unterm kettenhemd?

Ob Tunika, Topfhelm oder Brogans, hier wird es gezeigt und diskutiert.

Moderator: troupier suisse

unterm kettenhemd?

Beitragvon Carolus am Di 12 Apr, 2011 22:17

also...

ich bin gerade dabei mir eine darstellung einer waräger garde um das jahr 1000-1020 (herkunft: rus (ob nowgoroder oder kiewer rus steht noch nicht fest)) aufzubauen, d.h. darüber zu recherchieren^^.
dabei bin ich auf etwas gestossen was mich stutzig gemacht hat: wenn die garde keinen gambeson unterm kettenhemd trug (ich denke nicht dass sie den damals hatten (wann kam der überhaupt auf?)) was trugen sie dann darunter?
auf die bilder von skylitzes, fresken diverser gotteshäuser, bilder der osprey-bücher [byzantine armies 886-1118/1118-1453; the varangian guard 988-1453; armies of medieval russia 750-1250] finde ich nirgends etwas das einem gambeson ähnlich sieht. irgendwie scheinen die alle eine tunika darunter zu tragen?
aus meiner persönlichen erfahrung weiß ich das ein kettenhemd ohne gambeson an puren masochismus grenzt und da ich denke, dass die leute früher auch nicht dümmer als heute waren, glaube ich, dass die doch irgendwas gehabt haben müssen um einen gambeson zu kompensieren.
trugen die einfach nur dicke wolltuniken die vielleicht auch noch mit leinen gefüttert waren (wäre jetzt spontan mein erster gedanke)?
den einzigen hinweis auf etwas gambesonartiges (genau weiß ich es auch nicht) finde ich im osprey der waräger garde:
"Lamellar or scale body armour could be knee-length or
waist-length, and was worn over undergarments called zoupai – the direct
descendants of the Late Roman thoracomaci or peristhiphidia.
The padded zoupa, typical of the middle Byzantine period, was
made of linen and cotton (Achmet, Oneirokriticon, 225, p.177).
"
dr. raffaele d'amato, the varangian guard 988-1453, s. 34, osprey publishing

weiß einer von euch zufälligerweise was damit gemeint ist? im internet gibt's leider nichts...

danke für eure kommentare
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Re: unterm kettenhemd?

Beitragvon Hitomi am Mi 13 Apr, 2011 09:59

Eventuell mal bei den Römern gucken? Eine Subarmalis?

http://de.wikipedia.org/wiki/Subarmalis
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Re: unterm kettenhemd?

Beitragvon gijoe am Mi 13 Apr, 2011 15:51

Hitomis Verweis an die Römer weist vermutlich den richtigen Weg. Die werden im MA kaum dümmer geworden sein.
Rein technisch macht ein Unterpanzer Sinn, nicht wegen dem Tragkomfort, sondern zum Abfangen der Energie. Was nützt es wenn das Kettenhemd zwar nicht durchdrungen wird aber das Schlagtraume den Krieger fällt ?
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Re: unterm kettenhemd?

Beitragvon jboerner am Do 14 Apr, 2011 12:06

Nein, genau so klappt es eben nicht. Das hat auch nichts mit "dümmer" zu tun, aber nachweislich ist nach dem Rückzug der Römer einiges an technologischen Errungenschaften abhanden gekommen, weil auch teils die Infrastruktur für die Pflege fehlte etc.- "die Römer hatten es schon" ist also kein Beleg für spätere Zeiten, zumal zwischen den Römern und dem angesprochenen Zeitfenster mal eben locker 500 Jahre liegen, und ettliche tausend Kilometer dazu- oder welche Tradition haben die Rus in Bezug auf die Römer?
Und auch dem Hinweis mit dem technologischen Sinn kann ich- wie verschiedentlich bereits betont- nicht zustimmen. Die Beleglage für eine Kombination textiler und metallener Rüstungsbestandteile ist auch das Mittelalter über nicht durchgängig gut, und es spricht vieles dafür, dass Textilpanzer eben vor allem auch wegen dem Schutz vor Geschossen oder Stichen getragen wurden- in diesem Zusammenhang werden ihre Vorteile in zeitgenössischen Quellen auch gespriesen. Davon, dass diese ja so viel bequemer seihen, habe ich noch nie was gelesen. Das sie so toll gegen die Abfangung von Energie sein sollen, kann ich auch nur bedingt bestätigen- die Möglichkeit, die Extremitäten bei noch vorhandener Beweglichkeit abzupolstern, ist recht gering. Erhaltene Textilpanzer sind auch recht steif gesteppt. Freilich wirkt jede Schicht energiehemmend- das tut entgegen der landläufigen Meinung ein Ringpanzer aber auch.

Wenn es keine Belege für einen Textilpanzer unterm Ringpanzer gibt, würde ich einfach davon ausgehen, dass keiner getragen wurde.
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Re: unterm kettenhemd?

Beitragvon Seegras am Do 14 Apr, 2011 13:15

Ich mach ja auch ein bisschen Wikinger, allerdings ungerüstet. Aber ja, das mit dem Gambeson ist mir auch schon über den Weg gelaufen, und es scheint wirklich und wahrhaftig keinerlei Hinweise darauf zu geben dass sowas zu der Zeit und Kultur unter dem Kettenhamd getragen wurde.

Tja, pech. Ich empfehle eine gefütterte Wolltunika.
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Re: unterm kettenhemd?

Beitragvon Carolus am Do 14 Apr, 2011 16:17

oder welche Tradition haben die Rus in Bezug auf die Römer?


sie haben keinen bezug zu weströmer aber zu byzanz, also ehemals ostrom. der technologische fortschritt der römischen kultur wird sich mit sicherheit in byzanz gehalten haben (würde mich jedenfalls wundern wenn mir da einer widdersprechen würde).
und da ich ja eine waräger garde (die im dienste des byzantinischen kaisers stand) darstelle, habe ich einen direkten bezug zur byzantinischen kultur und vor allem ausrüstung. in den ersten jahren trug die garde hauptsächlich ihre kulturspezifische ausrüstung, als sie sich in den folgenden jahren jedoch zur kaisergarde profilierte, wurde sie in zunehmendem maße aus der byzantinischen waffenkammer ausgestattet und zwar nicht mit 08/15 rüstungen sondern mit dem besten was byzanz besaß.
daher denke ich, dass ich ruhig ein auge auf die byzantinischen ausrüstungen werfen kann.
doch auch hier finde ich immer nur dicke/gefütterte westen und unterkleider.
"A padded leather and linen protective vest known as a thoracomachus was worn beneath metallic armour". (http://members.tripod.com/s_van_dorst/lrarmy.html)

Tja, pech. Ich empfehle eine gefütterte Wolltunika.

ich glaube es wird wahrscheinlich auf das hinauslaufen^^
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Re: unterm kettenhemd?

Beitragvon jboerner am Fr 15 Apr, 2011 12:58

sie haben keinen bezug zu weströmer aber zu byzanz, also ehemals ostrom. der technologische fortschritt der römischen kultur wird sich mit sicherheit in byzanz gehalten haben (würde mich jedenfalls wundern wenn mir da einer widdersprechen würde).

Dann fang schonmal an, dich zu wundern ;) Ich wiederspreche hiermit. Klar hatten Rus Kontakte mit Byzanz. Aber den hatte der Rest Europas auch. Ich glaube, hier wird der Handel unterschätzt. Nur: deswegen sieht es mit Thermen in mittelalterlichen Städten dennoch mau aus.

und da ich ja eine waräger garde (die im dienste des byzantinischen kaisers stand) darstelle, habe ich einen direkten bezug zur byzantinischen kultur und vor allem ausrüstung. in den ersten jahren trug die garde hauptsächlich ihre kulturspezifische ausrüstung, als sie sich in den folgenden jahren jedoch zur kaisergarde profilierte, wurde sie in zunehmendem maße aus der byzantinischen waffenkammer ausgestattet und zwar nicht mit 08/15 rüstungen sondern mit dem besten was byzanz besaß.

Jetzt geht mir ehrlich gesagt nicht so recht ein, warum man unbedingt einen Vertreter einer völlig fremden Kultur darstellt, der sich durch den Dienst in einer wiederrum anderen fremden Kultur all dessen, was ihn von der Asurüstung bezüglich der ersteren Kultur identifiziert, entledigt, darstellt - zu welchem Zweck? Das Bild einem Zuschauer zu vermitteln, stelle ich mir ziemlich schwer vor. Und die Recherche macht es auch nicht leichter, im Gegenteil.
Zumal: welche konkreten Quellen ob der Ausrüstung eben jener hast Du denn? Wenn da von Textilpanzern die Rede ist: dann ist es ja prima. Wenn nicht, sind wir wieder beim Ausgangspunkt ;)

Offen gesagt halte ich die beständige Sache nach textiler Panzerung, bzw. in dem -modernen- Zusammenhang "Polsterung" für primär durch neuzeitliche Erwägungen begünstigt, nämlich: "stumpfes Schwert auf mich macht beim Kloppen Aua". Das soll jetzt kein Vorwurf an Dich sein, sondern eher ein generelles Lamento. Anders kann ich mir nicht erklären,warum so viele Darsteller der skand. Eisenzeit, des frühmittelalterlichen Russlands und co. mit einer breiteren Bandbreite an textilen oder gar ledernen, gesteppten Torsobekleidungen rumlaufen, als mir sogar zur Bestzeit der Textilpanzer begegnet sind.
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Re: unterm kettenhemd?

Beitragvon Carolus am Sa 16 Apr, 2011 09:50

die primäre darstellung ist die waräger garde, nicht der rus ;) da jedoch die garde im grunde nichts anderes als eine sehr loyale söldnertruppe ist, habe ich notwendigerweise eine "sekundäre" darstellung, nämlich die des rekrutierten (in dem falle ein rus).

Dann fang schonmal an, dich zu wundern ;) Ich wiederspreche hiermit. Klar hatten Rus Kontakte mit Byzanz. Aber den hatte der Rest Europas auch. Ich glaube, hier wird der Handel unterschätzt. Nur: deswegen sieht es mit Thermen in mittelalterlichen Städten dennoch mau aus.

wie meinst du das? willst du damit sagen, dass durch den handel mit technologisch nicht soweit fortgeschrittenen kulturen zu einem abnehmen der technischen und wissenschaftlichen errungenschaften geführt hat? :-s
das bitte ich dich doch etwas genauer zu erläutern, da kann ich jetzt nicht so ganz folgen...

meine quellen konkret zur waräger garde sind einige textstellen aus anna komnenos, alexiade, einige bilder von fresken und skylitzes, und eben die oben erwähnten osprey-bücher. oben habe ich die textstelle angegeben die ich gefunden habe wo sich direkt auf eine textile polsterung bezieht. es sind nicht gerade die quellen die ich gerne haben würde, doch um zusätzliche quellen zu besorgen und auseinanderzunehmen fehlt mir im moment leider die zeit (abitur).
deshalb bin ich ja in diesem forum und habe diese frage gestellt ;)

dass eine zusätzliche polsterung (und sei es nur eine dicke tunika) neuzeitliche erwägung sei, dem kann ich nur bedingt zustimmen.
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Re: unterm kettenhemd?

Beitragvon stony am Sa 16 Apr, 2011 14:40

hmmmmm
kurz und knapp ne gefütterte Tunika oder normale Tunika drunter tragen oder einen Klappenrock aus Leder nen dünnen,wenn du es zu Kämpfen tragen willst,oder du machst es Klassisch nur ne Tunika,für den fall du stehst auf Schmerzen oder blaue flecke lol,
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Re: unterm kettenhemd?

Beitragvon jboerner am Mo 18 Apr, 2011 14:56

wie meinst du das? willst du damit sagen, dass durch den handel mit technologisch nicht soweit fortgeschrittenen kulturen zu einem abnehmen der technischen und wissenschaftlichen errungenschaften geführt hat? :-s
das bitte ich dich doch etwas genauer zu erläutern, da kann ich jetzt nicht so ganz folgen...

Ganz einfach: Handel und Beziehungen sind kein Beleg für irgendwas. Text-, Bildquellen oder Funde. Alles andere ist Weihnachtsgebäck. ;)

meine quellen konkret zur waräger garde sind einige textstellen aus anna komnenos, alexiade, einige bilder von fresken und skylitzes, und eben die oben erwähnten osprey-bücher.

Ospreys sind keine Quelle.
oben habe ich die textstelle angegeben die ich gefunden habe wo sich direkt auf eine textile polsterung bezieht.

Jo- Zitat aus nem Osprey, ohne die Angabe der Primärquelle, auf die der Autor sich stützt aber wertlos.
es sind nicht gerade die quellen die ich gerne haben würde, doch um zusätzliche quellen zu besorgen und auseinanderzunehmen fehlt mir im moment leider die zeit (abitur).

Dann würde ich bis Finden ausreichender Quellen verfahren, wie andere im Thread empfohlen haben.
deshalb bin ich ja in diesem forum und habe diese frage gestellt ;)
dass eine zusätzliche polsterung (und sei es nur eine dicke tunika) neuzeitliche erwägung sei, dem kann ich nur bedingt zustimmen.

Dann nenn mir doch mal eine (Primär-!)Quelle, in der eine Polsterung als sinnvoll angeführt wird?
Quellen ob Textilpanzer über das Mittelalter kenne ich einige, aber keine mir bekannte lobt den Wert einer Polsterwirkung. Wirksamkeit gegen Schnitte, Stiche, Pfeilbeschuss, ja.
Und da erwiesenermaßen Ringpanzer auch oft ohne irgendeine Art textiler Panzerung oder gar Polsterung darunter getragen wurde (dafür teils mit Textilpanzer drüber), bezweifel ich das auch arg- wäre dem so, hätte man es immer drunter gehabt.
Aus eigener Erfahrung kann ich auch die Notwendigkeit nicht bestätigen. Klar, in ner modernen Freischlachtklopperei ist ne Polsterung schee- da prügeln aber auch Leute mit stumpfen Metalldingern auf allen sich nur bietenden Körperstellen rum, egal ob diese eigentlich gegen eine effektive Waffeneinwirkung geschützt sind, und somit da niemand mit etwas scharfen hingehauen-oder gestochen hätte. In einem Gefecht mit scharfen Waffen kloppt halt niemand auf nem Ringpanzer rum- schlechtestenfalls ist danach die Waffe hinüber. Stechen schon eher - da gibts in den erhaltenen Sachen ja auch dedizierte Techniken. Aber das sehe ich im FMA eher nicht. Schon ob der Seltenheit von Ringpanzern und ob der verwendeten Waffen werden die Techniken andere gewesen sein, als Stiche in den Ringpanzer. Stumpfe Waffen-immer gerne genannt- sind an sich eher ne Sache von Reitern und wirksam gegen den Kopf. Ein Streitkolben zu Fuss hat recht wenig Sinn.
Insofern: Eben doch, unter Berücksichtung der historischen Umstände wie Taktiken ergibt sich auch die Logik des Fehlens oder der Existenz bestimmter Harnisch(bestand)teile. Nicht umsonst florierten die Textilpanzer besonders da, wo Beschuss zu erwarten war. Dort, wo besonders Exponiert, lagen sie gern auch ausserhalb- Stichwort Diechlinge, oder später z.B. Jupon.
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