusshemmend wirkt. Die einzige mir bekannte Quelle, die rein Leinenlagen beschreibt, stammt aus dem 15ten, und dabei handelt es sich eben um einen solo getragenen Panzer.
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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon Wolfgang Ritter am Di 06 Jul, 2010 10:10

aemkey hat geschrieben:Boldewyn hat dieses Wochenende einen Beschuss- und Stichtest gemacht, dem ich beiwohnen konnte.
Geschossen wurde mit verschiedenen Pfeilspitzen auf Aketon/Gambeson (2 Lagen Leinen, 1 Lage Filz) und auf Kette.

Dabei hat sich der Stoff als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen: Nur mit geschärften Spitzen kam man durch, Bodkin und ungeschärfte prallten ab (blieben nicht einmal stecken). Dafür funktionierten die geschärften Spitzen bei der Kette nicht, da sie wohl zu wenig Wucht entfalten konnten.

Mich hat das Ergebnis auf alle Fälle überrascht, da es zeigt, wie widerstandsfähig so Stoff sein kann.
Gruss Aemkey

Klingt interressant, allerdings hätte ich noch ein paar Fragen:
Du schriebst (auch) von Stichtest - welche Waffe(n) wurde(n) denn da verwendet?
Wie verhielten sich RInggeflecht und Aketon bei den Stichen?
Hast DU das Zuggewicht des verwendeten Bogens?

Grüße
Wolfgang
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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon aemkey am Di 06 Jul, 2010 10:29

Der Stichtest war nicht wirklich aussagekräftig. Ich habe mit meinem scharfen Schwert das Kettenhemd gelöchert, was ohne Probleme ging (allerdings unvernietet, also nicht representativ), beim Aketon habe ich es nicht versucht.
Werde da aber selber wohl mal weiter experimentieren, wenn ich denn mal ein genietetes Geflecht hergestellt habe.

Zuggewicht des Bogens war etwa 60 Pfund auf 10m Distanz (keine Garantie für diese Angabe). Auch da weiss ich, dass man noch sehr viel stärkere Bögen gefunden hat.
Aber spannend ist es auf alle Fälle, denn vielleicht finden wir auch so eine pausible Panzerung.
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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon Wolfgang Ritter am Di 06 Jul, 2010 10:41

aemkey hat geschrieben:Der Stichtest war nicht wirklich aussagekräftig. Ich habe mit meinem scharfen Schwert das Kettenhemd gelöchert, was ohne Probleme ging (allerdings unvernietet, also nicht representativ), beim Aketon habe ich es nicht versucht.
Werde da aber selber wohl mal weiter experimentieren, wenn ich denn mal ein genietetes Geflecht hergestellt habe.

Zuggewicht des Bogens war etwa 60 Pfund auf 10m Distanz (keine Garantie für diese Angabe). Auch da weiss ich, dass man noch sehr viel stärkere Bögen gefunden hat.
Aber spannend ist es auf alle Fälle, denn vielleicht finden wir auch so eine pausible Panzerung.
Danke für die prompte Antwort. Allerdings halte ich das tatsächlich nicht für sonderlich repräsentativ.
Der Bogen entspricht vom Zuggewicht her wohl nicht dem, was etwa bei den Engländern per Langbogen üblich gewesen sein dürfte, denn meiner Erinnerung nach haben die Bogenfunde der "Mary Rose" - meines Wissens die einzigen erhaltenen Originale, wenn auch aus der 1. Häfte des 16. Jhdt. - Zuggewichte von teils sehr deutlich über 100 Pfund, ich glaube sogar teils über 120 Pfund.
Weiter ist vermutlich ein unvernietetes Ringgeflecht schwerlich mit vernietetem zu vergleichen.
Wenn Du allerdings Deinen Plan vom Stich- und Beschusstest für vernietetes Ringgeflecht machst, fände ich einen Bericht interessant.
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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon Murky am Di 06 Jul, 2010 11:35

jboerner hat geschrieben:@Murky: Warum die Spekulationen? Es gibt eine Vielzahl von Textquellen sowie Originale über die Jahrhunderte, man muss einfach über den Tellerrand schauen, und die Entwicklung der Textilpanzer betrachten. Und da ergibt sich ein recht eindeutiges Bild: alle erhaltenen sind mit Rohbaumwolle gefüllt. Die nach besagten Tests der RA insbesondere Beschusshemmend wirkt. Die einzige mir bekannte Quelle, die rein Leinenlagen beschreibt, stammt aus dem 15ten, und dabei handelt es sich eben um einen solo getragenen Panzer.


Hoi jBoerner. Ja, das mit dem über den Tellerrand schauen ist so, das machen wir natürlich auch. Aber, Ende 12. Jh war Baumwolle zwar schon bekannt, aber noch nicht üblich in Zentraleuropa, sprich fast nicht zu bekommen. Daher die Annahme mit dem Leinen. Ich werde hier aber beizeiten noch weiterforschen ob ich noch mehr Unterlagen finde zu früheren Textilpanzern/Aketons.
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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon jboerner am Di 06 Jul, 2010 13:36

Servus,

Sicher? Aketon stammt vom arabischn "al-qutn" ab, und ich meine mich auch an bereits recht frühe Erwähnungen als Stopfmaterial zu erinnern. Rohbaumwollimporte gibts auch schon ziemlich lange, wir reden hier jetzt nicht über Tuche.

Zwecks Beschusstests: Offen gestanden find eich solche ihne genaue Messungen und dokumentierten Versuchsaufbau relativ nutzlos. Zumal es solche, wie erwähnt, nun schon aus entsprechenden Kreisen gibt.
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Re: Gambeson als tragbare Sauna

Beitragvon martin am Di 06 Jul, 2010 16:36

jboerner hat geschrieben:Zwecks Beschusstests: Offen gestanden find eich solche ihne genaue Messungen und dokumentierten Versuchsaufbau relativ nutzlos. Zumal es solche, wie erwähnt, nun schon aus entsprechenden Kreisen gibt.


Hier zum Beispiel mal den Beschußtest von Historia Vivens, mit Armbrust und vernietetem Geflecht: http://www.historiavivens1300.at/biblio/beschuss/beschuss1.htm
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